Fembio Specials Frauenbeziehungen Til Brugman
Fembio Special: Frauenbeziehungen
Til Brugman
(Mathilda Maria Petronella Brugman)
geboren am 16. September 1888 in Amsterdam
gestorben am 24. Juli 1958 in Gouda
niederländische Übersetzerin und Schriftstellerin
135. Geburtstag am 16. September 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Mathilda Maria Petronella Brugman, genannt Til, wurde am 16. September 1888 in Amsterdam geboren. Ihr Vater war Vertreter für Weine und Spirituosen, ihre Mutter Hausfrau und eine fanatische Katholikin mit grossem Bekehrungseifer.
Von ihrem Vater hatte Til ihr sprachliches Talent und ihre Sprachbegabung. Vater und Tochter sprachen zusammen fünfzehn Sprachen. Schon als Kleinkind begeisterte sie sich für besondere, ungewöhnliche und schöne Wörter, eine Vorliebe, die später auch ihr Werk auszeichnete. Früh lernte sie lesen, und Literatur spielte immer eine grosse Rolle in ihrem Leben. Zu Hause stand ihr eine Bibliothek mit vornehmlich katholischer Literatur zur Verfügung. Wie sie später sagte, hatte sie aus dieser Zeit genug Stoff zum Träumen und Lesen für den Rest ihres Lebens.
Als ihre Eltern sie nach etlichen Streitereien des Hauses verwiesen, war für sie endlich der Zeitpunkt gekommen, ihrem umfassenden Wissensdrang nachzugeben. In Paris und London studierte sie Psychologie, Sprachen, Literatur, Philosophie und Phonetik. Nebenher arbeitete sie als Fremdsprachenkorrespondentin.
Zurück in den Niederlanden, zog sie 1917 nach Den Haag zu ihrer Freundin Sienna Masthoff, einer angehenden Konzertsängerin und Lehrerin für Sologesang. In dieser Zeit arbeitete Brugman als Handelskorrespondentin und Sprachlehrerin, und es entstanden ihre ersten Klanggedichte, von denen die ersten 1923 in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland veröffentlicht wurden.
Über Mondriaan kam sie mit anderen Mitgliedern der Kunstgruppe De Stijl in Kontakt. Mehr als ein marginaler Platz wurde ihr in dieser Männerkünstlervereinigung allerdings nicht zugebilligt; ihre Übersetzungen wurden anonym veröffentlicht, und sie kümmerte sich um die Finanzen. Ab Anfang der zwanziger Jahre war sie als Handelsreisende für Mondriaan und andere Stijl-Künstler wie El Lissitzky, Hans Arp und Max Bucharz unterwegs und verkaufte deren Werke. Den anti-individualistischen Prinzipien des Stijl blieb sie ihr Leben lang treu.
Durch Kurt und Helma Schwitters lernte Brugman im Sommer 1926 Hannah Höch kennen; sie machten beide sofort grossen Eindruck aufeinander. Nach einer gemeinsamen Reise nach Paris und Grenoble zog Hannah Höch zu Til Brugman nach Den Haag, und Sienna Masthoff zog aus. Viele Reisen führten die beiden Frauen durch ganz Europa, bis sie sich 1929 in Berlin niederliessen. Til Brugman gab auch dort wieder Sprachunterricht und machte Übersetzungen. Sie verdiente damit genug Geld für sie beide, so dass Hannah Höch sich auf ihre Arbeit konzentrieren konnte. Brugman fing an, Grotesken auf Deutsch zu schreiben, in denen sie ihre Freude an der Sprache ausleben konnte. Die Künstlerinnen beeinflußten sich gegenseitig; ihre Zusammenarbeit führte zu zwei gemeinsamen Veröffentlichungen: Von Hollands Blumenfeldern (Atlantis. Länder/Völker/Reisen, Heft 7, Juli 1933) und Scheingehacktes, mit Grotesken von Til Brugman und Zeichnungen von Hannah Höch.
Nachdem die beiden sich 1936 getrennt hatten, blieb Brugman noch drei Jahre in Berlin. 1938 zog sie mit Hans Mertineit-Schnabel zusammen, der Frau, mit der sie 1939 zurück in die Niederlande ging, wo die beiden bis zu Brugmans Lebensende zusammenblieben. Gemeinsam versteckten sie während der deutschen Besatzung in ihrer Amsterdamer Wohnung Juden und andere Illegale. 1940 tauchten sie selber unter und lebten, abgeschieden und sehr ärmlich, in einem Ferienhaus in Breukelerveen, später in Reeuwijk.
