Fembio Specials Europäische Jüdinnen Sonia Delaunay
Fembio Special: Europäische Jüdinnen
Sonia Delaunay
(Sarah (andere Angabe: Sophia) Ilinitchna Stern [Geburtsname]; Sonia Terk [nach Adoption durch ihren Onkel]; Соня Делоне-Терк; Sonia Delaunay-Terk)
geboren am 14. November 1885 in Odessa
gestorben am 5. Dezember 1979 in Paris
französisch-ukrainische Malerin und Designerin
45. Todestag am 5. Dezember 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Stoffe, Vorhänge, Möbel, Theateraufführungen, Bücher, Kirchenfenster, Kartenspiele, Teller, Autos – während der ersten 75 Jahre des vorigen Jahrhunderts war praktisch nichts davor sicher, von Sonia Delaunay auf eine einmalige und aufregend neue Weise gestaltet, zu einem Kunstwerk zu werden. Bis in das hohe Alter von 94 Jahren gelang es ihr dabei, zeitlos modern und »Avantgarde« zu sein – aktiv bis zu ihrem friedlichen Tod im Atelier.
Die Beschäftigung mit den »angewandten Künsten« darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Delaunay in der modernen Malerei seit 1910 richtungsweisend war und viele der Strömungen vorweggenommen hatte sowohl in der Form als auch in der Wahl ihrer Materialien. Als sie nach einem Studium an der Kunstakademie von Karlsruhe 1905 nach Paris kam, ließ sie sich zuerst von Matisse und den Fauves, von Gauguin und van Gogh inspirieren: klare, großangelegte Farbflächen mit starken Konturen.
Als sie während ihrer Konvenienzehe mit dem deutschen Galeristen Wilhelm Uhde (dem Entdecker von Séraphine Louis) Robert Delaunay kennenlernt (und nach ihrer Scheidung heiratet), treffen zwei geniale Menschen aufeinander – der Beginn einer großen Liebe und einmaligen künstlerischen Partnerschaft. Aufbauend auf dem Text des Physikers Chevreul über den Simultankontrast von Farben, experimentieren die Delaunays mit Farbflächen und untersuchen die Veränderungen der Farb- und Tonwerte, die bei bestimmten Farbkonstellationen auftreten, um mit der gezielten Verwendung der Farbreaktionen die »lichterfüllte Natur« einzufangen.
Sonia malt mehrere Fassungen von dem Tanzlokal Bal Bullier, in dem allwöchentlich die KünstlerInnen die Nacht durchtanzen und in dem Sonias ›Simultankleider‹ Furore machen. Sie fängt die Atmosphäre von Licht und Bewegung mit durcheinanderwirbelnden Farbflächen ein – tanzende Paare tauchen höchstens schemenhaft auf. Noch abstrakter sind in Prismes électriques die Menschen auf dem Boulevard St. Michel unter den neuen elektrischen Straßenlaternen dargestellt: aufgelöst in Farbflächen konzentrischer Kreise.
Vom 1. Weltkrieg in Spanien überrascht, bleibt Delaunay mit ihrer Familie bis Anfang der 20er Jahre auf der iberischen Halbinsel. Die schöne unbeschwerte Zeit geht schlagartig zu Ende, denn mit der russischen Revolution entfällt die Unterstützung durch Sonias reiche Verwandten aus St. Petersburg. Es ist Sonia, die für viele Jahre auf ihren Lebensinhalt, das Malen, verzichtet und mit ihrer »Design-Boutique« den Unterhalt bestreitet – ihre außergewöhnlichen Kreationen sind erst in Spanien, dann in Paris ein ungeheurer Erfolg.
Mit der Weltwirtschaftskrise gehen auch Sonias Geschäfte nicht mehr so gut, 1930 gibt sie die Produktion auf und malt wieder. Als 1941 Robert Delaunay an Krebs stirbt, arbeitet Sonia unermüdlich daran, das Werk ihres Mannes bekanntzumachen und seine herausragende Stellung in der modernen Kunstgeschichte zu manifestieren. Ihr eigener, ebenso großer Verdienst um die Moderne ist heute wohl unumstritten.
