Willkommen, Sahra Wagenknecht
Ein Beitrag der Harzgruppe*
In unserer feministischen Diskussionsgruppe besprechen wir u.a. die diversen Partei-Programme für die Berlin-Wahlen.
Was uns an der LINKEN gefällt, wenn es auch wenig mit der Berlin-Wahl zu tun hat, ist die Ablehnung der vielen todbringenden Rüstungsgeschäfte, mit denen die Bundesrepublik prosperiert. Da steht die LINKE mit Abstand allein da.
Aber „Unser Programm für das soziale Berlin“ reißt uns nun wirklich nicht vom Hocker. Es ist „Ein Sack gefüllt bis obenhin, doch ist gewiss was Schönes drin“. Bis zum Abwinken fallen die Worte: „demokratisieren, ökologisieren, kooperieren, teilhaben, stärken“ usw. ohne irgendein Beispiel, wie das denn alles zu realisieren wäre.
Wenn nun jemand wie Sahra Wagenknecht ein Problem wahrnimmt, das sich durch das hohe Flüchtlingsaufkommen gestellt hat, dann ist erschreckend zu sehen, wie viele in ihrer eigenen Partei sie mundtot machen wollen und sich nicht scheuen, ihr die übelsten Verbindungen zu unterstellen, anstatt darüber zu nachzudenken, ob das von ihr angesprochene Problem in der Form oder einer anderen existiert und wenn ja, welche Lösungsmöglichkeiten gedacht und umgesetzt werden könnten. Dass namhafte Leute aus der Führungsriege bei diesem Bashing gedankenlos mitmachen, stellt ihnen ein Armutszeugnis aus und regt mit Sicherheit nicht dazu an, diese Partei auch zu wählen.
Was im Programm der LINKEN vollkommen fehlt und uns doch anspringt, wenn wir nur das Haus verlassen, ist die Auseinandersetzung mit Problemen, die durch die zunehmende Patriarchalisierung - verbrämt und legitimiert durch die sogenannte Religionsfreiheit – hierzulande bei hauptsächlich türkischen und arabischen Einwanderern sichtbar geworden sind. Die werden zwar auch nicht durch Frau Wagenknecht konkret benannt, gehören aber in diesen nur vage beschriebenen Problemsack. Wir wollen uns im Folgenden nur auf diesen einen Aspekt begrenzen und das Ganze etwas unterfüttern. Der sichtbare Ausdruck sind die vielen vermummten Frauen und zunehmend immer kleinere Mädchen, von denen nur Bösartige vermuten können, dass sie bei 35 Grad im Schatten die langen Hosen, Pullover und Mäntel unter den doppelten Tüchern immer freiwillig tragen.
Genau mit dieser Behauptung der Freiwilligkeit aber werden die Probleme wegdiskutiert.
Es mag Frauen geben, die sich aus unterschiedlichsten Gründen freiwillig vermummen: weil sie zu einer religiösen Tradition gehören, die das von ihnen erwartet, weil sie sich vom Westen absetzen wollen, weil sie es für Selbstbestimmung halten, weil sie gegen was auch immer protestieren wollen oder weil sie ein modisches Interesse am Kopftuch und seinen vielfältigen Einsatzmöglichkeiten haben.
