Fembio Specials Exilantinnen (1933-1945) Jenny Aloni
Fembio Special: Exilantinnen (1933-1945)
Jenny Aloni
(geb. Rosenbaum)
geboren am 7. September 1917 in Paderborn
gestorben am 30. September 1993 in Ganei Yehuda (Israel)
deutsch-israelische Schriftstellerin
30. Todestag am 30. September 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Das biografisch geprägte Werk von Jenny Aloni - Gedichte, Romane, Erzählungen und Tagebücher - spiegelt ihr Erleben in drei Heimaten, mit denen sie sich als Jüdin überwiegend leidvoll auseinandersetzen musste: Deutschland, Palästina und Israel. Sie war 15, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, die später fast ihre gesamte Familie ermordeten. Sie wählte als Rettung für sich den Zionismus, für den sie sich bereits als Jugendliche tatkräftig engagierte. So gelang es ihr noch Ende 1939 nach Palästina zu entkommen. Doch auch dort bestimmten zunächst der Weltkrieg, dann die Unabhängigkeitskriege und weitere Kämpfe den Alltag. Jenny Aloni kümmerte sich angesichts dieser Schrecken um die Opfer, die vernachlässigten Kinder und Jugendlichen wie auch die psychisch kranken Soldaten und Zivilisten.
Die Themen Verlust, Fremdheit, Verlorenheit, Verletztheit und Annäherung an das Fremde durchziehen ihr Werk. Im Schreiben fand sie eine Möglichkeit, auch ihre quälenden Erinnerungen, Ängste und Zweifel zu bewältigen. Jenny Aloni blieb eine überzeugte Zionistin, aber sie zeigte neben den Chancen, die Israel den Juden und Jüdinnen bot, auch die Probleme des Zusammenlebens von Menschen verschiedenster Herkunft, Kultur und Religion auf. Trotz allem Leid blieb Deutsch ihre literarische Sprache, auch besuchte sie nach dem Krieg immer wieder das Land ihrer Kindheit, dessen Menschen sie zunächst tief verstörten. Aber gerade in Deutschland fand sie früh Fürsprecher, Veröffentlichungsmöglichkeiten, Anerkennung und später auch Ehrungen. Sie gilt als profilierteste deutschsprachige Autorin Israels ihrer Generation.
Nur noch ein ihr gewidmeter Gedenkstein im Paderquellgebiet erinnert seit 1999 an die Stelle, wo Jenny Alonis Geburtshaus bis zur Zerstörung bei einem Bombenangriff 1945 stand. Hier im Zentrum von Paderborn wuchs sie als jüngste von drei Töchtern des wohlhabenden und angesehenen Fell- und Altmetallhändlers Moritz Rosenbaum und seiner Frau Henriette auf. Die gut assimilierte Familie lebte seit Generationen in Paderborn, der Vater arbeitete zusammen mit seinem Bruder Sally im stattlichen, mit Fachwerkgiebeln verzierten Wohn- und Geschäftshaus. Jenny besuchte bis 1935 die katholische Klosterschule Oberlyzeum St. Michaels. Die Deutsch- und Kunstlehrerin Margarete Zander erkannte früh ihre besondere Begabung, sie förderte ihre Schreibversuche und ihr politisches Interesse. Die Lehrerin brachte ihr auch Theodor Herzls Ideale des Zionismus und Martin Bubers jüdische Religionsphilosophie nahe - dem Widerstand ihrer Vorgesetzten zum Trotz. Nach dem Krieg befreundeten sich Lehrerin und Schülerin und blieben ihr Leben lang brieflich und auch bei Deutschlandbesuchen persönlich in Kontakt.
Mit 17 Jahren zog Jenny Rosenbaum die Konsequenz aus der immer bedrohlicher werdenden antisemitischen Gewalt und brach ihre Schulausbildung ab. Die Schulleiterin bescheinigte ihr eine „sehr große, manchmal direkt ins Künstlerische gesteigerte ‚Gestaltungskraft’“. Gegen den Willen ihrer weniger klarsichtigen Eltern entschloss sich Jenny zur Auswanderung nach Palästina. Schon früher hatte sie sich dem jüdischen Pfadfinderbund „Brit Hasofim“ angeschlossen, wo viel über den Zionismus diskutiert wurde und sie jüdische Organisationen kennenlernte.
