Fembio Specials Heilige, Kirchenfrauen, Märtyrerinnen, Mystikerinnen, Wohltäterinnen Jeanne-Marie Bouvier de la Motte-Guyon
Fembio Special: Heilige, Kirchenfrauen, Märtyrerinnen, Mystikerinnen, Wohltäterinnen
Jeanne-Marie Bouvier de la Motte-Guyon
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geboren am 13. April 1648 in Montargis
gestorben am 9. Juni 1717 in Diziers b. Blois
französische Mystikerin
375. Geburtstag am 13. April 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Ihre Bücher waren Bestseller: Kurzes und sehr leichtes Mittel zu beten, Die Ströme, Das Leben der Frau J. M.d.l. M.-Guyon von ihr selbst beschrieben… Die Mystikerin Guyon, Hauptbegründerin des Pietismus in Frankreich, war für die Mächtigen von Kirche und absolutistischem Staat eine Provokation: „Ihre Lehre fing an sich so allgemein auszubreiten, dass einige Prälaten dafür hielten, es wäre dienlich sich dawider zu setzen.“
Die tiefe, nichts fordernde Frömmigkeit der Guyon mag ihre einzige Überlebenschance gewesen sein: Mit zweieinhalb Jahren wurde das von der Mutter ungeliebte Kind aus reicher adeliger Familie zu den Ursulinerinnen gegeben. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wuchs es in verschiedenen Klöstern auf. Der Vater verheiratete die 16-Jährige, ohne sie zu fragen, an einen 22 Jahre älteren reichen Herrn von Guyon. Sie gebar fünf Kinder, von denen zwei an den Blattern starben. Seelische Torturen und Misshandlungen durch die geizige Schwiegermutter und den jähzornigen Ehemann brachten sie in solche Verzweiflung, dass sie sich ein Messer nahm, um sich die Zunge abzuschneiden.
Ich liebe still und frei
Ob Sklaverei mich dränge!
Um Seel‘ und Willen sprenge
die Band, o Lieb, entzwei!
Im Käfig klein und enge
Leb ich doch still und frei.
Aus ihrer Autobiographie:
Von der beschriebenen Stunde an war mein Gebet frei von allen Formen, Gestalten und Bildern; nichts von meinem Gebet ging durch den Kopf, sondern es war ein Gebet des Genusses und des Besitzes im Willen, worin das Wohlgefallen an Gott so groß, so rein und so einfach war, dass es die beiden anderen Kräfte der Seele in eine tiefe Einheit zog und verschlang, ohne Handlung und ohne Worte.
„Endlich, nachdem ich zwölf Jahr und vier Monat in der Ehe großes Kreuz ertragen…” starb ihr Mann. Guyon wandte sich nun ganz dem mystischen Glaubenserlebnis zu. Sie entdeckte ihre „Gabe, auf göttliche Weise zu schreiben“, unternahm Reisen durch Frankreich, Italien, Alexandrien. Ihr geistiger Vater war, neben Pater La Combe, der berühmte Fénelon. So geriet sie, die Stille suchte, in die heftigen Streitigkeiten und Intrigen der Zeit. Die Verleumdungen und Verfolgungen des Gegenspielers Erzbischof Bossuet brachten sie, wie auch Fénelon, in die Bastille. Zeitweise setzte sich Mme de Maintenon für Guyon ein. Fast acht Jahre ihres Lebens verbrachte sie in Haft.
Erst in den letzten zehn Jahren ihres Lebens war es ihr vergönnt, eine Gemeinschaft Gleichgesinnter um sich zu sammeln: KatholikInnen, deutsche ProtestantInnen, HolländerInnen, EngländerInnen und vor allem PietistInnen und RepublikanerInnen aus Schottland.
Guyons inbrünstige Mystik wirkte auf weite Kreise des Katholizismus und (über Zinzendorf) auch des Protestantismus. Ihr Primat der Liebe als des „himmlischen Feuers der Weisen“ findet sich auch in östlichen Weisheiten Chinas und Indiens. Heutige AnhängerInnen der „Mutter der reinen Liebe“ sehen eine Nähe zu C. G. Jung.
(Text von 1997)
Verfasserin: Birgit Rühe
Literatur & Quellen
Große Frauen der Weltgeschichte: Tausend berühmte Frauen in Wort und Bild. o.J. Wiesbaden. R. Löwit.
Guyon, Jeanne Marie. 1826 [1688ff. ]. Das Leben der Frau Jeanne Marie v. l. Mothe Guion von ihr selbst beschrieben. [=La vie de Jeanne Marie de la Motte Guyon: Autobiographie]. Aus d. Frz. von Henriette von Montengland. Berlin. Sandersche Buchhandlung.
König, Joh. Christoph. 1701. Etliche vortreffliche Tractätlein aus der geheimen Gottes–Belehrtheit: nehmlich I. Der Madame Guyon [...] Frankfurt; Leipzig.
Sahler, Benjamin. Hg. 1982. Madame Guyon et Fénelon: La Correspondance secrète. Paris. Dervy–Livres.
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