Diese sich in vielen Talkshows äußernden Frauen sind oft Akademikerinnen, die auf die ihnen hier grundgesetzlich garantierte freie Meinungsäußerung pochen, sich aber nie dazu äußern, welche drakonischen Strafen in vielen Ländern die Frauen erwarten, die das Kopftuch mit allen entsprechenden einschränkenden Varianten nicht tragen wollen. Im Iran, in dem nach der Machtübernahme durch Chomeini die Vermummung rigoros durchgesetzt wurde, gibt es eine mutige Frauenbewegung, die es trotz massiver Gegenwehr durchgesetzt hat, die Auflagen zumindest zu lockern, so dass viele Frauen nur noch mit locker übergeworfenem Tuch zu sehen sind und neuerdings unterstützt werden – zum ersten Mal! - durch Männer, die sich mit Kopftüchern fotografieren lassen und diese Fotos im Internet verbreiten, weil sie sich wohl so noch nicht auf die Straßen trauen. (Men in Iran are wearing hijabs in solidarity with their wives who are forced to cover their hair). Einen vergleichbaren kollektiven Protest gegen die Verhüllung durch türkische und arabische feministische Frauengruppen gibt es in Deutschland nicht. Dieses offenbar vollkommene Fehlen einer feministischen türkisch/arabischen Opposition in einem westlichen Land sollte zu denken geben. Es ist vermutlich weltweit einmalig. Auch wenn manchen deren Politik missfallen mag, ist das Fehlen solcher Gruppen ein Indiz für einen schwerwiegenden Demokratiemangel, was ein Zeichen von Angst sein muss. Es sind immer nur einzelne mutige Frauen, wie z.B. Necla Kelek, Seyran Ates und Mina Ahadi, die für die Denkfreiheit, die sie sich nehmen, von den eigenen Leuten bedroht werden und von der allgemeinen Linken keinerlei Unterstützung erfahren.
Abgesehen von den Frauen, die behaupten, sich freiwillig zu verhüllen, gibt es vermutlich sehr viel mehr Frauen, denen das Kopftuch und die anderen Vermummungsmittel von ihren Familien, bzw. den Vätern befohlen wird. Das Internet ist voll von Fragen und Klagen muslimischer Mädchen, die Rat suchen. Zwar ist in Deutschland garantiert, dass Menschen ab 14 Jahren religionsmündig sind, das heißt aber nicht, dass sie dieses Recht auch ausüben können, wenn der Vater, die Imame oder die Scharia-Propagandisten das Kopftuch befehlen, was häufig der Fall ist. Die Töchter können sich nicht wehren, weil die Alternative ist, die Familie zu verlieren, weil sie Angst vor Gewalt haben oder berechtigte Angst, zwangsverheiratet zu werden, wenn sie sich aufmüpfig zeigen. Nicht ohne Grund gibt es diverse anonyme Wohnungen für misshandelte türkische Frauen und Mädchen.
Das sind keine zu übergehenden Einzelfälle, sondern das ist grundgesetzwidrige Praxis in Deutschland. Gerade eine LINKE Partei sollte sie zur Kenntnis nehmen und alle Anstrengungen unternehmen, diesen Mädchen und Frauen zu helfen. Das ist ein wesentliches der von Sahra Wagenknecht aufgeworfenen, wenn auch nicht detailliert beschriebenen Probleme.
In der Kölner Demonstration für Erdogan am 31. Juli 2016 haben ca. 20.000 (und offenbar 20.000 weniger als angenommen) in Deutschland lebende Türken und Deutschtürken lautstark bejubelt, dass in der Türkei die Pressefreiheit abgeschafft wird, dass Tausende Lehrer und Richter entlassen oder ins Gefängnis geworfen wurden, dass Bürgerrechte massiv abgeschafft werden und die islamischen Vorschriften sich Geltung verschaffen, was automatisch den Status der Frauen weiter mindert, und sie haben den Plan bejubelt, die Todesstrafe wieder einzuführen.
Die Teilnehmer der Demonstration waren wohl mehrheitlich die gleichen Leute, die niemals demonstrieren, wenn türkische minderjährige Mädchen und auch junge Männer zwangsverheiratet werden, die sich keine Gedanken darüber machen, warum so viele junge türkische Mädchen Selbstmord verüben, die nicht als Gemeinde demonstrieren, wenn wieder eine junge Frau ermordet worden ist oder wenn wieder ein Mädchen an der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gehindert wird (u.a. Klassenfahrten). Es waren die gleichen Leute, die in den Moscheen Hassprediger dulden und ihren Töchtern eine Freundschaft oder gar eine Ehe mit einem (Bio)-Deutschen verbieten (wobei den Männern durchaus Verhältnisse mit deutschen Frauen gestattet werden und auch Ehen zwischen türkischen Männern und deutschen Frauen häufig sind). Die Demonstranten haben einer Politik zugejubelt, die vergewaltigte Frauen dazu bringen soll, den Vergewaltiger zu heiraten, um ihre Ehre wieder herzustellen und Empfängnisverhütung für muslimische Frauen nicht akzeptiert, wie Erdogan.
