Fembio Specials Frauenbeziehungen Käthe Miethe
Fembio Special: Frauenbeziehungen
Käthe Miethe
(Geburtsname: Katharina Ella Ottilie Miethe)
geboren am 11. März 1893 in Rathenow
gestorben am 12. März 1961 in Ahrenshoop
deutsche Journalistin, Schriftstellerin und Übersetzerin
130. Geburtstag am 11. März 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
In den 1920er und 1930er Jahren war sie als Journalistin und Mädchenbuch-Autorin, nach dem Zweiten Weltkrieg, seit sie in Ahrenshoop lebte, als Autorin zeitgenössischer mecklenburgischer Heimatliteratur bekannt.
1899 zog die Familie von Braunschweig nach Berlin, als der Vater, der Chemiker und Physiker Adolf Miethe (1862-1927), dort als Professor einen Lehrstuhl für Photochemie und Spektralanalyse an der Technischen Hochschule in Charlottenburg erhielt. Er war maßgeblich an der Entwicklung der Farbfotografie beteiligt. Zur Familie gehörten weiterhin Mutter Marie geb. Müller (1866-1946) und die 1891 geborene Schwester Inge. Die Schriftstellerin Karoline Miethe (1834-1924) war die Großmutter Käthe Miethes.
Den Sommer 1901 verbrachte die Familie noch als Sommergäste in der Pension der Malerin Eva von Pannewitz in Althagen (Althagen ist seit 1950 ein Ortsteil von Ahrenshoop). Wie sich Käthe Miethe in ihrem späteren Buch Das Fischland erinnert: „Alles war so ganz anders als die Welt, die wir bisher kennengelernt hatten. Die Zeit in Ahrenshoop kam uns wie ein Märchen und wie ein einziges Fest vor, erfüllt vom Glanz des Ungewohnten.“ Im gleichen Jahr noch kaufte ihr Vater eine Büdnerei (bescheidenes ländliches Anwesen) in Althagen.
Nach dem Besuch der Höheren Mädchenschule von 1902 bis 1909 machte Käthe Miethe von 1910 bis 1914 eine Ausbildung als Bibliothekarin und arbeitete während der nächsten zwei Jahre in der Berliner Stadtbibliothek.
Während des Ersten Weltkriegs war sie für zehn Monate als Helferin beim Roten Kreuz in Belgien tätig, später als Lektorin der „Auslandshilfsstelle“ an der Kaiserlich Deutschen Gesellschaft in Den Haag.
Bereits 1916 kaufte ihr Vater ihr das Haus, das ihr eine Zuflucht sein und in dem sie ihre letzten Lebensjahre verbringen sollte. Wie sie sich in ihrer Geschichte meines kleinen Hauses (in: Unterm eigenen Dach) erinnert, hatte er zu der Zeit „den Glauben an Sieg und an eine sichere Zukunft aufgegeben.“ Für sie, die zu der Zeit in Belgien lebte, aber „lag es damals wie in einem mir fremd gewordenen, fernen Land“, und sie konstatierte: „Ich war zu jung. Junge Leute taugen nicht für ein altes Haus. Bei ihnen soll der Reisekoffer immer bereit im Zimmer stehen, weil sie die Welt in der Ferne suchen.“ Für die Ferienzeit zog sie sich aber nach dem Krieg durchaus dorthin zurück, und im Fischland entstanden bereits in den 1920er Jahren viele Feuilletons und Reportagen sowie Artikelserien.
Von November 1918 bis Juli 1919 arbeitete sie als Journalistin bei der konservativen Deutschen Allgemeinen Zeitung, danach schrieb sie bis 1933 für verschiedene Zeitungen (wie die Deutsche Allgemeine Zeitung, das Hamburger Fremdenblatt und die Danziger Zeitung) und Zeitschriften (beispielsweise die Literaturzeitschrift Die schöne Literatur, die Familienzeitschrift Beyers für alle sowie die national-liberale Zeitschrift Die Grenzboten).
