Fembio Specials Exilantinnen (1933-1945) Lucie Mannheim
Fembio Special: Exilantinnen (1933-1945)
Lucie Mannheim
Gaumont British Picture Corporation
geboren am 30. April 1899 in Berlin
gestorben am 18. Juli 1976 in Braunlage/Harz
deutsch-englische Schauspielerin und Regisseurin
125. Geburtstag am 30. April 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Als Lucie Mannheim 1933 nach vielen Jahren als überaus erfolgreiche und beliebte Schauspielerin am Berliner Staatsschauspiel der Vertrag nicht verlängert wurde, da sie Jüdin war, brach für sie eine Welt zusammen. Seit 1918 war sie in Berlin vom Publikum und der Kritik gefeiert worden. Unter der Regie von Jürgen Fehling, mit dem sie lange Zeit eine intensive Liebesbeziehung verband, brilliert sie, beeinflusst von Stanislawski, in modernen Stücken wie „Die Wupper“ von Else Lasker-Schüler (1926), aber auch als Marie in Büchners „Woyzeck“ (1927) und als Ibsens „Nora“ (1930).
Aufgewachsen in einem assimilierten gutbürgerlichen jüdischen Elternhaus, hatte sie sich immer als Deutsche und dazugehörig gefühlt. Sie flüchtete in die Tschechoslowakei und emigrierte schließlich 1934 nach England.
Doch Lucie Mannheim gab nie auf. Sie schaffte es, trotz anderer Sprache und Kultur, schnell in London Fuß zu fassen. Schon 1935 gab ihr Hitchcock eine Rolle in seinem Spionagefilm „Die 39 Stufen“, was zu weiteren Filmrollen in England führte. Und ihr erster Londoner Bühnenauftritt in Bruno Franks leichter Komödie „Nina“ im selben Jahr wurde ein Sensationserfolg. Da sie ein festes Ensemble um sich haben wollte, gründete sie ihr eigenes Theater in London. Dort führte sie zum ersten Mal selbst erfolgreich Regie.
Obwohl Lucie Mannheim schließlich Engländerin wurde und 1941 ihren englischen Schauspielkollegen Marius Göring heiratete, fühlte sie sich in England nie völlig zu Hause: „Man kann nicht in Berlin geboren sein und mit der englischen Mentalität fertig werden, mit der unsichtbaren Mauer, die jedes Individuum dort um sich hat.“
Doch auch nach Deutschland konnte sie nicht zurückkehren. Gleich 1947 kam sie zwar zur Truppenbetreuung mit ihrem Mann ins zerstörte Deutschland zurück, spielte Theater auf Deutsch und auf Englisch und wurde vom Berliner Bürgermeister Reuter mit allen Ehren empfangen. Obwohl sie danach immer wieder in verschiedenen deutschen Theatern große Erfolge feiern sollte, so 1952 in der deutschen Erstaufführung von Tennessee Williams‘ „Tätowierter Rose“ in Berlin oder 1965 in „Die Ratten“ in Hamburg, wurde sie doch nie wieder im Berliner Staatstheater eingestellt. Sie sah deshalb die späten Ehrungen, die ihr zuteilwurden, wie den Titel der „Berliner Staatsschauspielerin“ (1963) und die Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes, mit einer gewissen Ironie.
Sie blieb eine Wanderin zwischen den Welten. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie in ihrem Landhaus in Hampton Court, in St. Moritz und im Harz, wo sie 1976 starb.
(Text von 1998)
Verfasserin: Gabriele Koch
Literatur & Quellen
Dick, Jutta & Marina Sassenberg. Hg. 1993. Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert: Lexikon zu Leben und Werk. Reinbek bei Hamburg. rororo Handbuch 6344.
Lehnhardt, Rolf. 1973. Die Lucie–Mannheim–Story: Geschichte eines Schauspielerlebens. Remagen–Rolandseck. Rommerskirchen.
Who Was Who in the Theater: 1912-1976. Gale Composite Biographical Dictionary Series No. 3. Detroit. Gale Research Co. 1978.
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