Die Demonstration in Köln schien weitgehend ein Pendant zu Pegida-Demonstrationen zu sein. Allerdings gibt es bei einer Demonstration von 100 Neonazis in Deutschland immer mindestens 200 Gegendemonstranten. Nach allem, was man hört, trauen sich potentielle türkische Gegendemonstranten aus Angst sogar in Deutschland nicht auf die Straße.
Es ist nicht die deutsche Gesellschaft, die die neuen Bürger nicht akzeptiert, wie zunehmend fälschlich behauptet wird, sei es von den Türken selber oder von Parteien, die es besser wissen könnten: Bei allen Ungerechtigkeiten, mit denen die ersten Gastarbeiter zu kämpfen hatten: damals gab es keine Frauen mit Kopftüchern und wenn, dann waren es die bäuerlich vorne gebundenen, wie sie auch hier noch bei älteren Frauen üblich waren. Es gab feministische türkische Frauengruppen, nach denen heute vergeblich ausgeschaut wird. Dieses Fehlen ist einmalig in einem westlichen kapitalistischen Land, was erklärungsbedürftig ist. Es stellt sich die Frage, ob diese Gruppen nicht entstehen, weil die Frauen Angst vor ihrer eigenen Gesellschaft haben. Wie schon gesagt, es sind immer nur einzelne mutige Frauen, die sich in Opposition begeben. Diese durch die Religion legitimierte Unterdrückung der Frauen hat weitreichende Folgen auch für die Männer. Sie verschärft sich zur Zeit durch die hohe Anzahl überwiegend männlicher Flüchtlinge aus diesem Kulturkreis.
Zwar schreibt die Partei der LINKEN in ihrem Programm – undeutlich genug:
Für Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit
Rassismus abbauen – Gleichberechtigung herstellen
Diskriminierung bekämpfen
Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt fördern – Gegen Homo- und Transphobie
Aber tatsächlich sorgt sie für das Gegenteil, indem sie hartnäckig die Probleme ignoriert und auf diesem Gebiet gewissermaßen mit den GRÜNEN gleichzieht, die ebenfalls konsequent in dieser Frage den Kopf in den Sand stecken.
Ein Teil der Überforderung betrifft die aufnehmende Gesellschaft, die schon ohne Flüchtlinge mit folgenden Mängeln zu kämpfen hatte:
Zu wenige und marode Schulen und Kindergärten, zu wenige Lehrer, zu viel Unterrichtsausfall, eine überforderte Verwaltung, zu wenig Wohnraum, Arbeitslosigkeit, Reduzierung der Polizei u.a.m.
Das verschärft sich naturgemäß und soll nicht als Problem benannt werden dürfen?
Flüchtlinge, die hier Sicherheit und Freiheit suchen, sollen diese auch hier finden, was sehr viele Menschen durch ihr fortwährendes Engagement in der von ihnen selbst bestimmten Willkommenskultur deutlich machen.