Vom November 1922 bis Oktober 1924 lebte sie in Norwegen, wo sie auch als Vertreterin für Buchhaltungsmaschinen reiste. In vielen Beiträgen schrieb sie über das Land, das sie 1925 und 1929 nochmals bereiste. Wieder zurück in Berlin, arbeitete sie wieder für verschiedene Zeitungen, etablierte sich aber auch immer mehr als Autorin von Kinder- und Jugendbüchern. Ihr erstes Buch erschien 1923: Die Smaragde des Pharao. Eine Abenteuerfahrt vom Nil zum Roten Meer, inhaltlich sicher inspiriert von den Reisen ihres Vaters nach Ägypten, illustriert mit „Dreifarbenbildern nach photographischen Naturaufnahmen“ von ihm. Die „Dreifarbenphotographie“ war seine Erfindung, die ihn weltberühmt machte.
1927 wurde Käthe Miethe vom Kölner Schaffstein-Verlag gebeten, nebenamtlich das Lektorat für neue zeitgenössische Jugendbücher, vor allem für Mädchen, zu übernehmen. Für diesen Verlag verfasste sie auch zahlreiche Übersetzungen, meist aus dem Norwegischen, einige aber auch aus dem Niederländischen und Dänischen. Selber veröffentlichte sie jedoch weiterhin größtenteils im Weichert-Verlag in Berlin.
Käthe Miethe war Vorstandsmitglied im Bund deutscher Übersetzer, einer Fachgruppe des Schutzverbands deutscher Schriftsteller.
Ahrenshoop
Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gab Käthe Miethe ihre Berliner Winterwohnung auf und zog ganz in ihr Haus nach Althagen, das ihr bereits seit Kindertagen vertraut war. Auch ihre Mutter zog kurz danach während der Kriegsjahre dorthin, wo sie 1946 starb. Sie war bereits seit 1928 Besitzerin der Büdnerei ihres inzwischen verstorbenen Mannes.
Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte sich Käthe Miethe sehr in ihrer neuen Heimat. So wurde sie stellvertretende Bürgermeisterin, gehörte zum Schulausschuss, zur Baukommission sowie zum Kulturausschuss.
Auch schreibend wandte Käthe Miethe sich ihrer neuen Wahlheimat zu. Nach gescheiterten Plänen, auf dem Fischland Volkshochschulkurse einzurichten, bei denen sie Heimatkunde unterrichten sollte, entstand die Idee zu einem Fischlandbuch, das Käthe Miethe in Gedanken „eine kleine Heimatkunde“ nannte. Vorbilder für ihre vagen Vorstellungen, wie so ein Buch aussehen könnte, hatte sie keine. Aber wie sie in der Neuauflage ihres Fischlandbuches 1954 schreibt: „Ich wußte nur eins genau: ein Heimatbuch meines Fischlandes darf nicht trocken und langweilig sein, nicht gelehrt im üblichen Sinn und in dieser Weise belehrend, nicht aus Papieren zusammengetragen, sondern aus dem Leben geschöpft, weil es den Lebenden dienen soll.“ Dabei dachte sie vor allem an ihre NachbarInnen „voll von versinkender Erinnerung“ und erinnerte sich an die Anfänge: „Und ich sehe mich noch heute in geliehenen Knobelbechern, Filzschuhe unter dem Arm, um mich in die Häuser hineinzuwagen, Reste von altem Manuskriptpapier zum Notieren in der Tasche, tagaus, tagein, bei jedem Wetter und bei jedem Wind, diesen Wettlauf auszutragen.“ Sie war sich bewusst darüber, dass „Heimatforschung ein Wettlauf mit dem Tode ist, weil mit jedem alten Seemann und Bauern, mit jeder alten Mutter, die wir auf den Friedhof tragen, eine Fülle wertvoller Überlieferungen unwiederbringlich verloren ist.“
Ihr Buch Das Fischland erschien 1949 und wurde nicht nur in der dortigen Gegend wahrgenommen, sondern weltweit. Von überallher erreichten sie Briefe von Menschen, die es gelesen hatten und nach wie vor dort lebten oder von Nachkommen alter Fischlandfamilien, die weggezogen waren. Sie sah das Buch als eine Brücke von Ost nach West – Althagen gehörte inzwischen zur 1949 gegründeten DDR.