Brugman versuchte, ihre Isolation durch das Schreiben von Briefen zu durchbrechen. Gemeinsame Übersetzungen, Brugmans Veröffentlichungen und die Vermietung ihrer Amsterdamer Wohnung (die ihnen später weggenommen wurde) brachten gerade genug zum Überleben ein. Brugman mußte einen Großteil ihrer De Stijl-Sammlung verkaufen.
Brugmans eigentlicher Lebensinhalt blieb das Schreiben. Doch erst nach dem Krieg konnte sie regelmässig veröffentlichen. In schneller Folge erschienen Romane, Kinderbücher, Novellen, eine Kulturgeschichte der Katzen sowie Kurzgeschichten in verschiedenen Zeitschriften. Fast ihr gesamtes Werk hat eine sozial-ethische Ausrichtung.
1952 erhielt sie den Novellen-Preis der Stadt Amsterdam und den Marianne-Philips-Preis für ihr Gesamtwerk; dieser Preis wurde von 1951-1975 an kreative, ältere AutorInnen vergeben, die weniger bekannt waren als sie verdienten.
Die letzten Jahre waren für Til Brugman ein unablässiger Kampf. Bereits seit Ende der 1930er Jahre litt sie an verschiedenen chronischen Krankheiten, später kamen noch mehrere Herzinfarkte hinzu. Trotzdem blieb die Arbeit der Mittelpunkt ihres Lebens. Solange es noch ging, schrieb sie. Als ihr dies nicht mehr möglich war, entwarf sie noch ganze Romane im Kopf. Ihre Lebenslust war enorm. Ihr Wunsch, bis siebzig zu leben und zu arbeiten, ging nicht in Erfüllung, sie starb zwei Monate vorher.
Verfasserin: Doris Hermanns
Literatur & Quellen
Bücher von Til Brugman:
Scheingehacktes. Grotesken mit Zeichnungen von Hannah Höch. Berlin, Verlag Die Rabenpresse, 1935
Bodem. Marcus van Boven, Gods knaap. Amsterdam, De Bezige Bij, 1946
Tijl Nix de tranendroger. Amsterdam, De Arbeiderspers, 1948 (Übersetzungen: Französisch: Le sécheur des larmes. Lausanne, Payot, 1947; Italienisch: Tijl Nix. Milaan, Genio, 1949)
De houten Christus. s Graveland, De Driehoek (Podium Reeks), 1949
Wiben en de katten. Amsterdam/Antwerpen, Wereldbibliotheek, 1951
Maras Puppe: Eine Puppe erzählt aus ihrem Leben. Reutlingen, Ensslin & Laiblin Verlag, 1952
Spanningen. Amsterdam/Antwerpen, Contact, 1953
De vlerken. Amsterdam/Antwerpen, Wereldbibliotheek, 1953
Kinderhand. Amsterdam, De Beuk, 1954
De zeebruid. Amsterdam/Antwerpen, Wereldbibliotheek, 1956
Eenmal vrienden, altijd vrienden. Den Haag, Ploegsma, 1957
Spiegel en lachspiegel. Amsterdam, Querido, 1959
Wat de pop wist. Den Haag, Leopold, 1963
Tot hier toe en nog verder. Notities. Woubrugge, Avalon Pers, 1979
5 Klanggedichten. Heemstede, Lojen Deur Pers, 1981
Even anders. Vier rabbelverzen. Woubrugge, Avalon Pers, 1989
Das vertippte Zebra. Lyrik und Prosa. Berlin, Hoho, 1995
Literatur über Til Brugman:
Everard, Myriam: „Man lebt nur einmal in Patchamatac“. Die groteske Welt von Til Brugmann, Lebensgefährtin von Hannah Höch, in: Da-da zwischen. Reden zu Hannah Höch. Hg. von Jula Dech & Ellen Maurer. Berlin, Orlanda, 1991
Lust & Gratie 19 (Herbst 1988): Hannah Höch & Til Brugman.
Slob, Marleen: ´De mensen willen niet rijpen, vandaar´. Leven en werk van Til Brugman. Amsterdam, Vita, 1994
Smid, Gioia. Hg: Dames in DADA. Het aandeel van vrouwen in de DADA beweging. St. Amazone, Amsterdam, 1989
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