Wir wissen auch von der Überforderung vieler Flüchtlinge: Die Realität des gelobten Landes ist anders als erträumt: die aufnehmende Gesellschaft ist nicht das erwartete Paradies, über das nur unklare Vorstellungen beim Aufbruch aus der Heimat vorlagen. Es ist kalt hier, das Essen schmeckt nicht, die Großfamilie fehlt, vielfach gibt es vollkommene Verständnislosigkeit über die hiesige Geschlechternormalität, zum großen Teil haben die Asylsuchenden keinerlei Ausbildung und wenn überhaupt, nur Hoffnung auf Hilfsjobs. Das allgegenwärtige Handy verursacht neue Probleme: Flüchtlinge vor der Handy-Zeit waren ohne Verbindung zu ihrer Heimat. Allenfalls funktionierten bisweilen Briefe, von denen niemand wusste, ob sie jemals ankamen. Das zwang die Flüchtlinge, sich auf die Gegenwart ihrer Umwelt zu konzentrieren. Heute sind sie durch das Handy ununterbrochen gleichzeitig in der alten wie der neuen Welt und müssen sich selbst und ihren Angehörigen vermitteln, wie es hier wirklich zugeht. Es gibt über das Handy tägliche Verbindungen in die Heimat und selbst ausgeübten oder von dort ausgeübten Druck, nun endlich einen Beweis für das Schlaraffenland zu bringen. Die Angekommenen wissen nicht, wie sie ihren Daheimgebliebenen die Wahrheit schildern sollen. Sie sind nicht in der Lage, evtl. versprochene Gelder hinzuschicken oder die Familie nachkommen zu lassen, eine Familie, die möglicherweise alles, was ihnen gehörte, verkauft hat, um ihren Sohn als Vorhut in das gelobte Land zu schicken.
Und überall mischen alle möglichen religiösen und politischen Einpeitscher mit: Imame, Salafisten, deutsche Rechte usw. mit gefährlich vereinfachten Erklärungen.
Dazu kommen die Gewaltausbrüche unter den Flüchtlings-Männern, sei es weil sie verschiedenen Religionen oder Sekten angehören oder einfach durchdrehen und vermutlich vielfach gar keine anderen Arten der Auseinandersetzung mehr kennen durch die jahrelangen Kriege und Brutalisierungen. Wir sehen hier nur die Spitze des Eisbergs, weil die vielen Frauen, die hier Gewalt erfahren und auf der Flucht erfahren haben, lieber schweigen und sich nur sehr schwer offenbaren. Wenn sie es aber tun, was auch immer wieder vorkommt, hören wir die entsetzlichsten Geschichten.
Weder dauernde Schuldzuweisungen, mit denen sich die Führungskräfte der Parteien übertreffen, noch das Integrationsversprechen als ein Kessel voll Buntes wird den Problemen gerecht. Wir als Wählende in Berlin wollen von den Parteifunktionären Lösungen zu folgenden Problemen hören:
Was machen wir praktisch, um in allen notwendigen Sprachen die Ankommenden darüber aufzuklären, welche Gesetze hier herrschen und was, um nachdrücklich auf die Gleichberechtigung hinzuweisen und sie durchzusetzen?
Was machen wir praktisch, um für Frauen und Kinder in den Flüchtlingsheimen einen sicheren Zugang zu den Dusch- und Toilettenräumen zu gewährleisten?
Was machen wir praktisch, um Zuwiderhandlungen sofort zu ahnden?
Was machen wir praktisch, um Mädchen, die sich nicht vermummen wollen, dies zu ermöglichen?
Was machen wir praktisch zugunsten eines Ethikunterrichts für alle statt eines Religionsunterrichts für die jeweils verschiedenen Religionen?
Was machen wir praktisch, um dem Vitamin-D-Mangel (der Folgekrankheiten nach sich zieht) der verhüllten – und dadurch auch schlecht hörenden - Frauen abzuhelfen?
Wie setzen wir praktisch durch, dass alle Mädchen an Klassenfahrten teilnehmen und - in normalen Badeanzügen - am Schwimmunterricht?
Diese Liste kann endlos fortgesetzt werden.
Die Einwände dagegen können auch wir schon singen.
Die vielen halbnackten Deutschen bei Hitze in der Großstadt finden auch wir unästhetisch, ekelerregend und unattraktiv. Sie werden aber nicht dazu gezwungen, halbnackt herumzulaufen.
Das ist der Preis der Freiheit. Leider.
Es gibt auch in Deutschland zu viele Männer, die gewalttätig sind.
Doch immerhin haben Frauen dies thematisiert. Gesetze wurden geändert, Vergewaltigung, auch in der Ehe, ist strafbar. Frauen haben das durchgesetzt. Es hat lange gedauert. Es gibt auch keine deutschen Familienverbände, die Frauen zwangsverheiraten oder gemeinsam beschließen, Frauen zu ermorden.