Dieser Text stammt aus dem Kalender Berühmte Frauen 2000
Verfasserin: Adriane von Hoop
Zitate
Die Schönheit lehnt ab, sich dem Zwang der Sinngebung zu unterwerfen.
(Sonia Delaunay, gefunden hier)
Delaunay-Terk, Sonia * 1885 in der Ukraine
In Zusammenarbeit mit Robert Delaunay entwickelte die Künstlerin den Kubismus zu einem abstrakten Farblyrismus. Sonia Terks Eltern waren Grundbesitzer in der Ukraine. Sie studierte Malerei in Leningrad und anschließend in Deutschland, wo sie durch die Werke deutscher Maler auf Cézanne aufmerksam wurde. 1905 kam sie nach Paris und sah dort zum erstenmal Originalgemälde von Cézanne und van Gogh. Im folgenden Jahr stand ihr Entschluß fest, in Paris zu bleiben. Sie besuchte die Académie de la Palette, wo zur selben Zeit Dunoyer de Segonzac, Ozenfant und Boussingault studierten. Damals entstanden farbenkräftige, symbolistische Bilder, die an Gauguin erinnern. 1907 stellte Sonia Terk ihre Arbeiten in der Galerie von Wilhelm Uhde, ihrem ersten Mann, aus; die Ehe wurde später geschieden. 1910 heiratete sie den Maler Robert Delaunay; mit ihm verbrachte sie die Jahre des Ersten Weltkrieges in Spanien und Portugal.
Das Werk der beiden Delaunays spielte in der Entwicklung einer rein abstrakten Kunst eine wichtige Rolle. Doch berühmt wurde Sonia Delaunay durch die praktische Anwendung dieser ästhetischen Prinzipien auf Wandteppiche, Bucheinbände, Möbel und Innendekorationen. So produzierte sie beispielsweise 1913 ihr erstes »livre simultané«: In diesem Simultanbuch sind Gedichte von Blaise Cendrars mit farbigen, abstrakten Zeichnungen vermischt. Nach dem Kriege eröffnete sie einen Modesalon, wo sie selbstentworfene Kleider aus Stoffen verkaufte, die oft eigens für sie hergestellt wurden; bei der Kunstgewerbe-Ausstellung in Paris 1925 stellte sie ihre bedruckten Textilien aus. Diese Tätigkeit gab sie schließlich gegen Ende der 20er Jahre auf, weil sie sich wieder mehr der Malerei widmen wollte. 1927 hielt sie einen Vortrag an der Sorbonne über »L'Influence de la mode dans l'art vestimentaire«.
Sonia Delaunays Erfolg auf kunstgewerblichem Gebiet verführt leicht dazu, die wahren Verdienste ihrer Malerei zu unterschätzen. Sie malte in konsequent abstrakt-geometrischem Stil, was dadurch anerkannt wurde, daß sie in das 1949 erschienene Buch »L'Art abstrait: ses origines, ses premiers maîtres« aufgenommen und durch eine umfassende Ausstellung in der Galerie Bing 1953 gewürdigt wurde. Sonja Delaunay ist auch aktiv für die Förderung der abstrakten Kunst tätig: sie war bei der Organisation der Ausstellung »L'Art Concret« im Jahre 1945 sowie der Gründung des »Salon des Réalités Nouvelles« behilflich, wo sie seit 1946 regelmäßig ausstellt.
(Eintrag in Kindlers Malereilexikon, Bd. 2, S. 71 ff.)
