Fembio Specials Berühmte Schwestern berühmter Frauen / Berühmte Schwestern Inge Aicher-Scholl
Fembio Special: Berühmte Schwestern berühmter Frauen / Berühmte Schwestern
Inge Aicher-Scholl
(Inge Aicher-Scholl geb. Scholl)
geboren am 11. August 1917 in Ingersheim an der Jagst
gestorben am 4. September 1998 in Leutkirch, Allgäu
deutsche Pädagogin
25. Todestag am 4. September 2023
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Am 22. Februar 1943 wurden die Geschwister Sophie und Hans Scholl, die der Widerstandsgruppe Die Weiße Rose angehörten, durch den nationalsozialistischen Volksgerichtshof in München zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ihre Schwester Inge Scholl, die Eltern und die Schwester Elisabeth wurden wenige Tage darauf von der Gestapo in »Sippenhaft« genommen und fünf Monate lang im Ulmer Gefängnis inhaftiert.
Für Inge Scholl wurde das ethische und politische Vermächtnis der Weißen Rose, der Widerstand gegen Gewaltherrschaft und Faschismus, zur Lebensaufgabe und Triebfeder ihres lebenslangen Engagements für Bildung, Demokratie und Frieden. Unmittelbar nach Kriegsende gründete Inge Scholl zusammen mit dem Graphiker Otl Aicher, der dem Freundeskreis um die Weiße Rose angehört hatte und den sie 1952 heiratete, die Ulmer Volkshochschule.
Sie wollten den Menschen eine neue Perspektive geben und sie zu selbständigem politischen Denken erziehen. »Aufklärung und Aufbau, aber nicht Wiederaufbau, sondern neu machen, das wär's«, war Inge Aicher-Scholls Vorstellung. Zu diesem Bildungskonzept gehörte auch die Gründung der Hochschule für Gestaltung Ulm, als einer bewussten Weiterführung des Bauhauses, die sie 1953 zusammen mit Ot1 Aicher und Max Bill initiierte.
Als sie 1974 die Leitung der Ulmer Volkshochschule nach 29 Jahren abgibt, ist Inge Aicher-Scholl Mutter von fünf Kindern und hat ihren Lebens- und Arbeitsort in der von Otl Aicher umgestalteten Rotismühle im baden-württembergischen Allgäu eingerichtet. Sie engagiert sich nun vor allem in der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, hält die Erinnerung an den nationalsozialistischen Terror wach, mahnt und mischt sich ein: 1985 nimmt sie an den Blockaden vor dem amerikanischen Militärdepot in Mutlangen teil; vier Wochen nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl.
1986 zeichnet sie für eine Anzeigenkampagne, in der es heißt: »Versagen ist menschlich. Mit Versagen nicht zu rechnen ist verantwortungslos und unmenschlich.« Über ihre 1953 mit DOWN-Syndrom geborene Tochter Eva schreibt sie: »Evchen war in ihrer damaligen Heiterkeit und Zärtlichkeit wie eine warme Stelle in unserer Familie.« Mit ihrem 1996 veröffentlichten Tagebuch Eva: weil du bei mir bist, bin ich nicht allein ruft sie zugleich zum Widerstand gegen die europäische Bioethik-Konvention auf.
Inge Aicher-Scholl, die sich als »leidenschaftliche Christin« bezeichnete, kannte keine Trennung zwischen Privatem und Politischem: »Durch praktische Menschlichkeit entsteht eine Luft, die ich als ein Stück einer neuen Lebensqualität für alle bezeichnen möchte.«
Verfasserin: Kerstin Reimers
Links
Abele-Aicher, Christine: Die sanfte Gewalt — Erinnerungen an Inge Aicher-Scholl.
Online verfügbar unter http://www.ingeaicherscholl.de/, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Aicher-Scholl, Inge: Schutz in der »Arche« über dem Wutachtal. Inge Aicher-Scholl, Schwester von Sophie Scholl, 1945 in Ewattingen, vermittelt durch: Juliane Kühnemund, BZ-Redaktion Bonndorf. PDF-Datei, 6 Seiten.
Online verfügbar unter http://media.badische-zeitung.de/pdf/kriegsende/aichner-scholl.pdf, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Aicher-Scholl, Inge (1986): Sie haben versagt. Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), 23. Mai 1986.
Online verfügbar unter http://www.sfv.de/lokal/mails/kd/versagt1.htm, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Graf, Gerd (2022): Rotis-Mühle / E-Werk Aicher.