Zur systematischen Vorbereitung auf ihre Auswanderung lebte Jenny nach ihrem Schulabbruch über ein Jahr lang auf dem Hachschara-Gut Winkel bei Spreehagen in der Nähe von Berlin. Diese Einrichtung der jüdischen Jugendbewegung zur Besiedlung Palästinas („Alija“) setzte bereits seit den Zwanzigerjahren Herzls Visionen des Zionismus in den Erwerb praktischer Fähigkeiten um. Wie es später in den Kibbuzim in Israel praktiziert wurde, lernten und diskutierten die jungen Menschen im Kollektiv gärtnerische, land- und hauswirtschaftliche sowie handwerkliche Fertigkeiten – dazu modernes Hebräisch wie auch die Grundlagen der jüdischen Identität. Den Eltern zuliebe besuchte Jenny in Berlin doch noch das Oberlyzeum der Israelitischen Synagogengemeinde Adaß Jisroel, wo sie im Februar 1939 ihr Abitur bestand. Zugleich entfernte sie sich weiter von der jüdischen Religion, engagierte sich im Jugendbund „Habonim“ für den Sozialismus und lernte auch Arabisch.
Am 9. November 1938 hatte sie in Berlin mit Entsetzen die Pogrome gegen Juden erlebt und war zu ihren Eltern nach Paderborn geeilt. Sie fand das Haus geplündert vor und erfuhr, dass Vater, Onkel und Cousin nach Buchenwald deportiert worden waren. Die drei wurden zwar bald darauf entlassen, mussten aber ihr Geschäft aufgeben und das Haus mit Grundstück verkaufen. Ausgerechnet die Stadtbibliothek und das Standesamt zogen dort ein. Im Juli 1942, als Jenny längst nach Palästina entkommen war, deportierten die Nazis ihre Familie nach Theresienstadt. Im Zuge der Shoah ermordeten sie die Eltern, die Schwester Irma, eine Tante und einen Cousin der Rosenbaums. Nur ihr Onkel Sally überlebte. Jennys Elternhaus wurde 1945 bei einem Luftangriff zerstört, später legte die Stadt dort einen Quellteich im Park an.
Nach dem Abitur durfte Jenny Rosenbaum trotz eines Stipendiums noch nicht in Palästina einreisen. Stattdessen arbeitete sie nun als Betreuerin für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche sowie als Lehrerin für Hebräisch und Palästina-Kunde in einem weiteren Hachschara-Lager, Schniebinchen in der Niederlausitz. Eine „glückliche Insel“ fern der Nazi-Diktatur, so empfand sie diese Zuflucht, die mit dem Überfall auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges abrupt endete. Über ihre Erfahrungen hier verfasste sie einen Bericht für die „Jüdische Jugendhilfe“ – ihre erste Veröffentlichung.
Erst Ende November 1939 gelang es Jenny Rosenbaum, Deutschland als Begleiterin einer Gruppe jüdischer Kinder und Jugendlicher offiziell zu verlassen. Über Triest gelangte sie mit der „Galilea“ am 5. Dezember nach Palästina. Doch der Anfang ihres ersehnten neuen Lebens in „Erez Israel“ gestaltete sich schwerer als gedacht: Sie konnte zwar mit ihrem kleinen Stipendium an der Hebräischen Universität in Jerusalem mit dem Ziel Lehramt studieren, musste sich aber mit diversen Hilfsjobs Geld dazu verdienen. Teilweise wurde sie dabei schlecht behandelt, dazu kamen gesundheitliche Probleme. Zornig engagierte sie sich in der studentischen Sektion der zionistisch-sozialistischen Arbeitnehmerorganisation „Histadruth“. Und sie betreute trotz alledem nun ehrenamtlich vernachlässigte jüdische Kinder und Jugendliche. Doch sie kämpfte auch mit Zweifeln, Fremdheitsgefühlen, Einsamkeit und ihrer Verlusterfahrung. All diese Gefühle und Gedanken hielt sie in ihrem Tagebuch fest und verarbeitete sie in ihren Gedichten.
