Fembio Specials FemBiografien von Adelheid Steinfeldt (1925-2014) Ottilie von Goethe
Fembio Special: FemBiografien von Adelheid Steinfeldt (1925-2014)
Ottilie von Goethe
(Ottilie Wilhelmine Ernestine Henriette von Goethe, geb. Freiin von Pogwisch)
geboren am 31. Oktober 1796 in Danzig
gestorben am 26. Oktober 1872 in Weimar
deutsche Literatin und Salonière; Schwiegertochter Goethes
150. Todestag am 26. Oktober 2022
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Ottilie und ihre Schwester Ulrike sind die Kinder einer alleinerziehenden Mutter. Die Eltern, beide aus altem Adel, hatten sich nach dem finanziellen Ruin getrennt. Die Mutter nahm 1811 eine Hofdamenstelle am Weimarer Hof mit zeitaufwendigem Dienst an. So fehlte es den Kindern an Nestwärme. Beide blieben empfindsam, oft kränkelnd. Besonders Ottilie sehnte sich zeitlebens nach Liebe, Geborgenheit, Sicherheit.
All dies glaubte sie in der Ehe mit August, Goethes einzigem Kind, zu finden. Aber sie fühlte sich dem Vater innerlich mehr verbunden als dem Sohn. Ottilie, perfekt in gesellschaftlichen Formen, glänzte als Repräsentantin im Hause am Frauenplan, und ihr Salon beherrschte das geistige Leben der Stadt. Sie wurde von den berühmten BesucherInnen bewundert, verehrt, geliebt. Aber sie konnte keinen Haushalt führen und nicht mit Geld umgehen. Auch die Erziehung der drei Kinder Walther, Wolfgang und Alma überließ sie gern ihrer Schwester Ulrike und dem Personal.
In der Ehe kriselte es bald, und als August 1830 starb, fühlte sich Ottilie wie befreit. Zunächst aber musste sie sich um den immer schwieriger und kränker werdenden “Vater” kümmern. Sie erfüllte diese Pflicht vorbildlich, aufopferungsvoll, bis zur Erschöpfung.
Bald nach Goethes Tod verlässt sie Weimar, das ihr zu eng geworden ist. Leipzig, Dresden, Italien und vor allem Wien sind Stationen ihrer Wanderschaft. Nicht immer hält sie sich an die Regeln, die ihr als Trägerin eines großen Namens auferlegt sind. 1835 bringt sie in Wien ein “Kind der Liebe” zur Welt, eine Tochter, die mit eineinhalb Jahren stirbt. Dies wird der Beginn ihrer lebenslangen Freund-schaft mit dem Arzt Romeo Seligmann. Auch ihre Freundinnen bewähren sich in dieser schwierigen Zeit: Sibylle Mertens-Schaaffhausen, die ständig mit Geld aushilft, Anna Jameson, die bekannte Schriftstellerin, und die Herzensfreundin Adele Schopenhauer.
In Wien stirbt auch ihre andere Tochter, Alma - ein Schlag, den Ottilie nie verwindet.
Ottilie sympathisiert mit den Ideen freiheitlich gesinnter junger KünsterInnen, die in ihrem Salon verkehren und zu den wichtigsten VertreterInnen des Vormärzes 1848 in Wien gehören.
Ihre beiden Söhne werden mit den überhöhten Ansprüchen an den Namen Goethe nicht fertig, bleiben unverheiratete Einzelgänger; sie ziehen mit der Mutter 1870 wieder nach Weimar, wo Ottilie am 26. Oktober 1872 kurz vor ihrem 76. Geburtstag stirbt.
(Text von 1995)
Verfasserin: Adelheid Steinfeldt
Zitate
“Ottilie zog noch ein wenig am Rhein herum bis nach Köln und kam dann ebenfalls zu uns; liebenswürdig, unerträglich, verrückt, geistreich - wie Sie’s kennen.” (Johanna Schopenhauer an Karl von Holtei vom 27.10.1832)
Literatur & Quellen
Deneke, Toni. 1954. Das Testament: Menschenschicksale um das Haus am Frauenplan. Weimar. Gustav Kiepenheuer.
Gersdorff, Dagmar von. 2008. Goethes Enkel: Walther, Wolfgang und Alma. Frankfurt, M.; Leipzig. Insel.
Janetzki, Ulrich. Hg. 1982. Goethes Schwiegertochter, Ottilie von Goethe: Ein Portrait. Frankfurt/M, Berlin, Wien. Ullstein.
Kühn, Paul. 1932. Die Frauen um Goethe. Graz, Wien, Leipzig, Berlin. Dt. Vereins-Druckerei. Verlag Das Bergland-Buch.
Rahmeyer, Ruth. 1988. Ottilie von Goethe: Das Leben einer ungewöhnlichen Frau. Stuttgart. Engelhorn.
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