Fembio Specials Heilige, Kirchenfrauen, Märtyrerinnen, Mystikerinnen, Wohltäterinnen Notburga von Rattenberg
Fembio Special: Heilige, Kirchenfrauen, Märtyrerinnen, Mystikerinnen, Wohltäterinnen
Notburga von Rattenberg
* 1265 in Rattenberg
+ (13. September?) 1313 in Rattenberg
einzige Heilige Tirols
710. Todestag vermutlich am 13. September 2023
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
In den Jahren 1999 und 2008 hat es die Tiroler Volksheilige Notburga, eine junge engagierte Dienstmagd, auf die österreichische 20-Groschen- bzw. 55-Cent-Briefmarke geschafft. Die Verehrung dieser beliebten Heiligen kann auf eine lange und reiche Tradition zurückblicken. Als Matronin der landwirtschaftlichen Arbeiterinnen und des Bauernstandes wird sie in vielen Nöten wie Krankheit bei Mensch und Tier sowie bei drohendem Unwetter angerufen.
Notburga wurde 1265 in Rattenberg in Tirol (damals gehörte dies zu Bayern) als Tochter einfacher Hutmacherleute geboren. Sie kam im Alter von etwa 18 Jahren auf das Schloss Rottenburg, wo sie als Küchenmagd arbeitete. Sie war tüchtig und fromm und wurde von ihrer Herrschaft Graf Heinrich I. und seiner Gemahlin sehr geschätzt. Sie verteilte Brot und Wein an die Armen und war wegen ihrer Mildtätigkeit überaus beliebt. Als Heinrich II. und die Gräfin Ottilia Herr und Herrin von Schloss Rottenburg wurden, verboten sie der Hausmagd und vorzüglichen Köchin die Betreuung der Armen und jagten sie aus dem Schloss. Notburga verließ mit Sack und Pack die Rottenburg und suchte das Rupertkirchl in Eben auf, das sie vom Schloss aus auf der anderen Seite des Inn oft im Blick gehabt hatte. Nachdem sie mit dem Bauern ausgehandelt hatte, an Feiertagen und Sonntagen keine Arbeit leisten zu müssen, nahm sie die Stelle als Magd beim »Spießenbauer« in Eben an, wo sie fünf Jahre blieb.
Während dieser fünf Jahre ereignete sich auf der stolzen Rottenburg viel Trauriges. Viele Burgeinwohner verließen das Schloss, die Schweine wurden von der Schweinepest heimgesucht, Otti-lias Halbbruder steckte die Burg in Brand, Ottilia erkrankte schwer und erwartete den Tod. Als Notburga davon erfuhr, eilte sie zur Rottenburg und bot der Gräfin Versöhnung an, die diese voller Freude annahm, bevor sie das Zeitliche segnete. Nach dem Tod Ottilias ging Notburga wieder zurück nach Eben. Nachdem Graf Heinrich wieder geheiratet hatte und eine begnadete und glückliche Ehe mit Margarethe von Hoheneck führte, bat er Notburga, wieder auf sein Schloss zurückzukehren. Erst als er ihr erlaubte, die Betreuung der Armen wieder aufzunehmen, nahm Notburga sein Angebot an. 18 Jahre lang diente sie als Köchin und Erzieherin der fünf Kinder Margarethes nun im Schloss und durfte ungehindert ihre Liebeswerke an den Armen ausführen. Eine Urkunde aus dem Jahre 1337 berichtet, dass sich die Rottenburger Grafen verpflichtet hatten, Arme zu versorgen, zuerst zumindest 300, später waren es sogar 500. Bevor Notburga starb, gelang es ihr, die beiden Grafenbrüder von Rottenburg zu versöhnen.
Die Heilige wird besonders in der Wallfahrtskirche St. Notburga in Eben am Achensee in Tirol verehrt. Am Hochaltar der spätbarocken Kirche befindet sich ein prächtiger Reliquienschrein, der das Skelett der Heiligen enthält; Notburga ist in kostbare goldbestickte Gewänder gehüllt und mit ihren Attributen ausgestattet: In der erhobenen rechten Hand hält die Heilige die Sichel, die linke Hand hält die mit Brot gefüllte Schürze, am linken Unterarm hängt die Kanne.
