Helke Sander kommentiert den Artikel “Wer Deutschland bewohnt, ist Deutscher”
An die Leserinnen*briefredaktion der Berliner Zeitung
Zum Artikel "Wer Deutschland bewohnt, ist Deutscher" vom 7./8. Dezember 2019
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Gespräch zwischen Frau Naika Foroutan und Arno Widmann hätte erhellend sein können, wenn ein wenig mehr Wirklichkeit darin eingeflossen wäre. Interessant war die Anmerkung, dass Deutschland im Lauf der Jahrhunderte aus vielen mal selbständigen, mal zu anderen Ländern gehörenden Fürstentümern gebildet wurde und insofern schon immer „migrantisch“ war.
Was allerdings vollkommen fehlte, war der Hinweis auf die Tatsache, dass Abertausende der türkischen und arabischen migrantischen Frauen nicht unter dem Schutz des Grundgesetzes stehen. Und zwar nicht, weil die sogenannten Biodeutschen das nicht zulassen würden, sondern weil zu viele migrantische Männer aus den entsprechenden Ländern das verhindern und verlangen, dass ihre Frauen und Töchter patriarchaler Herrschaft gehorchen müssen. Diese Probleme gibt es nicht durch inzwischen eingebürgerte Spanier, Italiener, Vietnamesen, Finnen usw. Kaum einer weiß noch, dass es in den siebziger Jahren feministische türkische Frauengruppen in Deutschland gab, die säkulär und selbständig waren. Ohne diese Probleme zu benennen, kann viel darüber geredet werden, dass Demokratie auch für die hier lebenden Zugereisten gilt. Die sogenannte behauptete Ausländerfeindlichkeit bezieht sich meiner Erkenntnis nach genau auf dieses Missverhältnis, was selten genug thematisiert wird, aber den wesentlichen Part der Auseinandersetzungen bildet.
Keine Kommentare
Nächster Eintrag: Humboldt-Forum: Vorschlag zur Schloss-Beschriftung
Vorheriger Eintrag: betr. “Wir sind Rechtsstaat”: Offener Brief an Justizministerin Lambrecht