Im Sommer 1940 erreichte der Zweite Weltkrieg auch Palästina, das noch unter britischer Mandatsverwaltung stand. Die Italiener bombardierten Tel Aviv und Haifa, zugleich versuchten die Briten, die jüdische Immigration zu stoppen. Angesichts dieser Dramen gab Jenny Rosenbaum ihren Pazifismus auf und entschloss sich, ihren Anteil zur Verteidigung der neuen Heimat zu leisten: Sie ließ sich einbürgern und wurde zwei Jahre später Soldatin im britischen Auxiliary Territorial Service. Als ATS-Krankenpflegerin diente sie im Lazarett von Sarafand südlich von Haifa und kümmerte sich um körperlich wie seelisch verletzte Soldaten. Erst bei Kriegsende erfuhr Jenny Rosenbaum von der Ermordung ihrer Familie – und empfand neben dem Schmerz auch heftige Schuld, allein überlebt zu haben.
Ein Jahr nach dem Krieg verließ Jenny Rosenbaum das Militär, um sich zur Sozialarbeiterin ausbilden zu lassen. 1947 reiste sie mit einer Delegation der „Jewish Agency for Palestine“ nach Paris und später nach München, um jüdischen „Displaced Persons“, Überlebenden der Shoah, bei ihrer Auswanderung nach Palästina zu helfen. Ihr Besuch im KZ Dachau führte zu ihrem physischen und psychischen Zusammenbruch.
Zurück in Israel heiratete Jenny Rosenbaum noch vor der Staatsgründung Esra Aloni, dem sie bereits während ihrer Kindheit in Paderborn begegnet war, als er noch Erich Eichengrün hieß. Aloni war bereits 1934 mit Eltern und Großeltern aus dem Sauerland nach Palästina eingewandert. Jenny und Esra führten offenbar eine glückliche Ehe, in der die Ruhelose endlich Geborgenheit und Zuversicht fand. 1950 kam ihre Tochter Ruth zur Welt. Von 1957 bis zu Jennys Tod 1993 lebte die Familie in einem kleinen eigenen Haus in dem „Moshav“ Ganei Yehuda, einer landwirtschaftlichen Kooperative bei Tel Aviv. Jenny Aloni arbeitete zunächst als Sozialarbeiterin in der Jugendfürsorge, musste ihren Beruf aber aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Trotzdem war sie danach noch 18 Jahre ehrenamtlich in der nahen Psychiatrischen Klinik in Be’er Ya’akov tätig – wo sie mit den seelischen Verwüstungen von Shoah-Gezeichneten konfrontiert war und sie zu lindern versuchte.
Erst im Frühjahr 1955 besuchte Jenny Aloni wieder ihre Heimatstadt Paderborn. Bei den meisten Begegnungen blieb sie noch misstrauisch, zu sehr quälte sie die Frage nach der persönlichen Verantwortung der Deutschen. Als vertrauenswürdigen Menschen erlebte sie nur ihre Lehrerin Margarete Zander. Doch allmählich verlor sie hier bei allem Leid am Verlust der Familie ihr Schuldgefühl als Überlebende.
Leichteren Herzens unternahm sie 1959 mit Mann und Tochter eine viermonatige Europareise per Campingbus, die sie unter anderem nach Frankreich, Italien, Österreich und Großbritannien führte. In Köln traf sie sich mit Heinrich Böll, der von ihren Kurzgeschichten beeindruckt war; daraus ergab sich ein langer freundschaftlicher Briefwechsel.
Zeit ihres Lebens empfand Jenny Aloni das Schreiben als innere Notwendigkeit, die bei allen Mühen auch die Gedanken entlastet und befreit. In einer Gewerkschaftszeitung erschienen Ende der Vierzigerjahre erstmals Gedichte von ihr in hebräischer Sprache. Dank der Vermittlung ihrer ehemaligen Lehrerin veröffentlichte sie seit 1955 auch Arbeiten in deutschen Literaturzeitschriften und Zeitungen wie der FAZ. 1956 erschien ein erster Band mit deutschsprachigen Gedichten. Aloni erzählte auch von ihren Kinder- und Jugenderfahrungen vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus wie von der Verdrängung der Schuld im Nachkriegsdeutschland. In der Erzählung „Die Synagoge und der Dom“ aus dem Jahr 1954 wird die Atmosphäre der Ausgrenzung und der Bedrohung kurz nach der Machtübernahme lebendig, sie endet mit einem Fackelzug der Nazis, die, „Juda verrecke“ grölen.