Links
Leben und Werk
Brain-Juice: Biography of Sonia Delaunay (Link aufrufen)
Galerie Hilt: Delaunay Sonia. Biografie. (Link aufrufen)
Lassmann, Michael (2009): Robert und Sonia Delaunay. Doppelbiografie mit Augenmerk auf den Kunstmarkt. In: Weltkunst - Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten. (Link aufrufen)
Quizmoz: Sonia Delaunay-Terk (1885-1979) Famous Painter Facts Quiz. 10 Fragen zu Leben und Werk. (Link aufrufen)
Seidner, David: Sonia Delauney. Biografie (engl.) und das vermutlich letzte Interview mit Sonia Delaunay im Frühling 1978. In: BOMB Magazine, 2, Winter 1982. (Link aufrufen)
Spaightwood Galleries: Sonia Delaunay (Russia, 1885-France, 1979). Kurzbiografie, Auswahlbibliografie, einige Werke. (Link aufrufen)
Tuchman, Phyllis: The Colorful Life of Sonia Delaunay. Obit Magazine, June 25, 2009. Biografie (englisch) und Bilder. (Link aufrufen)
Werke online
Adam Gallery: Sonia Delaunay. Mit Kurzbiografie. (Link aufrufen)
galerie gmurzynska: Sonia Delaunay (Link aufrufen)
Galerie Michelle Champetier: Sonia Delaunay, Werke auf Papier, Lithographien und Zeichnungen. Mit Kurzbiografie. (Link aufrufen)
Kass/Meridian Gallery: Sonia Delaunay, Modern Prints (Link aufrufen)
MoMA | The Collection | Sonia Delaunay-Terk. (French, born Russia. 1885-1979) (Link aufrufen)
Bücher und Medien
Google Bücher: Sonia Delaunay (Link aufrufen)
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Delaunay, Sonia, 1885-1979. Bücher und Medien. (Link aufrufen)
Linksammlungen
Artcyclopedia: Sonia Delaunay Online. Linksammlung (Ausstellungen, Galerien, Museen, Artikel). (Link aufrufen)
kunstaspekte: Sonia Delaunay. Kurzbiografie, Ausstellungen, Sammlungen, Galerien. (Link aufrufen)
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Literatur & Quellen
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Damase, Jacques (1972): Sonia Delaunay. Rhythms and colours. Preface by Michel Hoog London. Thames and Hudson. ISBN 0-500-09087-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Damase, Jacques (c 1991): Sonia Delaunay - Mode und Design. Aus dem Französischen und Englischen von Andrea Spingler. Fotos: André Morain Zürich. Arche. ISBN 3-7160-2134-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Delaunay, Jean-Louis, Gmurzynska, Krystyna und Rastorfer, Mathias (Hg.) (1997): Robert & Sonia Delaunay. International Esposition Paris 1937. Text and introduction by Jean-Louis Delaunay Köln. Galerie Gmurzynska. (WorldCat-Suche)
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Kuthy, Sandor und Satonobu, Kuniko (Hg.) (1991): Sonia & Robert Delaunay. Aus dem Französischen von Hubertus von Gemmingen. Kunstmuseum Stuttgart. Hatje. (Künstlerpaare – Künstlerfreunde) ISBN 3-7757-0359-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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Meyer-Büser, Susanne (Hg.) (2009): Marc, Macke und Delaunay. Die Schönheit einer zerbrechenden Welt (1910 - 1914). Hannover. Sprengel-Museum. ISBN 978-3-89169-207-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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Rubinger, Krystyna (1975): Sonia Delaunay. Retrospektivausstellung zum 90. Geburtstag. Köln. Galerie Gmurzynska. (WorldCat-Suche)
Schneede, Uwe M. und Schick, Karin (Hg.) (1999): Robert Delaunay, Sonia Delaunay - das Centre Pompidou zu Gast in Hamburg. Ausstellungskatalog. Aus dem Französischen von Stefan Barmann und Catherine Henry Köln. DuMont. ISBN 3-7701-5216-6. (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Sello, Gottfried (1988): Malerinnen aus fünf Jahrhunderten. Hamburg. Ellert & Richter. ISBN 3-89234-077-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Turner, Jane (Hg.) (1996): The dictionary of art. In thirty-four volumes. Consulting ed. Hugh Brigstocke London. Macmillan; New York Grove's Dictionaries Inc. ISBN 1-884446-00-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Hinweis: Dies sind keine Literaturempfehlungen, sondern die zum Thema erschienenen Titel – ohne Wertung unsererseits.
Bildquellen
- ArtLex Art Dictionary
- Dumont Reiseverlag
- breeapperley.tumblr.com
- Adam Gallery
- an ambitious project collapsing
- BIDDINGTON'S ART GALLERY
- Artcyclopedia
- Galerie Hilt
- Galerie Michelle Champetier
- Bomb Magazine
- Amorosart
- artnet
- Spaightwood Galleries
- Art Lovers
- Obit Magazine
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