Die Bedeutung der Heiligen lässt sich daran ablesen, dass sie nicht nur auf Gemälden, Votivbildern und Stichen, als Statue auf Altären, als Glasmosaik an Kirchenfenstern, auf Opferstöcken, Kirchenglocken, Medaillons, auf Weihbrunnenkesseln und Wallfahrtsmünzen abgebildet wurde, sondern auch auf vielen alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Salzfässern, Ofenkacheln, Bauernkästen, seidenen Gebetsbucheinlegebildchen. Es gibt Schluck- und Hauchbildchen der Heiligen: kleine (2 mal 2,8 cm) hochrechteckige Abbildungen, die als religiöse Volksmedizin verwendet wurden und zur religiösen Hausapotheke gehörten. Durch das Verspeisen der Zettelchen bzw. deren Einhauchen sollte sich die Heilkraft der Hl. Notburga ganz besonders entfalten und leibhaftig übertragen. Kleine silberne Notburgasicheln wurden an Uhrketten und Rosenkränzen als Amulette getragen. Viele Lieder, Gebete und Litaneien bezeugen die enge Beziehung der Menschen zur Heiligen.
Laut Legende hat Notburga drei Wunder vollbracht, die auf unterschiedliche Aspekte der Heiligen hinweisen. Das erste ging als Hobelspanwunder in die Geschichte ein. Als Notburga nämlich den Armen Brot und Wein bringen wollte, begegnete ihr Graf Heinrich II. mit Pferd und Gefolge und stellte sie zur Rede. Er befahl ihr, die Schürze zu öffnen, um sie als Diebin zu entlarven, fand aber nur Hobelspäne darin. Notburga, die Sozialarbeiterin.
Das nächste Wunder ist wohl das bekannteste: das so genannte Sichelwunder, das von Notburga, der Gewerkschafterin erzählt. Als der Feierabend, der Notburga vertraglich zugesichert war, eines Tages gefährdet war, da alle auch nach dem Geläut die Erntearbeit fortsetzen mussten, hatte Notburga als einzige den Mut, ihr Werkzeug, die Sichel, aus der Hand zu legen. Als der Bauer stur verlangte, den Weizenschnitt fortzusetzen, bat Notburga Gott, ein Zeichen zu setzen. Und die Sichel, von Notburga in den Himmel gehoben, blieb in der Luft hängen.
Das dritte Wunder ereignete sich nach Notburgas Tod. Notburga, die Mystikerin. Ihrem Wunsch gemäß wurde ihr Sarg auf einen Wagen geladen, und Ochsen sollten ihn an den Ort ziehen, an dem sie laut Vorsehung bestattet werden sollte. Als der Wagen, von Rattenberg ausgehend, zum Inn kam, teilte sich der Fluss, und der ganze Trauerzug gelangte unversehrt zum anderen Ufer. Der Zug ging weiter nach Eben, wo die Ochsen vor dem Rupertkirchl zum Stehen kamen. Engel sollen den Sarg aus dem Wagen gehoben und vom Himmel her Blumen gestreut haben.
Das Rupertkirchl, eine Rast-Kapelle auf dem steilen Weg nach Eben, wurde nach Notburgas Tod erweitert; im 16. Jahrhundert ließ Kaiser Maximilian die Kirche neu bauen. 1735 wurden Notburgas sterbliche Überreste als Ganzkörperreliquie in die Kirche von Eben gebracht. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte die Wallfahrt mächtig ein. Es liegen Berichte vor, dass Wallfahrerinnen Erde vom Grab der Heiligen wegtrugen. Verehrerinnen hinterließen Votivtafeln, Adelige vermachten der Kirche Grund und Boden, stifteten Altargeräte und Priestergewänder. Naturalien wie Schmalz für das ewige Licht, aber auch Nahrungsmittel für Pfarrer und Pilgerinnen wurden von der bäuerlichen Bevölkerung großzügig gespendet.
Nicht nur in Tirol, sondern auch in der Steiermark, in Bayern, in Slowenien, Kroatien und Istrien gibt es mehrere Wallfahrtsstätten, zu denen Pilgerfahrten unternommen wurden. In Eben am Achensee und in Jagerberg in der Steiermark ist die Wallfahrt noch lebendig. In Weissling bei Kollbach in Bayern zeugen viele Votivtafeln von der Verehrung der Heiligen. In Südtirol gab es eine Notburgawallfahrt in der Nähe von Bozen, beim Badl oberhalb von Schloss Kampenn. Notburgaaltäre schmücken in St. Andrä und Bruneck, in Pfunders und Stilfes die Altäre der Kirchen. In Hörschwang bei Onach im Pustertal befindet sich ein der Heiligen geweihtes Wallfahrtskirchlein mit einer der ältesten Votivtafeln aus dem Jahr 1686.