Während der Sechzigerjahre fanden ihre Werke viel Aufmerksamkeit. In ihrem 1961 erschienenen ersten Roman „Zypressen zerbrechen nicht“ schildert sie authentisch die Erfahrungen einer jungen Jüdin, die 1939 nach Palästina kommt und mühsam versucht, dort heimisch zu werden. Der ebenfalls nach Israel emigrierte Kafka-Freund Max Brod lobte diesen Roman, andere Israelis warfen ihr „mangelnden Patriotismus“ vor, da sie sich der Verklärung der Gründerjahre zu entziehen versuchte. In dem Roman „Der blühende Busch“ erzählte sie 1964 von den Menschen, die aus allen Teilen der Welt nach Israel gekommen waren, um endlich würdig leben zu können. Doch sie erleben Unverständnis bei den Pionieren, die das Land einst unter harten Bedingungen urbar machten, und auch bei den „Sabres“, den jungen Leuten, die hier bereits geboren wurden. Aloni war eine der wenigen Israelis, die auch über die gescheiterte Integration mancher Einwanderer und über die Problematik der Auseinandersetzungen von Juden und Palästinensern geschrieben hat. In ihrem dritten Roman „Der Wartesaal“ verdichtete sie 1969 auch ihre Erfahrungen mit schwer traumatisierten Holocaust-Überlebenden in der Psychiatrischen Klinik.
Ihre Heimatstadt Paderborn hatte sich bereits 1964 im Zuge der ersten „Jüdischen Kulturtage“ der verjagten Mitbürgerin erinnert und stellte sie in einem Begleitheft als bedeutende Schriftstellerin vor. Drei Jahre später ehrte die Stadt sie mit ihrem im Rathaus feierlich verliehenen Kulturpreis. Die Laudatio hielt der Literaturwissenschaftler Friedrich Kienecker, der später zusammen mit Hartmut Steinecke ihre gesammelten Werke herausgeben sollte. Jenny Aloni bedankte sich mit einer Erinnerung an die schmerzlichen und bitteren Gefühle, die sie mit Paderborn verbanden, fand zum Abschluss aber auch versöhnliche Worte.
In den Siebzigerjahren zog sich Jenny Aloni weiter ins Private zurück, zumal ihre gesundheitlichen Probleme zunahmen. Sie verbrachte eine glückliche Zeit mit ihren drei Enkeln. Sie reiste aber auch weiterhin nach Europa, wo sie das veränderte intellektuelle Klima schätzte und sich sehr über das Interesse an ihrer Person und ihrem Werk freute. 1989 besuchte sie ein letztes Mal Paderborn, zusammen mit 86 ehemaligen jüdischen Bürgerînnen, die auf Einladung der „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“ zu einem zehntägigen Treffen aus aller Welt zusammenkamen.
Auf den Kulturpreis folgten weitere Ehrungen: 1991 bekam Jenny Aloni den Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und zusätzlich den Meersburger Droste-Preis für „Schriftstellerinnen jenseits des Mainstreams“. Jenny Aloni starb am 30. September 1993 im Alter von 76 Jahren in Ganei Yehuda.
Erst mit der Initiative der Universität Paderborn, Jenny Alonis Gesamtwerk herauszugeben, wurde sie auch breiteren Kreisen bekannt, und die Literaturkritik im In- und Ausland würdigte ihren literarischen Rang. Zu ihrem 70. Geburtstag, den die Stadt mit einem Empfang im Rathaus feierte, veröffentlichen Kienecker und sein jüngerer Kollege Hartmut Steinecke 1987 zunächst einen Auswahlband ihrer Werke. 1990 bis 1997 folgte die zehnbändige Werkausgabe. Dazu gründeten die beiden Literaturwissenschaftler 1992 das Jenny-Aloni-Archiv, dem ihr Mann Esra 1996 den gesamten Nachlass schenkte. Neben anderen Quellen umfasst das Archiv 1.200 Werke und Werkmanuskripte sowie 650 Briefe.
