Fembio Specials Frauen aus Stuttgart Ulrike Meinhof
Fembio Special: Frauen aus Stuttgart
Ulrike Meinhof
(Ulrike Marie Meinhof; Ulrike Röhl [Ehename])
geboren am 7. Oktober 1934 in Oldenburg
gestorben am 8. Mai 1976 in Stammheim
deutsche Journalistin und Politikerin
90. Geburtstag am 7. Oktober 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Mit sechs Jahren verliert Ulrike Meinhof ihren Vater, neun Jahre später stirbt ihre Mutter, und sie wächst unter der Vormundschaft der Historikerin Renate Riemeck auf. Diese, nur 14 Jahre älter als Ulrike, setzt die christliche und antifaschistische Erziehung fort. Zunächst in der evangelischen Jugendarbeit aktiv, engagiert sich die Studentin ab 1958 im SDS, 1959 tritt sie der illegalen KPD bei. Sie kämpft gegen die atomare Aufrüstung, gegen Springer, gegen das militärische Engagement der USA in Vietnam. Ihre Kolumnen von 1959 bis 1969 in der konkret, deren Chefredakteurin sie seit i960 ist, sind ein Beispiel von entschiedenem Journalismus und in der stickigen Luft von Adenauer und Großer Koalition meinungsbildend für Linke und Liberale.
Je radikaler sie wird, desto unerträglicher erscheint ihr der Widerspruch zwischen politischem Kampf und ihrem privaten Leben. Sie verlässt Klaus Rainer Röhl, den sie 1961 geheiratet hatte, und zieht mit ihren Zwillingen 1968 nach Berlin.
1970 ist sie an der Befreiung von Andreas Baader beteiligt. Einen Tag später ist sie die meistgesuchte Frau der Bundesrepublik. Sie geht in den Untergrund, wo sie den bewaffneten Kampf propagiert und die Rote Armee Fraktion gründet. Es gibt die ersten Sprengstoffanschläge. Verletzte und Tote sind zunächst nicht beabsichtigt, später kalkuliert. Die Solidarität der Linken, »der Schwätzer, für die sich der antiimperialistische Kampf beim Kaffeekränzchen abspielt« (U.M.), bröckelt. Im Juni 1972 sind alle Gründungsmitglieder verhaftet.
Eine qualvolle Zeit im Gefängnis beginnt für Ulrike Meinhof. Den Kontakt zu ihren Kindern bricht sie plötzlich ab. Das Verhältnis zu den anderen Gruppenmitgliedern verschlechtert sich. Noch in der Isolationshaft ist sie isoliert. 1975 sagt sie vor dem Stammheimer Gericht: »Es gibt in der Isolation exakt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie bringen einen Gefangenen zum Schweigen, das heißt er stirbt daran, oder Sie bringen ihn zum Reden.« In der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 1976 setzt sie ihrem Leben in ihrer Zelle in Stammheim ein Ende.
(Text von 1993)
Verfasserin: Katrin Grothe
Zitate
Ihr wart da! Ich glaube, der ganze Knast hat sich gefreut, so kam es mir vor. Besucht Ihr mich wieder? Neulich, im Oktober, standen bunte Drachen über dem Knast. Also da mußten irgendwo Kinder sein, die sie steigen ließen. Unheimlich hoch, grün und rot. Das war richtig schön …
(Ulrike Meinhof in einem Brief an ihre damals zehnjährigen Töchter, die sie im Oktober 1972 zum erstenmal in der Haftanstalt Köln-Ossendorf besucht haben)
Aus den Akten der Gerichte und Justiz habe ich dann recherchiert. Und aus den Mengen der Akten findet man dann immer mal eine ›Perle‹. Dort steht, die Wände der Zelle sind weiß gestrichen, sie ist die einzelne Gefangene im ganzen Trakt, keiner nebenan, keiner drüber oder drunter. Völlige akustische Isolierung vor anderen menschlichen Geräuschen, Schlafentzug durch nächtliche Kontrollen, Kontakt- und Schreibverbot. Nur gelegentlich darf sie ihre Anwälte sehen.
(Jutta Ditfurth)
Links
Bericht der Internationalen Untersuchungskommission zum Tod von Ulrike Meinhof.
Online verfügbar unter http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/Stadtguerilla+RAF/RAF/ulrike_meinhof/iuk/index.html, zuletzt geprüft am 11.10.2019.
