Presse FemBio: Bella Abzug Die „Very Serious Woman“ wäre am 24. Juli 90 Jahre geworden
FemBio: Bella Abzug Die „Very Serious Woman“ wäre am 24. Juli 90 Jahre geworden
P r e s s e i n f o r m a t i o n
FemBio: Bella Abzug
Die „Very Serious Woman“ wäre am 24. Juli 90 Jahre geworden
Bella Savitzky Abzug, New Yorkerin, Feministin, Antikriegs-Aktivistin, Politikerin und Rechtsanwältin ging bereits mit 77 Jahren von uns.
Sie war eine nationale Persönlichkeit, oft einfach Bella genannt und durch ihre markanten Hüte weithin bekannt. Ihre kraftvolle Art und ein flamboyanter Stil riefen Kontroversen und Kritik hervor in der politischen Arena der USA, aber tatsächlich widmete sie ihr Leben dem Gemeinwohl und dem Einsatz für Unterdrückte und Vergessene. Nationale Berühmtheit erlangte sie als erste Jüdin, die in den Kongress gewählt wurde und als Führerin der Weltfrauenbewegung. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit, sich Gehör zu verschaffen, hinterließen bei jüngeren Aktivistinnen einen bleibenden Eindruck.
Bella Savitzky, am 24. Juli 1920 in New York geboren, wuchs als Tochter russisch-jüdischer ImmigrantInnen in der Bronx auf. Schon im Alter von elf Jahren beschloss sie, Anwältin zu wer-den. Ihr Redetalent trainierte sie bereits, als sie in U-Bahn-Stationen Geld für zionistische Anliegen sammelte. Bella machte 1947 ihren juristischen Abschluss an der Columbia-Universität. Sie hatte sich auf Arbeitsrecht spezialisiert und konzentrierte sich in ihrer Anwaltskanzlei auf linke Anliegen: Gewerkschaften, Arbeitsrecht und Bürgerrechte. Während der McCarthy-Ära verteidigte sie MandantInnen, die wegen kommunistischer Aktivitäten angeklagt waren. In den 60er Jahren machte Bella gegen den Vietnamkrieg und Atomversuche mobil. Sie war Mitbegründerin der Organisation “Women’s Strike For Peace” (Frauen-Friedensstreik) und führte Gruppen nach Washington, um dort Lobby-Arbeit für den Frieden zu machen.
Mit einem Friedens- und Frauenprogramm ließ sie sich für den Kongress aufstellen. Ihr Wahlkampfslogan war: “Diese Frau gehört ins Haus – ins Abgeordnetenhaus”. Als eine von nur neun Frauen unter insgesamt 435 Abgeordneten war sie von 1970 - 1976 Parlamentsmitglied. Als Abgeordnete wurde Abzug berühmt für ihre starken Überzeugungen, ungeschminkten politischen und persönlichen Meinungen und die geschickte Nutzung des parlamentarischen Systems. Sie war eine machtvolle, mitreißende Rednerin. Vom ersten Tage an setzte sie sich für die Beendigung der Wehrpflicht und des Vietnamkriegs ein, aber auch für die Interessen der Veteranen. Sie kämpfte im Kongress unerbittlich für Frauenrechte, die Rechte von Minderheiten, Lesben und Schwulen, für Kinderbetreuung, sozialen Wohnungsbau und eine Gesundheitsfürsorge für alle. Feindschaft erlebte sie aufgrund ihrer Kritik am “old-boy network”, welches das gesamte politische System bestimmte.
Offene Kritik übte sie entsprechend an sogenannten Fortschrittlichen, die Kompromisse eingingen, kapitulierten und Gefälligkeiten austauschten, statt sich für die Interessen ihrer WählerInnen einzusetzen. Gegenangriffe zielten auf Bellas Stil, Auftreten und Äußeres. Die Medien brachten des öfteren Sensationsberichte über ihre Persönlichkeit und ihre Aktivitäten. Sie opferte Schlaf und Gesundheit für ihre WählerInnen und die USA, und sie klagte, ihr gnadenloser Terminkalender mache sie einsam. Glücklicherweise standen ihr nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1986 noch ihre beiden Töchter Eve und Liz zur Seite.
Bella wandte sich nach dieser Phase wieder ihrer Anwaltskanzlei zu, blieb aber national wie international eine wichtige politische Kraft. Präsident Jimmy Carter ernannte sie zur Co-Vorsitzenden des National Advisory Committee on Women – entließ sie aber, als sie Einwände gegen Kürzungen zuungunsten von Frauen erhob. Viele Ausschussmitglieder traten aus Solidarität mit ihr zurück.
Die Umweltbewegung und die Weltfrauenbewegung runden ihr Lebenswerk ab. Auch ihre Brustkrebserkrankung konnte sie nicht von der politischen Arbeit abhalten. Sie war Mitgründerin und Präsidentin der Women’s Environment and Development Organization. Als Vorsitzende der New York City Commission on the Status of Women und danach in der Ersten Weltkonferenz über Brustkrebs leitete Abzug Anhörungen über die Zusammenhänge zwischen Umwelt und Brustkrebs. Sie arbeitete als Beraterin bei der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung.
1991 organisierte sie den Frauenkongress für die Gesundheit des Planeten als Teil des UN-Umwelt-Gipfels in Rio. Nur zwei Nächte nach einer Ansprache vor der UNO starb Bella Abzug 1998 an Komplikationen nach einer Herzoperation. Ihr Vermächtnis ist ein unbedingter Einsatz für Frauen, Menschenrechte, Arme und Unterdrückte sowie eine Vision für einen gesunden und friedlichen Planeten.
Ein Porträt zu Bella Abzug von Katherine E. Horsley findet sich auf dem Portal https://www.fembio.org.
FemBio (Hannover/Boston) von Professorin Luise F. Pusch ist das weltweit umfassendste Frauenbiographie-Portal und steht für den größten Schatz an verfügbaren Frauenbiographien – mit den Schwerpunkten Europa und Amerika.
Bella Abzug über ihr Leben: „Manche Männer würden mich gerne abtun mit blöden Kommentaren über meine Hüte, meine Kraftausdrücke oder meine Figur. Vielleicht glauben sie, dass sie, indem sie sich auf Aspekte meines farbenfrohen Charakters konzentrieren, von den Dingen ablenken können, die mir wirklich wichtig sind, wie Kinderbetreuung, Abschaffung der Wehrpflicht und Beendigung des Krieges. Was ich sagen will ist: Jeder, der meint, er brauchte mich nicht ernst zu nehmen, sollte sich in Acht nehmen.“
Nächster Eintrag: FemBio: Florence Nightingale – Eine Frau ist ihrer Zeit voraus
Vorheriger Eintrag: FemBio: Königin Luise - Ein Leben für Familie und Preußen