Fembio Specials Europäische Jüdinnen Judith Herzberg
Fembio Special: Europäische Jüdinnen
Judith Herzberg
(Judith Frieda Lina Herzberg)
geboren am 4. November 1934 in Amsterdam
niederländische Lyrikerin, Schriftstellerin und Dramatikerin
90. Geburtstag am 4. November 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Judith Herzberg, die auch unter den Pseudonymen Christine de Hondt, Eva de Vries und Marta de Vries veröffentlichte, wurde am 4. November 1934 in Amsterdam als Tochter des Schriftstellers und Rechtsanwalts Abel Jacob Herzberg und seiner Frau Thea Loeb-Herzberg geboren. Während der Nazizeit lebten Herzberg und ihre beiden Geschwister getrennt voneinander in wechselnden nichtjüdischen Familien auf dem Land; die Eltern wurden 1943 ins Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert und von dort im April 1945 mit einem Todestransport nach Theresienstadt geschickt. Der Zug wurde von der Roten Armee abgefangen, und die Familie konnte im Juni 1945 wieder vereint werden.
Herzberg gilt als eine der besten Lyrikerinnen und Theaterautorinnen der Niederlande. Ihr erstes Gedicht erschien 1961 in der Zeitschrift Vrij Nederland, 1963 veröffentlichte sie einen Lyrikband mit dem Titel »Zeepost«. Es folgten vier weitere; 1972 erschien das erste Theaterstück (»De deur stond open«). 1979 etablierte sie sich mit »Een vrouw als Eva« auch als Drehbuchautorin. Auch wenn einige ihrer Theaterstücke schon auf deutschsprachigen Bühnen aufgeführt wurden, ist sie hierzulande als Dramatikerin fast unbekannt und hat sich am ehesten als Lyrikerin einen Namen gemacht. Die Sprache ihrer Gedichte sei »ohne Rhetorik, ohne Eloquenz, ohne präzeptorischen Aufwand« (Die Tageszeitung). Zum Inhalt sagt Herzberg selbst: »Meine Gedichte entstehen aus dem Versuch, auf zwei Dinge, die auf den ersten Blick keine Verbindung zu haben scheinen, doch einen Reim zu finden.« (NRC Handelsblad).
In Herzbergs Werk vereinen sich Abgründe und Untiefen, Beziehungskomödie und Menschheitsdrama. Der Holocaust ist Thema einiger ihrer Arbeiten, zum Beispiel in dem Drehbuch zu dem Film »Charlotte S.« über das Leben der jüdischen Malerin Charlotte Salomon, der 1981 den Bayerischen Filmpreis bekam, und in dem Theaterstück »Leedvermaak« (Leahs Hochzeit) über das Schicksal derer, die den Holocaust überlebt haben. Weitere Motive sind Dreiecksbeziehungen, schuldbeladene Familienschicksale und die Rolle der Frau als Geliebte oder Liebhaberin, Braut oder Witwe.
Herzberg hat Euripides und Strindberg ins Niederländische übersetzt und weiß um die Schwierigkeit, richtig zu verstehen und verstanden zu werden. Gerade deshalb gilt sie als schwierige Interviewpartnerin; sie will unbedingt Klischees vermeiden, sich ganz präzise ausdrücken. In ihrem Bestreben, nicht falsch verstanden zu werden, schweigt sie lieber, weicht aus, stellt Gegenfragen. Bei einer filmischen Dokumentation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft VPRO sollte es um die Person hinter dem Werk gehen. Herzberg stimmte den Dreharbeiten zu, stellte dann aber fest, daß sie eigentlich gar nicht selbst gesehen werden möchte: Sie will durch das wirken, was sie sieht und erzählt.
Judith Herzberg hat bereits eine ganze Reihe von renommierten Preisen und Auszeichnungen erhalten, darunter die niederländischen Preise Constantijn Huygensprijs (1994) und P.C. Hooftprijs (1997), jeweils für ihr Lebenswerk. Herzberg ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie lebte mehrere Jahre abwechselnd in Israel und den Niederlanden und ist jetzt in Amsterdam zuhause.
Verfasserin: Andrea C. Busch
Literatur & Quellen
Abrahams, Frits. 1997. Praten tegen meerdere mensen tegelijk. NRC Handelsblad. Digitale Editie. 25.6.1997.
Becker, Peter von. 1995. Das Schwerste so leicht. DIE ZEIT, Ausgabe 50/1995.
Munzinger Archiv GmbH. 2004., Judith Herzberg.
Rijghard, Ron. 2007. Liever drie eendjes dan één. NRC Handelsblad. Digitale Editie. 01.10.2007
Sartorius, Joachim. 1991. Judith Herzberg. Die Tageszeitung. 5.6.1991.
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