Der Gedenktag der Hl. Notburga ist der 13. September, in manchen Regionen auch der 14. Im Jahre 1862 erfolgte Notburgas Heiligsprechung durch Papst Pius IX., der die Verehrung der Volksheiligen bestätigte. Seit 1862 wird jeweils am Sonntag nach dem 13. September das Hauptfest der Notburga in Eben begangen, zu dem zahlreiche Besucherinnen von nah und fern kommen.
Viele Autorinnen haben sich auf die Suche nach vorchristlichen Ursprüngen der Heiligen gemacht. Die Gegend um den fischreichen Achensee ist reich an Sagen, und an seinen Ufern soll ein Berchta-Heiligtum gewesen sein. Wegen des Sichelattributs könnte Notburga eine frühere Mondgöttin abgelöst haben. Ihr Bezug zu Äckern, Feldern, Korn und Brot erinnert an die Kornmütter, an die Fruchtbarkeitsgöttin Demeter und an die römische Ceres. Auch die Tödin kann in der Dienstmagd gesehen werden: Notburga, die Schnitterin, die mit der Sichel nach dem Beispiel der Athropos (griechische Moiren), der Morta (römische Parzen), der Skuld (germanische Nornen) den Lebensfaden abschneidet.
Wandererinnen finden auf dem St.-Notburga-Promenadenweg und auf dem Notburgasteig in der Umgebung von Eben eine schöne Gelegenheit für ein Zwiegespräch mit der Heiligen.
Verfasserin: Ingrid Windisch
Links
Notburga Museum | Pfarre Eben (Link aufrufen)
Dirschl, Josef: Die heilige Notburga von Rattenberg, Dienstmagd (13. September). Zugriff am 09.03.2012 (Link aufrufen)
Golser, Markus: Pfarr- und Wallfahrtskirche Sankt Notburga, Eben am Achensee (Link aufrufen)
Ökumenisches Heiligenlexikon: Notburg von Rattenberg (Link aufrufen)
Raff, Helene: Die heilige Notburga. Quelle: Tiroler Legenden, Helene Raff, Innsbruck 1924, S. 116ff. SAGEN.at. (Link aufrufen)
Linkprüfung und -korrektur durchgeführt am 04. September 2018 (AN)
Literatur & Quellen
Caramelle, Franz (1996): Sankt Notburga. Die Volksheilige aus Tirol in Geschichte, Kult und Kunst. Hall in Tirol. Berenkamp. ISBN 3-85093-044-0.
(Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Kutter, Erni (1997): Der Kult der drei Jungfrauen. Eine Kraftquelle weiblicher Spiritualität neu entdeckt. München. Kösel. ISBN 3-466-36481-7.
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Möde, Edwin (2001): Notburga. Mythos einer modernen Frau. Ausstellungskatalog. Reith i.A. Edition Tirol. ISBN 3-85361-063-3.
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Naupp, Thomas (2002): St.-Notburga-Kirche in Eben am Achensee. 1. Aufl. Salzburg. Verl. St. Peter. (Christliche Kunststätten Österreichs, 382)
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Notburga-Nuseum (Hg.): Vita S. Notburga, eine Lebensbeschreibung mit Ausschnitten des Notburga-Tafelbildes. Broschüre. Eben.
Penz, Ludwig (2000): St. Notburga. Mutige Magd auf der Rottenburg. Hall. Berenkamp. ISBN 3-85093-115-3.
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Pfaundler, Wolfgang (1962): Sankt Notburga. Eine Heilige aus Tirol. Wien. Herold.
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Wibmer-Pedit, Fanny (2001): Sankt Nothburg. Hall in Tirol. Berenkamp. ISBN 3-85093-139-0.
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Bildquellen
- Heidi Hintner
- stampwants-stamps.bidstart.com
- PhilaSeiten.de
- Wikimedia Commons
- Notburga Museum
- heiligenlegenden.de
- Ökumenisches Heiligenlexikon
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