Förster, Andreas (2002): Wer war Ulrike Meinhof? Warum das Gehirn der Terroristin konserviert, zwanzig Jahre lang vergessen und dann versteckt wurde. In: Berliner Zeitung, 9. November 2002.
Online verfügbar unter https://www.berliner-zeitung.de/warum-das-gehirn-der-terroristin-konserviert—zwanzig-jahre-lang-vergessen-und-dann-versteckt-wurde-wer-war-ulrike-meinhof—16617230, zuletzt geprüft am 11.10.2019.
Internet Movie Database: Ulrike Meinhof. Filme.
Online verfügbar unter https://www.imdb.com/find?s=all&q=ulrike%20meinhof&ref_=nv_sr_sm, zuletzt geprüft am 11.10.2019.
LeMO: Ulrike Meinhof, 1934-1976. Tabellarischer Lebenslauf. Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn.
Online verfügbar unter https://www.hdg.de/lemo/biografie/ulrike-meinhof.html, zuletzt geprüft am 11.10.2019.
Wikiquote: Ulrike Meinhof. Zitate.
Online verfügbar unter http://de.wikiquote.org/wiki/Ulrike_Meinhof, zuletzt geprüft am 11.10.2019.
Wunderlich, Dieter: Ulrike Meinhof (Biografie).
Online verfügbar unter http://www.dieterwunderlich.de/Meinhof.htm, zuletzt geprüft am 11.10.2019.
Literatur & Quellen
Hinweis: Dies sind keine Literaturempfehlungen, sondern zum Thema erschienene Titel – ohne Wertung unsererseits.
Aust, Stefan (1985): Der Baader-Meinhof-Komplex. Neuausgabe Hamburg. Hoffmann und Campe. 2008. ISBN 978-3-455-50029-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Aust, Stefan (2008): Der Baader-Meinhof-Komplex. Fakten, Dokumente, Originaltöne. Auswahl. 4 Audio-CDs. Lesung, ergänzt durch zahlreiche Original-Tondokumente. Redaktion und Regie: Sabine Rheinhold Hamburg. Hoffmann und Campe. ISBN 978-3-455-30591-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bericht der Internationalen Untersuchungskommission (1979): Der Tod Ulrike Meinhofs. (=La mort d'Ulrike Meinhof) Münster. Unrast. 2001. (Unrast-Reprint, 2) ISBN 3-89771-952-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brückner, Peter (1976): Ulrike Marie Meinhof und die deutschen Verhältnisse. Neuausgabe. Mit Texten von Ulrike Marie Meinhof, einem Vorwort von Ulrich K. Preuß und einem Nachwort von Klaus Wagenbach Berlin. Wagenbach. 2001. (Wagenbachs Taschenbücherei, 407) ISBN 3-8031-2407-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brückner, Jutta (2008): Bräute des Nichts. Der weibliche Terror. Magda Goebbels und Ulrike Meinhof. Berlin. Theater der Zeit. (Theater der Zeit : Recherchen, 53) ISBN 978-3-940737-10-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Ditfurth, Jutta (2008): Rudi und Ulrike. Geschichte einer Freundschaft. München. Droemer Knaur. ISBN 978-3-426-27456-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Ditfurth, Jutta (2007): Ulrike Meinhof. Die Biografie. Berlin. Ullstein. 2009. (Ullstein, 37249) ISBN 978-3-548-37249-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Eichinger, Bernd (2008): Der Baader-Meinhof-Komplex. Das Filmhörbuch. Nach dem Buch von Stefan Aust. 2 Audio-CDs. Drehbuch & Produktion: Bernd Eichinger. Drehbuchmitarbeiter: Uli Edel. Martina Gedeck als Ulrike Meinhof; Moritz Bleibtreu als Andreas Baader; Johanna Wokalek als Gudrun Ensslin. Regie: Uli Edel Hamburg. Hoffmann und Campe. ISBN 978-3-455-30621-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Eichinger, Katja (2008): Der Baader-Meinhof-Komplex. Das Buch zum Film. Hamburg. Hoffmann und Campe. ISBN 978-3-455-50096-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Essig, Rolf-Bernhard (Hg.) (2007): »Wer schweigt, wird schuldig!