Frauen, die sich Sorgen machen, vorzuwerfen, sie machten sich gemein mit den Rechtsradikalen, wie jüngst Götz Aly in seiner Kolumne in der Berliner Zeitung vom 2. August gegenüber Sahra Wagenknecht mit dem Satz behauptet hat, sie griffe „immer wieder zum neonationalistischen Vokabular der AFD“, ist so simplistisch wie die Haltung der Rechten, die immerzu jene attackieren, derer sie zur eigenen Entlastung vom Nachdenken habhaft werden können. Mit ein wenig Empathie wäre es nicht schwer zu verstehen, dass die zunehmend verhüllten Frauen auf unseren Straßen uns daran erinnern, dass es auch bei europäischen Frauen noch nicht allzu lange her ist, unterdrückt, verfolgt, ermordet zu werden, wenn sie auch nur ein wenig von der ihnen vorgeschriebenen Rolle abwichen. Oft war nicht einmal das nötig. Es genügte, Frau zu sein. Die Macht der Ideologie durch Religion wurde nur langsam durch jahrhundertelangen Widerstand gebrochen, und nun sehen wir mit Erschrecken, dass diese Zeiten sich auf neue Weise in vielen Weltgegenden wiederholen. Aber diese anderen Weltgegenden sind uns inzwischen sehr viel näher gerückt, als sie es jemals waren. Darum begegnen wir unseren alten verhüllten Altersgenossinnen, die in ihren langen braunen, beigen, schwarzen langen Mänteln und bleich unter ihren Kopftüchern auf den Straßen schlurfen, mit Erschrecken, mit Mitgefühl und mit Wut.
Also, Partei der LINKEN, hören Sie auf mit den Schuldzuweisungen, nehmen Sie die Probleme zur Kenntnis und tun Sie etwas!
© Harzgruppe* c/o misalu@t-online.de
*Der Name „Der Harz gehört zu Deutschland“ ist ein Protest gegen die Behauptung, der Islam oder das Christentum, Voodoo, Buddhismus usw. gehöre zu Deutschland. Mit gleichem Recht könnte man dann auch sagen, Pegida gehört zu Deutschland. Die Religionsfreiheit gehört zu Deutschland und das bedeutet auch Freiheit von Religion, laut GG.
21 Kommentare
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04.04.2018 um 22:31 Uhr Angelika Wedekind
Super!!!! Genau so ist es richtig! Ich bin bei den Linken- fragt sich nur, wie lange noch. Gründe gerade eine LAG Säkularismus/ Laizismus mit einer Mitstreiterin in der Partei und werde mich auf dem nächsten Landesparteitag gewaltig mit einigen Linken anlegen. Wenn die nicht aufwachen, muss man eben zu den Humanisten gehen. Mal sehen.
14.09.2016 um 12:57 Uhr Anne
Um auf die vollverschleierung zurückzukommen, was die vielfalt betrifft : es geht nicht um irgendein bekleidungsstück , sondern um eine politische aussage: Report Mainz hat sich in modeläden (niqab-shops) umgeschaut, die teil einer salafistischen infrastruktur sind: diese geschäfte seien zentren , die als treffpunkte für salafistinnen und salafisten fungieren. schon an 10jährige mädchen würden schleier verkauft. selbst für die Khimar-verschleierung für mädchen ab 2 jahren wird geworben. die szene ist klar extremistisch, beunruhigend und fordere handlungsbedarf . Niqab-shops spielen also auch eine rolle bei der radikalisierung junger frauen. http://www.focus.de/politik/deutschland/report-mainz-experten-schlagen-alarm-islamistische-bekleidungslaeden-gefaehrden-gesellschaft_id_5932213.html
