Fembio Specials Exilantinnen (1933-1945) Sir Galahad (Bertha Diener)
Fembio Special: Exilantinnen (1933-1945)
Bertha Diener
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(Bertha Diener Eckstein )
geboren am 18. März 1874 in Wien
gestorben am 20. Februar 1948 in Genf
österreichische Schriftstellerin und Journalistin
150. Geburtstag am 18. März 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Wohlbehütet wuchs Bertha Diener in einer Wiener Fabrikantenfamilie auf. In klassischer Weise wurde sie auf ihre spätere Rolle der Ehefrau vorbereitet, studieren durfte sie nicht. In dem sehr viel älteren und wohlhabenden Privatdozenten und Bohemien Friedrich Eckstein trifft sie einen Mann, der ihr die Welt erschließt. Aber ihre Eltern sind gegen diese Verbindung. Bertha wartet stumm auf ihre Volljährigkeit, zwei Jahre spricht sie mit dem Vater kein Wort, dann heiratet sie im April 1898 Eckstein.
In ihrem Haus verkehren Karl Krauss, Adolf Loos, Peter Altenberg. Aber aus dem „Geistesrefugium“ wird bald ein „Geistesgefängnis“. Ihre Talente liegen brach, die Welt ist irgendwo weit draußen. Sie verlässt 1904 ihren Mann und den inzwischen fünfjährigen Sohn Percy und beginnt ihre Reiseexistenz. Reist nach Ägypten, Griechenland, England. Eine amour fou zu dem jüdischen Arzt Theodor Beer bringt sie fast an den Rand des Wahnsinns. 1910 wird ihr Sohn Roger geboren, der in einer Pflegefamilie aufwächst. Denn Bertha Eckstein wird nie mehr in eine bürgerliche Existenz zurückkehren. Sie ist unausgesetzt auf Reisen.
Ahasvera nennt sie sich zunächst, die ewig Reisende. Später wird sie ihre Romane und journalistischen Arbeiten mit dem Pseudonym Sir Galahad zeichnen, er ist von Lancelots Tafelrittern der einzige ohne Fehl. Je nach Finanzlage lebt sie als Dauergast in Luxushotels, Familienpensionen, Christlichen Hospizen. Geht zum Wintersport oder auf Expedition. Sie ist eine schlanke, immer elegante Erscheinung, und sie liebt die Haute Couture.
1914 bis 1919 schreibt sie an dem Roman Kegelschnitte Gottes, der 1920 erscheint, und prangert darin die unmögliche Situation der Frauen zu Anfang der Gründerzeit an. 1932 erscheint Mütter und Amazonen, es ist die erste weibliche Kulturgeschichte. Eine Frauenrechtlerin im engeren Sinne war Sir Galahad nicht, aber schreibend sehnte sie eine Besserstellung der Frau herbei. Gegen Ende ihres Lebens wäre sie gerne noch einmal sesshaft geworden, sie träumte von einer schönen alten Villa bei Rom. Aber am 20. Februar 1948 starb sie mitten in der Arbeit an einem neuen Buch kurz nach einer Operation in Genf
(Text von 1997)
Verfasserin: Susanne Gretter
Literatur & Quellen
Brinker-Gabler, Gisela, Karola Ludwig & Angela Wöffen. 1986. Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. München. dtv TB 3282.
Galahad, Sir [= Helen Diner]. 1932. Mütter und Amazonen: Ein Umriß weiblicher Reiche. München. Langen Müller.
Galahad, Sir [= Helen Diner]. 1981 [1975]. Mütter und Amazonen: Liebe und Macht im Frauenreich. Frankfurt/M., Berlin, Wien. Ullstein TB 34044.
Gretter, Susanne. Hg. 1994. Einblicke und Ausbrüche: Lebensskizzen berühmter Frauen. Frankfurt/M. Suhrkamp TB 2347.
Mulot-Déri, Sibylle. 1987. Sir Galahad: Porträt einer Verschollenen. Frankfurt/M. Fischer TB 5663.
Mulot, Sibylle. 1995. “Sir Galahad (1874-1948): Wahnsinnsliebe”, in: Duda, Sibylle & Luise F. Pusch. Hg. 1995. WahnsinnsFrauen. Zweiter Band. Frankfurt/M. suhrkamp TB 2493. S. 100-128.
Wagner, Renate. 1995. Heimat bist du großer Töchter: Weitere Portraits. Wien. Edition S. Verlag der Östr. Staatsdruckerei.
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