«. Offene Briefe von Martin Luther bis Ulrike Meinhof. Herausgegeben und kommentiert von Rolf-Bernhard Essig und Reinhard M. G. Nickisch Göttingen. Wallstein. ISBN 978-3-8353-0217-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Fleischhauer, Daniela (2008): Vom Protest zur gewaltsamen Aktion. Gründe für den Weg von Ulrike Meinhof in den Terrorismus. Norderstedt. Books on Demand. ISBN 978-3-8334-7630-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Grützbach, Frank (Hg.) (1972): Heinrich Böll, freies Geleit für Ulrike Meinhof. Ein Artikel und seine Folgen. Zusammengestellt von Frank Grützbach. Mit Beiträgen von Helmut Gollwitzer u. a. Köln. Kiepenheuer und Witsch. (pocket, 36) ISBN 3-462-00875-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Kedzierski, Caesar Martin (1999): Sprache und Politik – exemplarisch dargestellt am Beispiel Ulrike Meinhofs. CD-ROM (PDF-Datei) Marburg. Tectum. (Wissenschaft auf CD-ROM) ISBN 3-8288-5046-4. (WorldCat-Suche)
Krebs, Mario (1988): Ulrike Meinhof. Ein Leben im Widerspruch. Reinbek bei Hamburg. Rowohlt. 1999. (Rororo, 15642 : rororo aktuell) ISBN 3-499-15642-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Neuerscheinung: Lehto-Bleckert, Katriina (2011): Ulrike Meinhof 1934-1976. Ihr Weg zur Terroristin. Marburg. Tectum. (Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum-Verlag : Reihe Geschichtswissenschaft, 12) ISBN 978-3-8288-2538-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Leßner, Regina (2003): Ulrike Meinhof. Mythos und Wirklichkeit. Feature. Audio-CD. Mit Stefan Aust, Bettina Röhl u.v.a. Regie und Redaktion Wolfgang Bauernfeind Berlin. Der Audio-Verlag. ISBN 3-89813-269-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Meinhof, Ulrike Marie (1995): Deutschland Deutschland unter anderm. Aufsätze und Polemiken. Berlin. Wagenbach. (Wagenbachs Taschenbücherei, 253) ISBN 3-8031-2253-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Meinhof, Ulrike Marie (1971): Bambule. Fürsorge – Sorge für wen? Berlin. Wagenbach. 2002. (Wagenbachs Taschenbücherei, 428) ISBN 3-8031-2428-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Meinhof, Ulrike Marie (1981): Die Würde des Menschen ist antastbar. Aufsätze und Polemiken. Mit einem Nachwort von von Klaus Wagenbach Berlin. Wagenbach. 2004. (Wagenbachs Taschenbücherei, 491) ISBN 3-8031-2491-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Prinz, Alois (2005): Lieber wütend als traurig. Die Lebensgeschichte der Ulrike Marie Meinhof. Autorisierte Lesefassung. 5 Audio-CDs. Gelesen von Eva Mattes, Axel Milberg und Alois Prinz. Regie: Angelika Schaack Hamburg. Hörcompany. ISBN 3-935036-73-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Prinz, Alois (2003): Lieber wütend als traurig. Die Lebensgeschichte der Ulrike Marie Meinhof. Weinheim , Basel. Beltz & Gelberg. 2007. (Gulliver, 1012) ISBN 978-3-407-74012-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Röhl, Anja (2013): Die Frau meines Vaters - Erinnerungen an Ulrike Meinhof. Hamburg. edition nautilus.
Röhl, Bettina (2006): So macht Kommunismus Spaß! Ulrike Meinhof, Klaus Rainer Röhl und die Akte Konkret. Hamburg. Europäische Verlagsanstalt. ISBN 3-434-50600-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Stuberger, Ulf G. (Hg.) (1977): »In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.«. Dokumente aus dem Prozeß. Neuausgabe Hamburg. Europäische Verlagsanstalt. 2007. ISBN 978-3-434-50607-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Traitler, Reinhild-Ursula (1988): Briefe an die Unglücklichen. Zürich. Pendo. ISBN 3-85842-154-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Wesemann, Kristin (2007): Ulrike Meinhof. Kommunistin, Journalistin, Terroristin – eine politische Biografie. Baden-Baden. Nomos. (Extremismus und Demokratie, 15) ISBN 978-3-8329-2933-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
- Verlagsgruppe Droemer Knaur
- Bundeszentrale für politische Bildung
- Wikipedia
- Spiegel online
- Connewitzer Verlagsbuchhandlung
- AP Photo
- equinedreams.de
- Bettina Röhl
- Was war links?
- u2r2h.blogspot.com
- FIPA
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