Später erschienen auch ihre ,,Tagebücher 1935-1993” und ihr Briefwechsel mit Heinrich Böll. Zum 100. Geburtstag stellte Hartmut Steinecke eine Biografie zu ihrem Leben und Werk zusammen, die Universität zeigte die Ausstellung „Jenny Aloni. Deutschland – Palästina – Israel“. Ausgehend von Alonis zentraler Metapher des Hauses - dem zerstörten Elternhaus und dem neuen Haus in der Fremde - ist ein „Jenny-Aloni-Haus“ als Gästehaus der Universität bestimmt worden und stellt eine geistige Heimat für ihr Werk dar. Noch präsenter in Paderborn ist sie seit 2003 mit einem Jenny-Aloni-Weg im Paderquellgebiet. Im März 2021 hingen - anstelle der wegen Corona ausgefallenen „Paderborner Kulturtage“ – zum Themenjahr “Jüdisches Leben in Westfalen-Lippe“ eine Reihe von Plakaten mit Zitaten von Jenny Aloni im öffentlichen Raum.
(Text von 2021)
Verfasserin: Heidi Wiese
Zitate
„Wo ist eigentlich Dein selbstverständliches Stellungnehmen gegen Unrecht?“ Jenny Aloni als Schülerin, zitiert 2006 von einer Schulfreundin.
„Nein, nicht, weil es nicht anders geht will ich verändern helfen, weil es anders sein soll tue ich es.“ 16.11.1937
„Um zu erleben, was Geschichte ist, muss man Jude sein.“ 8.11.1938
„Ich leide an Erez Israel, wie ich früher an Deutschland gelitten habe. Hier wie dort bin ich fremd. Fast will es mir scheinen, als sei diese gegenwärtige Fremdheit schwerer zu zerbrechen, denn sie wurzelt tiefer in der Sprache, im Verhältnis zu den Menschen und nicht zuletzt darin, dass das Land mir eigentlich mit seinem Leben näherstehen sollte.“ Ende 1939
„Erez Jisrael hat mir ein wertvolles Geschenk vermacht: ein selbstverständliches, fragloses Judesein.“ 24.7.1942
„Mit der Vernichtung der Synagoge beginnen sie, enden werden sie mit der Zerstörung des Domes.“ Erzählung „Die Synagoge und der Dom“, 1954
„Zum ersten Mal in meinem Leben arbeite ich wirklich, um zu schreiben. Täglich sitze ich und schreibe.“ 21.12.1959
„Ich schäme mich, hören Sie, ich schäme mich ihrer Taten. Ich schäme mich, ein Mensch zu sein, wenn Menschen fähig sind, solches zu tun. Ich schäme mich und fürchte mich. Ich fürchte mich, auf dem Grunde meines Wesens, in meinen Kindern oder in denen, die ich jetzt Freunde nenne, könnten Samen ähnlicher Taten ruhen, wie Sie, den ich früher einmal Freund nannte, sie vollbracht haben.“ Aus der Erzählung „Begegnung“ 1960
„Der Mensch ist aus Gegensätzen zusammengesetzt, die nur scheinbar miteinander unvereinbar sind. Es kann jemand in einem Schlachthaus täglich Kühe schlachten und Tiere lieben.“ Tagebücher 23.10.186
„Sie sagte stolz ihr nicht: ‚Ich überlebte.‘ / Es war kein Stolz in ihr. Zu viele starben. / Sie sprach ihr nicht vom Leid vergangener Zeiten …“ Aus: Jenny Aloni: Gedichte, Paderborn, Schöningh, 1995
Literatur & Quellen
Einzelne Werke
Gedichte. Henn, Ratingen bei Düsseldorf, 1956
Zypressen zerbrechen nicht. Roman. Eckart, Witten/Berlin 1961
Jenseits der Wüste. Erzählungen. Eckart, Witten/Berlin 1963
Der blühende Busch. Wege nach Hause. Roman. Eckart, Witten/Berlin 1964
Die silbernen Vögel. Erzählungen. Starczweski, München 1967
Der Wartesaal. Roman. Herder, Freiburg i. Br., Basel/Wien 1969
In den schmalen Stunden der Nacht. Gedichte. Eigenverlag, Ganei Yehuda 1980
Die braunen Pakete. Erzählungen. Eigenverlag, Ganei Yehuda 1983
Sammlungen
Ausgewählte Werke. 1939-1986. Herausgegeben von Friedrich Kienecker und Hartmut Steinecke. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1987
Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Herausgegeben von Friedrich Kienecker und Hartmut Steinecke. Schöningh, Paderborn – München – Wien – Zürich
Band 1: Das Brachland. Aufzeichnungen aus einer Einsamkeit. 1990
Band 2: Zypressen zerbrechen nicht. Roman. 1990
Band 3: Erzählungen und Skizzen 1. 1991
Band 4: Der blühende Busch. Wege nach Hause. Roman. 1992
Band 5: Der Wartesaal. Roman. 1992
Band 6: Erzählungen und Skizzen 2. 1994
Band 7: Gedichte. 1995
Band 8: Korridore oder das Gebäude mit der weißen Maus. 1996
Band 9: Kurze Prosa. 1996
Band 10: Berichte. Gedichte in Prosa. Hörspiele. Gespräche. 1997
„ …man müsste einer späteren Generation Bericht geben“. Ein literarisches Lesebuch zur deutsch-jüdischen Geschichte und eine Einführung in Leben und Werk Jenny Alonis. Herausgegeben von Hartmut Steinecke. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1995
„Ich möchte auf Dauer in keinem anderen Land leben.“ Ein israelisches Lesebuch 1939–1993. Herausgegeben von Hartmut Steinecke. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 2000
„Ich muss mir diese Zeit von der Seele schreiben …“ Die Tagebücher 1935–1993: Deutschland – Palästina - Israel. Herausgegeben von Hartmut Steinecke. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 2006
Kristall und Schäferhund. In: Joachim Meynert (Hrsg.): Ein Spiegel des eigenen Ich. Selbstzeugnisse antisemitisch Verfolgter. Pendragon, Bielefeld 1988, S. 86–112.
Lesebuch Jenny Aloni. Zusammengestellt und mit einem Nachwort von Hartmut Steinecke (Nylands Kleine Westfälische Bibliothek. Band 35). Aisthesis, Bielefeld 2012
Sekundärliteratur
Norbert Otto Eke, Stephanie Willeke (Hrsg.): Zwischen den Sprachen – mit der Sprache? Deutschsprachige Literatur in Palästina und Israel (Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Band 79). Aisthesis, Bielefeld 2019
Judith Poppe: „Zwischen unauffindbarem Gestern“ und dem „Himmel voll Zuversicht“? Konzeptionen der Alten und Neuen Heimat bei deutschsprachigen Schriftsteller/innen Israels (Jenny Aloni, Netti Boleslav, Benno Fruchtmann). In: José Brunner (Hrsg.): Deutsche(s) in Palästina und Israel. Alltag, Kultur, Politik. Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Bd. 41/2013
Judith Poppe: „Ich dichte in die wüste Zeit“ – Ich-Konstruktionen in der Lyrik der deutschsprachigen Schriftstellerinnen Jenny Aloni und Netti Boleslav. Ediss, Göttingen 2016
Petra Renneke: Das verlorene, verlassene Haus. Sprache und Metapher in der Prosa Jenny Alonis. Aisthesis, Bielefeld 2003
Hartmut Steinecke: Das Jenny-Aloni-Archiv der Universität Paderborn. Die Schenkung des Nachlasses 1996. Gesamthochschule, Paderborn 1996
Hartmut Steinecke (Hrsg.): Warum immer Vergangenheit? Leben und Werk Jenny Alonis. Ardey, Münster 1999
Hartmut Steinecke: „Um zu erleben, was Geschichte ist, muss man Jude sein“. Jenni Aloni – eine deutsch-jüdische Schriftstellerin. Aisthesis, Bielefeld 2017
Anikó Szabó: Jenny Aloni. Ein Leben in Deutschland – Palästina – Israel. Universität Paderborn 2018 (zur gleichnamigen Ausstellung in der Universität anlässlich des 100. Geburtstages 2017)
Klaus Weissenberger: Das literarische Tagebuch. Die junge Generation: Werner Vordtriede und Jenny Aloni. In: Die Gattungen der nicht-fiktionalen Kunstprosa im NS-Exil. Verkannte Formen literarischer Identitätsbestätigung. Erich Schmidt, Berlin 2017, S. 19–27.
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