Fembio Specials Famous Lesbians Kate O’Brien
Fembio Special: Famous Lesbians
Kate O'Brien
Wikimedia Commons
geboren am 3. Dezember 1897 in Limerick, Irland
gestorben am 13. August 1974 in Faversham, England
irische Romanschriftstellerin und Dramatikerin
50. Todestag am 13. August 2024
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
“Kate O'Brien ist eine Pionierin. Sie ist die erste irische Schriftstellerin, die die katholische obere Mittelschicht umfassend und detailgetreu darstellt. Darüberhinaus ist sie die erste, ... die in der irischen Literatur Fragen der weiblichen Autonomie, Selbstdefinition und sexuellen Freiheit anspricht.”(Dalsimer, S. XI)
In den 1930er und 1940er Jahren war die Irin Kate O'Brien eine bekannte und erfolgreiche Schriftstellerin, deren Werke auch ins Deutsche übersetzt wurden. Schon ihr erstes Theaterstück Distinguished Villa (1926) lief erfolgreich in London, und für ihren ersten Roman, die irische Familiensaga Das Haus am Fluss (1931), erhielt sie zwei wichtige Literaturpreise und die Anerkennung des Publikums. Über 50.000 Exemplare wurden allein in den ersten Monaten verkauft. Ihr bekanntestes Werk, Jene Dame (1946), über den leidenschaftlichen Kampf von Ana de Mendoza, der Fürstin von Eboli, um ein eigenständiges Leben im intriganten Spanien Philipps II, lief am Broadway und wurde 1955 mit Olivia de Haviland in der Hauptrolle verfilmt.
Zu ihren Lebzeiten hatte Kate O'Brien dafür gesorgt, dass die Öffentlichkeit über ihr unruhiges Privatleben - mit Ausnahme ihrer Kindheit - nur wenig wusste. 1897 als siebtes von neun Kindern in Limerick in eine wohlhabende Familie der katholisch-irischen Bourgeoisie geboren, wurde sie nach dem frühen Tod der Mutter 1903 zusammen mit ihren älteren Schwestern von französischen Nonnen im Internat Kloster Laurel Hill in Limerick erzogen. Schon in ihrer Schulzeit hatte sie Gälisch gelernt und sich für den irischen Freiheitskampf interessiert.
Nach dem Englisch- und Französischstudium am University College Dublin begann ihr Wanderleben. Wie James Joyce, mit dem sie verglichen worden ist, verbrachte sie die meiste Zeit ihres Lebens im selbstgewählten Exil - vor allem in England, aber auch in den USA und Italien.
1922 unterrichtete sie ein Jahr lang als Hauslehrerin in Bilbao, Spanien, ein Land, das sie faszinierte und wohin sie immer wieder zurückkehren sollte. In ihrem politischen Reisebericht “Farewell Spain” von 1937 kritisiert sie Franco und stellt sich auf die Seite der Volksfront im Bürgerkrieg. Dies führte zu einem Einreiseverbot, das erst 20 Jahre später auf Intervention des irischen Botschafters aufgehoben wurde.
Zwischendurch zog es sie immer wieder nach Irland, wo sie zwischen 1950 und 1960 in Roundstone, in der Grafschaft Galway, ein Haus besaß. Mit Whiskeyglas in der Hand war sie dort für einen großen Freundeskreis, darunter viele KünstlerInnen, und ihre Familie eine großzügige Gastgeberin.
Was Kate O'Brien beschäftigt haben mag, ließ sich lange Zeit am ehesten aus ihren Werken ablesen. In vielen ihrer realistisch-psychologischen, elegant geschriebenen Romane setzt die Autorin sich erst nostalgisch, später immer kritischer mit der Lebensweise der wohlhabenden irisch-katholischen Bourgeoisie, mit dem irischen Nationalismus und mit der katholischen Religion auseinander. Immer wieder geht es auch um romantische Liebe, das Leben als Künstlerin, um Heimat und Exil.
Ihre Werke zeichnen sich besonders durch die einfühlsame Darstellung von Frauengestalten aus. O'Brien beschreibt den Kampf von Frauen zwischen Familientradition und Selbständigkeit, zwischen der Erfahrung intensiver sexueller Gefühle und katholischem Sündenbewusstsein.
Ihr Roman Der gläserne Turm (1941) wurde wegen Andeutungen homosexueller Liebe in Irland verboten, wie vorher schon Engelsgespräche (1936). Dies bedeutete für O'Brien nicht nur den Verlust von Einnahmen und Anerkennung in ihrem Heimatland, sie sorgte sich auch wegen ihrer streng katholischen Familie - zwei ihrer Tanten waren Nonnen.
