Trennung von Staat und Fußball
von Helke Sander
Seit Jahrzehnten schreibe ich schon Leserinbriefe zu den Fußball-Weltmeisterschaften. Immer wieder wollte ich auch wissen, wer sich nicht dafür interessiert. Dieser Wunsch wird nie erhört. Über Fußballenthaltsamkeit werden einfach keine Untersuchungen gemacht, obwohl doch die mit Frauen überfüllten Kneipen und Restaurants, die ohne Bildschirm auskommen und die ebenfalls mit Frauen und einigen Männern belebten Straßen während dieser Zeit Anlass genug wären, so eine Statistik mal zu erheben.
Ganz ekelhaft und unjournalistisch ist aber das Verhalten der ModeratorInnen und JournalistInnen, die nicht nur selbstverständlich davon ausgehen, dass 80 Millionen Deutsche vor den Fernsehschirmen fiebern (Morgen-Magazin), sondern praktisch in jeder Sendung von ARD, ZDF bis hin zu den Privaten mit diesem dauernden, von Einverständnis ausgehendem Grinsen auf die nächsten Spiele hinweisen und ebenso selbstverständlich behaupten, dass dies das wichtigste Anliegen der ganzen Nation ist. Das ist Pressemanipulation at its best. Ich bezweifle gar nicht, dass es viele Menschen gibt, die gerne Fußball spielen und schauen. Ich wehre mich nur gegen die unentrinnbare Berieselung auf allen Kanälen mit Informationen darüber, für die ich auch noch bezahle. Diese Hartnäckigkeit der Recherche wünschten sich viele auch auf anderen Gebieten.
©Helke Sander Juni 2018
2 Kommentare
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25.06.2018 um 13:46 Uhr Lena Vandrey
Den besten Dank an Helke Sander für ihre wichtigen und notwendigen Bemerkungen zu der Seuche Fußball.
Ich lese wöchentlich drei französische Magazine und zwei deutsche : Überall nur diese Pest. Das religiöse Element ist nicht zu verkennen, gleisnerisch, widerlich, mystisch und mythisch bekloppt.
Wir hatten hier in der Nähe ein “Museum für Sakrale Kunst”, welches sich jedoch als laizistisch verstand. Der Konservator hatte einen weißen Fußball und die ebenfalls weiße Lederjacke eines französischen Rockstars ausgestellt, mit der Begründung, Fußball und Rock seien die großen Messen unserer Zeit. Die Autorin Luisa Francia - München - hatte etwas Ähnliches verlauten lassen, aber das hat ihr nichts genützt, denn Frauen haben in dieser Religion genauso wenig zu sagen wie in den anderen. Von allen Seiten erleben wir einen regelrechten Überfall, einen Hold-up auf das tägliche Leben. In der Werbung wird den Frauen vorgeschrieben, welche Fernseh-Tablette sie herstellen sollen, und eine Journalistin verursachte einen Skandal und galt als Ketzerin, weil sie gesagt hatte, “so, nun schauen wir ‘mal den Millionären zu, wie sie in den Ball treten”. Für diesen Satz musste sie sich öffentlich entschuldigen ...
Das liebe Geld spielt ja auch eine große Rolle in der Mystifikation. Ein Spieler wechselt von Barcelona nach Paris und bekommt dafür 400 Millionen ...
Wir können nur abwarten, dass es ‘mal wieder vorbei ist und wir für einen kleinen Moment dem Medienmüll entrinnen können. Ein französischer Ausdruck bezeichnet die Sache als “Fußball-Planeten” ... und das ist es ja wohl ...
Nochmals vielen Dank,
Lena Vandrey.
25.06.2018 um 12:59 Uhr Amy
Danke an Helke Sander - ihre Hinweise sind so wichtig! Was die sog.
Männerdomäne Fußballsport betrifft, da zeigt sich, wie der Sexismus gegenüber Frauen gepflegt wird, die es wagen, in dieser sog. Männerdomäne als Expertinnen vor der Kamera Platz zu nehmen oder als Schiedsrichterin ein Bundesliga-Fußball-Spiel der Männer leiten; diese misogyne Einstellung durchdrang ja fast alle gesellschaftl. Bereiche, in denen Männer endlich den Frauen Platz machen mussten. Dieser Männer-Fußball-Sport hat nichts mehr mit Sport zu tun, wenn es dermaßen unsportlich zur Sache geht. Der Ursprung des heutigen Männersports Fußball war auch mal Frauensache . Nur, was ist daraus geworden - Frauen wurden verdrängt und mit Verboten konfrontiert.
https://www.emma.de/artikel/frauenfussball-bitte-ein-bisschen-mehr-sexy-263523 -
Fußballereignisse der Frauenteams werden im Fernsehen von Reportern dokumentiert; diese Männer erleben keinen Sexismus, keine Häme , keine brutalen `Fouls` durch Kommentierungen von Frauen; ganz anders sieht es aus, wenn eine kompetente Sportreporterin ein WM-Spiel der Männer kommentiert. Das wäre mal ein Thema, mit dem sich Moderatorinnen in Talkshows sowohl anläßlich eines WM-Sportereignisses beschäftigen sollten. Ansonsten, dieser Kriegsschauplatz unter Männern auf den WM-Fußballfeldern, die Hysterie, die Brutalität und die z.T. deformierten Gesichtszüge, sobald die Helden ein Tor geschossen haben, davon kann ich mich nur noch abwenden. Heldentum sieht anders aus und findet nicht auf dem Spielfeld statt . http://www.spiegel.de/sport/sonst/sexismus-im-sportjournalismus-redakteurinnen-berichten-aus-ihrem-alltag-a-1214233.html