01.09.2016 um 18:22 Uhr anne
zum thema möchte ich noch einiges beitragen und zitiere Julia Klöckner: Kopftuch, Burkini, Vollverschleierung: Eine hysterische Debatte um ein Stück Stoff? Nein, eine notwendige! Denn es geht um uns Frauen, um unser Leitbild und um Emanzipation. Es ist auffällig: Die Gemüter erhitzen sich nie wegen des Kleidungsstils muslimischer Männer. Sie erhitzen sich wegen muslimischer Frauen. Seien die Herren noch so gläubig – gerade bei hohen Temperaturen scheinen sie kein Problem mit legeren westlichen Kleidungsritualen zu haben. Bermudashorts und Badelatschen zeigen, dass die Integration doch schneller klappt als gedacht. Dass es einer Frau Spaß macht, daneben vollverschleiert in Schwarz zu sitzen, kann mir keiner erzählen. Kommt ja nicht so oft vor? Mag sein, aber in unserer Gesellschaft zählt das Individuum. Es ist verwunderlich, dass in dieser für die Emanzipation doch so wichtigen Debatte gerade diejenigen, die für eine „gender-gerechte Sprache“, für das „Binnen-I“ und für die gesetzliche Frauenquote kämpfen, verstummen, wenn eine Frau sich aufgrund ihres Geschlechtes verhüllen soll. Sie brandmarken das Betreuungsgeld als „Inhaftierung der Frauen im Haus“, doch bleiben still, wenn muslimischen Frauen jede unbeschwerte Kommunikation, Integration, Teilhabe – ja auch an der Frauenquote und am Arbeitsplatz – genommen wird. Geschlechtertrennung unter dem Deckmantel der Religion geht meist zulasten der Frauen. Solange das Bildungsministerium in Rheinland-Pfalz die Verhüllung von Schülerinnen im Schwimmunterricht durch einen Burkini sogar empfiehlt, wird sich das auch nicht ändern. Um unliebsamen Debatten aus dem Weg zu gehen, zahlen wir den Preis, dass wir bereits jungen Mädchen vermitteln, ihr Körper sei etwas Anstößiges und Unanständiges in der Öffentlichkeit…” (Differenzierung ist eine Zumutung.Aber nur Mut) und Lale Akgün (SPD) Hidschab, Nikab, Burka und Burkini: Es gibt im Islam keine Uniformen für Frömmigkeit, auch wenn man uns das gerne weismachen möchte. Bedecken heißt verstecken. Männer müssen beides nicht. Frauen schon. Klar doch! Das Kopftuch scheint geeignet, die Frau in die den Männern genehmen Schranken zu weisen. Für konservative und fundamentalistische Muslime muss die Schamgegend – im Arabischen Avret genannt – bedeckt sein. Während beim Mann nur der Bereich zwischen dem Bauchnabel und den Knien als „Avret“ definiert wird, sind bei der Frau nur Gesicht, Hände und Füße ausgenommen. „Die Fundamentalisten haben es geschafft, den gesamten Körper der Frau zu einer Tabuzone zu erklären“, sagt die türkische Theologin Beyza Bilgin. Es ist beeindruckend, wie Männer es hinbekommen haben, Religiosität, Moral und Sexualität so zu verbinden, dass sie die Macht und Deutungshoheit über den weiblichen Körper erlangt haben! http://www.ksta.de/politik/gastbeitrag-lale-akguen-verhuellung-ist-instrument-und-symbol-weiblicher-unterdrueckung-24678476
25.08.2016 um 21:17 Uhr Amy