Es blieb nicht bei diesem einen Werk - es folgten weitere wie beispielsweise Bark Magdalene. Ein Fischländer Roman (1951), Die Flut. Bilder vom alten Ahrenshoop (1953) und Rauchfahnen am Horizont (1959), alle erschienen im Hinstorff-Verlag in Rostock.
Zur Feier des 110-jährigen Bestehens der Fischländer Seefahrtschule verfasste sie 1956 die Festschrift Auf großer Fahrt. Die Navigationsschule zu Wustrow auf Fischland.
Auf Anfrage ihres Verlags versuchte sich Käthe Miethe einmal im angesagten „Sozialistischen Realismus“ und schrieb eine Erzählung über die Entstehung einer Fischereigenossenschaft … und keine Möwe fliegt allein, die 1960 erschien, aber kein Erfolg wurde.
Einige ihrer früheren Kinder- und Jugendbücher wurden nach Kriegsende in der BRD wieder neu aufgelegt, wie beispielsweise Schifferkinder (EA 1937, Neuauflagen 1949 und 1954), aber auch ihr im Schaffstein-Verlag verlegtes Buch Die Kinder vom Lindenhof (EA 1944) sowie einige ihrer Übersetzungen erschienen dort noch bis in die 1950er Jahre.
Von denen, die sie gekannt haben, wird sie als unkonventionelle, herbe Frau mit tiefer Stimme beschrieben, die trinkfest war und gerne starke Getränke mochte.
Ihre Nachbarin Liselott von Bülow erinnerte sich aber auch an ihren köstlichen Humor, der vor der eigenen Person nicht halt machte. Der Autor Tilman Thiemig bemerkt in Ahrenshooper Todholz über die „wundervolle Schriftstellerin“: „die hatte es ja nicht so mit Männern“.
Und so sollte die Musiklehrerin Inge Lettow, die auch die Kantorin der Wustrower Kirche war, ihre Lebensgefährtin werden. Käthe Miethe sang in deren Kirchenchor mit, und die beiden Frauen teilten ihre Liebe zur Musik, vor allem der Johann Sebastian Bachs. Aber die Autorin spielte auch Klavier, Orgel und Akkordeon und veranstaltete bis zu ihrem Tode monatliche Hauskonzerte.
Käthe Miethe blieb freischaffende Schriftstellerin, arbeitete aber zeitweilig als Lektorin für den Carl-Hinstoff-Verlag, in dem sie ab 1949 auch ihre Bücher über das Fischland veröffentlichte. Sie war auch Herausgeberin mehrerer Heimatbücher und stand darüber mit NachwuchsschriftstellerInnen in Kontakt, war aber auch ansonsten offen für Kinder und Jugendliche - so gab sie einigen Nachhilfestunden in Englisch und Deutsch.
Käthe Miethe starb am 12. März 1961. Begraben ist sie zusammen mit ihrer Mutter auf dem Wustrower Friedhof.
Gedenken
Zu ihrem 75. Geburtstag gab es 1968 eine Käthe-Miethe-Gedenkausstellung im Heimatmuseum Ribnitz-Damgarten, die Einblick in Leben und Schaffen der Autorin gab. Im Informationsheft zur Ausstellung wird betont, dass sie einen „wesentlichen Anteil an der Entstehung einer neuen, sozialistischen Heimatliteratur im norddeutschen Raum hat“.
