Fembio Specials Frauen der Mann-Familie Jeanne de la Motte-Valois
Fembio Special: Frauen der Mann-Familie
Jeanne de la Motte-Valois
Wikimedia Commons
(Jeanne de Saint-Rémy de Luz de la Motte-Valois, Jeanne de Valois-Saint-Rémy, Gräfin La Motte, Comtesse de la Motte)
geboren am 22. Juli 1756 in Château de Fontette
gestorben am 23. August 1791 in London
französische Hochstaplerin; Hauptakteurin der „Halsbandaffäre“
230. Todestag am 23. August 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
„Habt Mitleid mit dem Blut der Valois!“ Dieser Worte wegen liest die Marquise de Boulainvilliers die siebenjährige Bettlerin Jeanne und deren Schwester von der Straße auf und schickt die beiden in ein Pensionat, nachdem ein genealogisches Gutachten tatsächlich einen königlichen, wenn auch unehelichen Vorfahren erbracht hat. Jeanne soll nach einer Schneiderlehre in einem Kloster arbeiten, reißt aber 1778 von dort aus. In Bar-sur-Aube trifft sie den Gendarmen Nicolas de La Motte; einen Monat nach der im Juni 1780 gefeierten Hochzeit gebiert sie Zwillinge.
Das Pärchen legt sich eigenmächtig Grafentitel zu; durch gespielte Ohnmachtsanfälle bei Versailler Audienzen wird Jeanne bekannt. Bald erfährt sie von einem dringenden Wunsch des reichen Kardinals Rohan: Er will Premierminister werden! Doch Königin Marie-Antoinette hasst ihn. Jeanne gibt sich als Freundin der Herrscherin aus und veranlasst Rohan, als Bestechungsgeschenk für jene ein Diamantenhalsband zu erwerben, das sage und schreibe 1600000 Livres kostet, die von Rohan in vier halbjährlichen Raten gezahlt werden sollen.
Jeanne denkt nicht daran, das Geschenk der Königin auszuhändigen, sondern verkauft heimlich die Diamanten einzeln und lebt eine Weile in Saus und Braus. Der Schwindel fliegt erst auf, als Rohan die Raten nicht mehr bezahlen kann.
Während Gatte Nicolas nach London entkommt, wird Rohan zunächst verhaftet, dann freigesprochen. Jeanne aber wird ausgepeitscht, mit glühenden Eisen gebrandmarkt und ins Zuchthaus gesteckt, von wo sie zehn Monate später entfliehen kann (1787).
In London lässt Jeanne trotz französischem Schweigegeld ihre Memoiren drucken, in denen sie Marie-Antoinette (die sie nie gesehen hat) ungeheuer verleumdet:
Selbstverständlich habe niemand anders als die Königin das Halsband bestellt und von Rohan empfangen, sie aber, die reine Unschuld, habe nur aus Freundschaft das Verbrechen auf sich genommen, um die verunglimpfte Ehre der Königin zu schützen. Auf welche Weise sie mit Marie-Antoinette so befreundet gewesen sei, auch dies erklärt die unverfrorene Lügnerin genauso, wie es die lüsterne Bande erklärt wissen will: more lesbico, Intimität aus dem Bett.“
(Stefan Zweig)
Nach der Revolution lädt man die La Motte zur Prozessrevision ein: Jetzt soll sie die Klägerin, die Königin die Angeklagte sein. Doch bevor es dazu kommt, stürzt sich Jeanne in einem Anfall von Verfolgungswahn aus dem Fenster.
(Text von 1990)
Verfasserin: Anna Eunike Röhrig
Links
La Motte, Jeanne de Saint-Rémy de Valois de. 1789. Denkwürdigkeiten der Gräfin von Valois de la Motte. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
La Motte, Jeanne de Saint-Rémy de Valois de. 1789. Rechtfertigungsschrift der Gräfinn von Valois de la Motte die Halsbandgeschichte betreffend: von ihr selbst aufgesetzt; aus dem Französischen mit Kupfern. London [i.e. Nürnberg]. [Felsecker]. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Künert, Hanno. Eine Affäre von 2800 Karat. Der Halsbandskandal: Aufstieg und schreckliches Ende der Madame de la Motte. Eine historische Reportage. In: Die Zeit. Nr. 22/1988 (aktualisiert 21.11.2012).