In den Ländern, in denen heute die Burka bzw. die Vollverschleierung zum Stadtbild gehört, wurde diese Option , die ja nur Frauen, Mädchen gilt, vor der Zeit der Re-Islamisierung abgeschafft. Ob im Iran oder in Ägypten oder in Afghanistan , Frauen konnten vor der Re-Islamisierung ganz natürlich Haut zeigen und sich dementsprechend kleiden. Machen wir uns doch nichts vor, die Burka ist eine Beleidigung für die Gesellschaft (Necla Kelek). Sogar die Türkische Kulturgemeinde von Österreich macht darauf aufmerksam, dass im Koran zum Kopftuch, Burka, Burkini , Bushiya, Hijab, Tschador (Abaya) und Niqab wenig zu finden ist. Ist eigentlich einigen nicht bewusst, unter welchen Umständen Frauen in den islamistischen Ländern gegen ihre `Unterwerfung` kämpfen müssen? und wie sie von den religiösen Fanatikern bedroht werden. Es gibt viele feministische Aktivistinnen , die wegen der Gewaltandrohung geflohen sind , z.B. in der Bundesrepublik leben und Aufklärung betreiben . Es gibt im Iran unzählige Frauen, die sich alles Mögliche einfallen lassen, um die lästige Kleiderverordnung und Verhüllungspraxis und um der Kontrolle durch sog. Sittenwächter zu umgehen. Aber auch immer in der Angst , deshalb zur Rechenschaft gezogen zu werden. Der politische Islam aber versucht auch in Europa Einfluß zu nehmen und warum sollten ausgerechnet wir Frauen uns stillschweigend damit abfinden? Wo wir doch wissen, dass vor allem Frauen, Mädchen Spielball der Fundamentalisten, Islamisten, Salafisten sind und die mit Frauenrechten so gar nichts am Hut haben. Ich habe in den 1990er Jahren in einer Praxis für Zahnchirurgie gearbeitet - wir hatten damals als Patientinnen Frauen aus Saudi Arabien , die sich total in Schwarz verhüllen mussten. Sogar im Behandlungszimmer waren deren Männer anwesend, ließen ihre Frauen keinen Augenblick aus den `Augen`. Es war keine Atmosphäre wie im Märchen aus `TausendundeinerNacht`, sondern eine eher düstere , und ich hätte diese männlichen Typen am liebsten an die frische Luft gesetzt bzw. ihnen einen Tritt in den Allerwertesten versetzt. Ganz eindeutig signalisert das Stoffgefängnis die Eigentumsrechte der Männer. Warum sollten ausgerechnet sie etwas daran ändern wollen? In diesem Zusammenhang ist es interessant zu lesen, wie der Schleier Ägypten erobert hat. Der “Niqab” ist ein Merkmal einer streng-konservativen Sichtweise des Islam; Burka und Burkini sind nichts anderes als die Brüder einer konservativen islamistischen Denkweise. Ja, es wäre wirklich interessant die Resonanz zu erfahren, wenn wir den Männern und den Jungs die Burka, das Kopftuch, den Burkini, den Hijab, den Tschador, den Niqab überstülpen würden? und mit allen dazugehörigen Konsequenzen.. http://www.spiegel.de/politik/ausland/strenge-kleiderordnung-wie-der-schleier-aegypten-erobert-a-560220-2.html
23.08.2016 um 23:29 Uhr lfp
@Hazel: Mir gefällt der Artikel nicht. Die Kommentare darunter schon besser, bes. von Lars Hartmann und Wolfram Schütte. Schütte verweist auf einen eigenen Artikel, den ich lesenswert finde:
http://www.glanzundelend.de/Red15/s15/wolfram-schuette-deutsches-absurdistan.htm.
Aber: Gegen ein generelles Burkaverbot bin ich auch. Ich finde, Männer sollten sie tragen!