In ihren beiden letzten Romanen, Blume im Mai (1953) und dem lesbischen Bildungsroman As Music and Splendour (1958) über zwei erfolgreiche irische Opernsängerinnen im Italien um 1890, stehen Liebesbeziehungen zwischen Frauen im Mittelpunkt.
Ihre späten Bücher verkauften sich nicht mehr so gut und es wurde stiller um die Autorin, die ihre letzten Jahre in schwierigen finanziellen Verhältnissen und gesundheitlich angeschlagen in England, in der Nähe von Canterbury verbrachte.
Erst einige Jahre nach ihrem Tod 1974 wurde die Autorin wieder entdeckt. Ihre Bücher wurden wieder aufgelegt - zu nennen sind besonders die mit einem ausführlichen Vorwort ausgestatteten Ausgaben des feministischen Verlages Virago, aber auch eine Taschenbuchausgabe von As Music and Splendour bei Penguin. Nachdem ihr Nachlass zugänglich gemacht wurde, erschien 2006 eine neue kritische Biographie von Eibhear Walshe mit vielen Details aus ihrem Privatleben und über ihre lesbischen Beziehungen. So lebte sie nach der kurzen, 1923 geschlossenen Ehe mit dem homosexuellen holländischen Journalisten Gustaaf Renier einige Jahre mit Margaret ‘Stephie’ Stephens zusammen. Auch Mary O'Neill, ihre lebenslange Freundin und die Verwalterin ihres literarischen Erbes, soll eine Geliebte gewesen sein.
Außerdem gab es eine rege akademische Aufarbeitung ihres Werks. Feministische Literaturwissenschaftlerinnen lasen ihre Romane neu und zeigten dabei sowohl ihre Bedeutung für die irische Literatur als auch für die Literatur von Frauen auf. In neueren Studien wird sie als queer gelesen.
Seit 1984 richtet ihre Heimatstadt Limerick jährlich ein Literaturfest zu Ehren von Kate O'Brien aus und zur Eröffnung des neuen irischen Literaturmuseums (MoLI) in Dublin wurde sie mit einer Sonderausstellung geehrt. Heute, 50 Jahre nach ihrem Tod, gilt sie als bedeutende irische Schriftstellerin des 20. Jahrhunderts.
(Text von 1996, erweitert und aktualisiert 2024)
Verfasserin: Gabriele Koch
Zitate
(Kate O'Brien) war eine der großen Schriftstellerinnen dieses Jahrhunderts. Ihre Romane erschlossen völlig neue Themen für die irische Literatur.
The Bloomsbury Guide to Women's Literature
Literatur & Quellen
Blain, Virginia, Patricia Clements & Isobel Grundy. 1990. The Feminist Companion to Literature in English: Women Writers from the Middle Ages to the Present. New Haven. Yale UP.
Buck, Claire. Hg. 1992. The Bloomsbury Guide to Women's Literature. New York etc. Prentice Hall.
Contemporary Authors: A Bio-Bibliographical guide to current authors and their works. Vol. 1-4, first revision. 1967. Detroit, MI. Gale Research Co.
Dalsimer, Adele M. 1990. Kate O'Brien: A Critical Study. Boston. Twayne.
O’Brien, Kathy Rose. 2020. “Kate O’Brien’s Irish Times columns from 50 years ago are still so relevant”. Irish Times. 24 Januar 2020. https://www.irishtimes.com/culture/books/kate-o-brien-s-irish-times-columns-from-50-years-ago-are-still-so-relevant-1.4150014. (27.7.2024)
Reynolds, Lorna. 1987. Kate O'Brien: A Literary Portrait. Irish Literary Studies. Gerrards Cross. Colin Smythe.
Reynolds, Lorna & Bridget Hourican. 2009. “O'Brien, Kate” in Dictionary of Irish Biography. https://doi.org/10.3318/dib.006479.v1. (17.7.2024).
Reynolds, Paige. 2018. “The banned Irish feminist writer who took on De Valera: Literary activist and writer Kate O’Brien tackled feminist and queer concerns”. Irish Times. 14.06.2018. https://www.irishtimes.com/culture/books/the-banned-irish-feminist-writer-who-took-on-de-valera-1.3529346 (17.07.2024).
Walshe, Eibhear. 2006. Kate O'Brien: A Writing Life. Dublin; Portland, OR. Irish Academic Press.
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