Knecht Ruprecht ist sauer
Rose Wiegel, pensionierte Gymnasiallehrerin, schreibt zu ihrer Neufassung von Theodor Storms "Knecht Ruprecht":
Beim Aufräumen fand ich ein Gedicht, das ich vor ca. 20 Jahren mal geschrieben habe, als an der Schule, wo ich unterrichtete, in SchülerInnenkreisen ein Pamphlet kursierte, das voller Fremdenhass war.
Das Gedicht ist immer noch aktuell!
Knecht Ruprecht ist sauer
Von drauß' vom Walde komm' ich her,
und ich erkenn' die Welt nicht mehr:
allüberall von Alten und Jungen
wird neuerdings wieder ein Lied gesungen
davon, dass Türken, Russen und Polen
uns alles aus den Regalen holen.
Ein neues Lied, ein altes Lied,
es drückt mir mächtig auf's Gemüt!
Dabei wissen viele in uns'rer Welt
schon nicht mehr wohin mit ihrem Geld:
von allem muss es das Teuerste sein,
Luxus ist in, das Auto, der Wein
alles vom Feinsten, Seide und Gold,
je mehr desto besser, der Tausender rollt.
Und da gibt's hier Leute, die regen sich auf
über den billigen Aldikauf!!
Die wären wahrscheinlich vor 2000 Jahren
mit Jesus auch nicht anders verfahren,
hätten ihm und Maria in jener Nacht
die Tür vor der Nase zugemacht
und feiern doch heute in seinem Namen
das Fest der Geschenke! Prost Mahlzeit und Amen!
Ist es wohl dafür schon zu spät,
oder gibt's das noch: Solidarität?
Von drauß' vom Walde komm' ich her,
und ich erkenn' die Welt nicht mehr.
1 Kommentar
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14.12.2016 um 11:47 Uhr Amy
Ein schönes und zutreffendes Gedicht, das inhaltlich so zeitnah ist. Ich glaube aber auch , dass diese von Menschen gestaltete Welt noch nie anders war. In `schlechten` Zeiten rück(t)en die Menschen zwar mehr zusammen, ist die Solidarität und Hilfsbereitschaft untereinander größer? Heute , im Zeitalter des Internets und der Verbreitung von Informationen in Sekundenschnelle rund um den Globus, kann jede/r in der Anonymität Frustrationen und HassKommentare loswerden, Meinungen manipulieren. Da zeigt sich, wozu Menschen im negativen Sinne fähig waren und sind. Aber es erfolgt auch in vielerlei Hinsicht ein `Aufschrei` und Solidaritätsbekundungen Widerstand sowie Einflussnahme; Menschen engagieren sich gegen Fremdenhass, Sexismus, Gewalt, Antisemitismus, für den Feminismus usw. , z.B. in den sozialen Netzwerken. Deshalb finde ich es wichtig, sich auch dort für Frieden und Gewaltlosigkeit zu engagieren und gegen all die negative Stimmungsmache Stellung zu beziehen.