23.08.2016 um 18:01 Uhr hazel
ein kluger, empfehlenswerter Beitrag:
http://tell-review.de/wenn-es-die-burka-nicht-gaebe-muesste-man-sie-erfinden/
21.08.2016 um 16:13 Uhr Amy
Ich beziehe mich auf den o.a. Artikel und vor allem auch auf das Foto und die Initiativen von Männern und Frauen, die den zwangsverhüllten Frauen im Iran und somit auch symbolisch allen Frauen gilt , die betroffen sind, zur Seite stehen, indem sich die Männer verhüllen, die Frauen sich unverhüllt zeigen, so, wie es das (religiöse) Patriarchat von Frauen nicht erwünscht. Als Beispiel für alle zwangsverhüllten Frauen, Mädchen ist mit dem Khomeini-Regime seit 1979 der Despotismus eingekehrt, ein autoritäres Herrschaftssystem, das für die `unwilligen` und das sind/waren die meisten Frauen fatale Folgen hatte. Das Herrschaftsmodell , das den religiösen Führern absoluten Machtanspruch in Staat und Gesellschaft zugestand, wurde von Khomeini bereits in den 1960er Jahren entworfen. Wie wichtig es ist, dass wir diesen Machtanspruch , diesen alten Konflikt über die Rolle der Religion wieder aufleben lassen müssen, zeigt auch, in welcher Weise der Umgang mit den Geschlechtervorstellungen ist. Wenn es Frauen gibt, die mit Stolz ein Kopftuch tragen, dann gibt es viele Frauen, die dazu gezwungen werden, sich im Auftrag einer konservativen religiösen Vorgabe fügen müssen. Und genau diese Frauen und Mädchen sollten in den Fokus gerückt werden, weil sie weniger Stimmen haben. Es ist wie mit dem Thema Prostitution, diejenigen, die verharmlosen und dieses schreckliche System sogar zu einer anerkannten Berufssparte für Frauen machen wollen, deren Engagement geht zu Lasten der unfreiwilligen, die aufgrund von Zwang - und das ist die Mehrheit - sich und ihren Körper verkaufen müssen. Das System bleibt erhalten! Und warum sollten wir schweigen, weil einige Frauen sich gerne nach Vorgaben verhüllen, weil es ihnen als religiöses Gebot eingeimpft wurde, dass sie sich im Grunde genommen ihrer Körperlichkeit und sogar ihrer Haarpracht schämen müssen. Es gibt junge Frauen, die aufgrund dieser Dogmen gar kein Wohlgefühl mehr entwickeln können, sobald sie ihr trad. islam. Kopftuch ablegen, die sich schämen. Es wurden in dem Artikel der `Harzgruppe` so viele Hinweise aus der täglichen Erfahrung aufgelistet, und Julia Onken schreibt : “Burka hin oder Her. Mir geht es gut - Selbst wenn nur eine einzige Frau in einem Burkagefängnis eingesperrt wird, ist das Grund, sich dagegen einzusetzen.” Die Trennung von Staat und Religion ist eine Errungenschaft und wurde hart erkämpft; wer nicht blind auf beiden Augen ist, sieht, dass wir wieder Verhältnisse bekommen, von denen wir längst glaubten, uns verabschiedet zu haben. Und das es sogar einen Islam-Faschismus gibt, zeigt, wie gut die hiesige Salafisten-Bewegung funktioniert. Lena Vandrey hat deren fatale Folgen für Frankreich aufgezeigt. Ob Rechts- oder Linksfaschismus, es gibt sowohl auch den religiösen oder Islam-Faschismus, Fundamentalismus, Führerkult, Märtyrerideologie . Immer wieder lese ich Kritik und Warnungen aus den Reihen der (muslimischen) Frauen , die dieses Patriarchat selbst durchlebt haben, dafür sogar Gefängnisstrafen absitzen oder in den Westen fliehen mussten.
21.08.2016 um 11:47 Uhr Lena Vandrey
@ Helke - @ Heidrun
Ich fürchte, da ist eine arge Tüdelei im Gange. Der Satz über “die Gäste mit Mord im Kopf” steht bei mir. Heidrun hat nur zitiert und gefragt, wer das denn sei. Meine Antwort hieB: “Die von Charlie, Bataclan, Nizza”. Muss ich die Bezeichnung “infam” jetzt auf mich beziehen? Den Ausdruck “Islam-Faschismus” benutzen alle diejenigen, denen das Denken noch nicht gänzlich abhanden gekommen ist. Für uns geht es jetzt um den Preis der Angst. Aber wenn in Berlin-Mitte alles in Ordnung ist, müssen wir Unterstützung wohl anderswo suchen. Den Vorschlag, “einer Frau ein Zimmer zu leihen, weil es bereichernd ist”, empfinde ich als zynisch. Sollte ich mit dem Ausdruck “infam” tatsächlich gemeint sein, darf ich versichern, dass ich nicht ganz alleine bin… Über die ermordeten jüdischen Kinder hatte ich bislang nichts gesagt. Wenn das kein Faschismus ist…