Die Bibliothek in Ahrenshoop wurde 2007 nach ihr benannt, dort gibt es ein ganzes Regal mit ihren Werken. Gegenüber von dem Haus, in dem sie lebte, geht heute der Käthe-Miethe-Weg ab. Im März – am 11. zu ihrem Geburtstag in Wustrow und am 12. zu ihrem Todestag in Ahrenshoop – finden jährlich die Käthe-Miethe-Tage statt. Da es 2021 pandemiebedingt nicht möglich war, diese vor Ort zu feiern, arbeiteten die beiden Kurverwaltungen an einem Dokumentarfilm, der von Cindy Wohlrab und Solveig-Ulrika Crohn realisiert wurde. Dieser nimmt Käthe Miethes Leben und Werk genauer unter die Lupe und rückte Käthe Miethe zumindest online ins Rampenlicht. 2023 können die 13. Käthe-Miethe-Tage wieder live stattfinden.
Unter dem Motto „Fischland literarisch – gestern und heute“ trifft sich seit 2015 der monatliche Käthe-Miethe-Stammtisch in Ahrenshoop.
Film: Auf den Spuren Käthe Miethes – Ein Portrait der bekanntesten Schriftstellerin des Fischlandes/Darß
Verfasserin: Doris Hermanns
Zitate
„Heimat ist nicht dort, wo wir zufällig geboren und groß geworden sind; Heimat ist dort, wo wir aus eigener Kraft und mit dem ganzen Einsatz unserer Gaben des Herzens und des Geistes Wurzeln zu schlagen vermögen. Heimat ist dort, wo wir selbst mittätig an der Entwicklung der Umwelt geworden sind.“ Käthe Miethe
„Käthe Miethe war ein echtes Kind der norddeutschen Heimat, zurückhaltend, abwartend und prüfend bei erster Begegnung, von echter Herzensgüte bei weiterem Kennenlernen. Aber sie war ebenso ein echtes Kind ihrer geliebten Stadt Berlin. (…) Doch hinter ihrer Rauheit verschanzte sich ein scheues, leicht verletzbares Fühlen.“ (Lieselott von Bülow)
Literatur & Quellen
Käthe Miethe in der Deutschen Nationalbibliothek
Altner, Manfred: Käthe Miethe. In: Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon - Autoren, Illustratoren, Verlage, Begriffe. 2009
Bülow, Liselott von: Käthe Miethe zum Gedächtnis. In: Käthe Miethe: Unter eigenem Dach, a. a. O., S. 65-70
Bülow, Ulrich von: Käthe Miethe. In: Ulrich von Bülow und Hellmut Seemann (Hg.): Zeitschrift für Ideengeschichte. Heft XII/2 Sommer 2018, S. 19
Crohn, Cornelia: Nachwort. In: Käthe Miethe: Unter eigenem Dach, a. a. O., S. 71-77
Miethe, Käthe: Das Fischland: ein Heimatbuch. Rostock, Hinstorff, 1995 (EA 1949)
Miethe, Käthe: Unter eigenem Dach. Zwei Erzählungen vom Fischland. Fischerhude, Verlag Atelier im Bauernhaus, edition fischerhuder kunstbuch, 2018, erweiterte Neuauflage
N.N.: In memoriam Käthe Miethe. In: Informationsheft zur Gedenkausstellung zum 75. Geburtstag der Schriftstellerin Käthe Miethe. Ribnitzer Museum 1968
Seibt, Helmut (Hg.): Der Geheimrat Adolf Miethe mit seiner Familie in der Sommerfrische 1901 bis 1927. Unser Haus in Altenhagen. Briefe, Texte und Fotografien. Fischerhude, Verlag Atelier im Bauernhaus, edition fischerhuder kunstbuch, 2015
Soden, Kristine von: Ahrenshoop höchstpersönlich. Berlin, Transit, 2020
Soden, Kristine von: Ahrenshoop. Balancieren auf der Meerschaumlinie. Berlin, Transit, 2015, 3. überarbeitete und aktualisierte Auflage 2021
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