Online verfügbar: https://www.zeit.de/1988/22/eine-affaere-von-2800-karat/ (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Albath, Maike. 23.08.2016. Deutschlandfunk Kultur. Kalenderblatt: Die Halsbandaffäre, die ganz Europa erregte. Online verfügbar: https://www.deutschlandfunkkultur.de/frankreich-die-halsbandaffaere-die-ganz-europa-erregte.932.de.html?dram:article_id=363793 (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Literatur & Quellen
La Motte, Jeanne de Saint-Rémy de Valois, comtesse de. 1785. Mémoire pour Dame Jeanne de Saint-Remy de Valois: Épouse du Comte de La Motte. Paris. de l'Imp. de L. Cellot.
La Motte, Jeanne de Saint-Rémy de Valois, comtesse de. 1789. Mémoire(s) justificatif(s) de la comtesse de Valois de la Motte, écrit par elle-même. London. [s.n.] (zuletzt überprüft am 2.03.2019)
La Motte, Jeanne de Saint-Rémy de Valois, comtesse de. 1789. Second Mémoire justificatif de la comtesse de Valois de la Motte, écrit par elle-même. London 1789. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
La Motte, Jeanne de Saint-Rémy de Valois, comtesse de. 1789. Lettre de la Ctesse Valois de la Motte à la Reine de France, Oxford [s.n.] (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
La Motte, Jeanne de Saint-Rémy de Valois, comtesse de. 1792. Vie de Jeanne de St. Remy de Valois, ci-devant comtesse de la Motte … écrite par elle-même, 2 Bände. Jahr 1 der Republik. Paris. Garnéry. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Campardon, Émile. 1863. Marie-Antoinette et le procès du collier, d’après la procédure instruite devant le Parlement de Paris. Plon. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Castelot, André. 1989. Die Französische Revolution. Gernsbach. Catz.
Cronin, Vincent. 1977 [1975]. Ludwig XVI. und Marie-Antoinette. Bergisch Gladbach. Bastei-Lübbe.
Funck-Brentano, Frantz. 1901. L’affaire du collier; d’après de nouveaux documents. Hachette. Paris. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Funck-Brentano, Frantz. 1901. La morte de la Reine (Les suites de l’affaire du collier) d’après de nouveaux documents. Hachette. Paris. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Haslip, Joan. 2005. Marie Antoinette. Ein tragisches Leben in stürmischer Zeit. S. 230-248. München. Piper.
Hastier, Louis. 1955. La vérité sur l’affaire de collier. Fayard. Paris.
Lever, Évelyne. 2004. L’affaire du collier. Paris. Fayard.
Lever, Évelyne. 2000. Marie–Antoinette: The Last Queen of France. Aus dem Frz. von Catherine Temerson. New York. Farrar, Straus & Giroux.
Lernet-Holenia, Alexander. 1962. Das Halsband der Köigin. Wien, Hamburg. Paul Zsolnay.
Louvet, L. La Motte (Jeanne de Luz, de Saint-Remy, de Valois, comtesse de.) In: Hoefer, Jean Chrétien Ferdinand. 1861. Nouvelle biographie générale depuis les temps les plus reculés jusqu’à nos jours. Band 29. Paris. Firmin Didot. S. 267–273. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Rutherford Hayes Trowbridge, William. 1910. Seven splendid sinners. London. T. Fisher Unwin. S. 207–261. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Raoul Vèze, Raoul. 1911. Mémoires de la comtesse de la Motte-Valois (Affaire du collier de la Reine). Paris. Bibliothèque des curieux. (zuletzt überprüft am 23.03.2019)
Zweig, Stefan. 2000 (1932). Marie Antoinette: Bildnis eines mittleren Charakters. Frankfurt/M. Fischer.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.