Online verfügbar unter http://www.muehlenstrasse-oberschwaben.de/muehlenuebersicht/allgaeu-westlich-der-iller/item/e-werk-aicher-rotis, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Knab, Jakob (2012): 40 weiße Rosen. Erinnerungen an Inge Aicher-Scholl. Blogeintrag, 1. Mai 2012.
Online verfügbar unter http://40weisserosen.blogspot.de/, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Möllers, Ludger (2017): Inge Aicher-Scholl: Eine Frau, die in Ulm tiefe Spuren hinterließ. Schwäbische.de, 10.08.2017.
Online verfügbar unter http://www.schwaebische.de/region_artikel,-Inge-Aicher-Scholl-Eine-Frau-die-in-Ulm-tiefe-Spuren-hinterliess-_arid,10717614_toid,351.html, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Negel-Täuber, Birgitta (2017): Vor 100 Jahren wurde Inge Aicher-Scholl geboren. Publizistin, Referentin und Friedensaktivistin. domradio.de, 11.08.2017.
Online verfügbar unter https://www.domradio.de/themen/glaube/2017-08-11/vor-100-jahren-wurde-inge-aicher-scholl-geboren, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Süß; Winfried: Aicher-Scholl, Inge. In: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 444-445 [Online-Version].
Online verfügbar unter https://www.deutsche-biographie.de/gnd116272678.html#ndbcontent, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Süß, Winfried: Aicher-Scholl, Inge. Indexeintrag – Deutsche Biographie. Bayerische Staatsbibliothek.
Online verfügbar unter https://www.deutsche-biographie.de/sfz115568.html, zuletzt geprüft am 03.08.2022.
Literatur & Quellen
Abele-Aicher, Christine (Hg.) (2012): Die sanfte Gewalt. Erinnerungen an Inge Aicher-Scholl. Ulm. Thorbeke; Süddt.Verlagsges. Jan Thorbecke Verlag. ISBN 9783799591218.
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Aicher, Otl (Hg.) (1993): Schreiben und widersprechen. Zu Kultur und Design ; Berichte aus der autonomen Republik 1990 ; Mecklenburg Herbst '89 ; politische Essays. Mit Beiträgen von Inge Aicher-Scholl u.a. Berlin. Janus press; Janus-Press. ISBN 3-928942-03-4.
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Geyken, Frauke (2014): Wir standen nicht abseits. Frauen im Widerstand gegen Hitler. München. Beck. ISBN 9783406659027.
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Hikel, Christine (2013): Sophies Schwester. Inge Scholl und die Weiße Rose. Zugl.: Universität Bielefeld, Dissertationsschrift, 2011. München. Oldenbourg; De Gruyter. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, 94) ISBN 9783486717181.
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Ivanović, Christine (2011): Ilse Aichinger in Ulm. Marbach am Neckar. Deutsche Schillergesellschaft. (Spuren, 93) ISBN 978-3-937384-72-6.
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Raberg, Frank (Hg.) (2008): Biografisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm. Stadtarchiv Ulm; Stadtarchiv Ostfildern. Thorbecke. ISBN 978-3-7995-8040-3.
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Schittenhelm, Rosemarie (Hg.) (1972): Von Tag zu Tag. Das große Mädchenbuch. Unter Mitarbeit von Inge Aicher-Scholl. Stuttgart. Franckh. ISBN 3440026825.
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Vinke, Hermann (2015): Das kurze Leben der Sophie Scholl. Mit einem Nachwort von Inge Aicher-Scholl. Limit. Sonderausg. Ravensburg. Ravensburger Buchverl. (Ravensburger Taschenbuch, 54443) ISBN 978-3-473-54443-1.
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Wedel, Carola (1994): Hildegard Hamm-Brücher – Eine Präsidentin für alle. Mit Beiträgen von Carola Wedel, Inge Aicher-Scholl u.a. [1. - 5. Tsd.]. München, Zürich. Piper. (Piper, Bd. 2008) ISBN 3492120083.
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Weiße Rose Arbeitskreis Crailsheim (2011): Crailsheim und die Weiße Rose. Hans Scholl, Eugen Grimminger, Inge Aicher-Scholl, Robert Scholl ; [Widerstand]. 2., überarb. Aufl. Crailsheim. Weiße-Rose-Arbeitskreis Crailsheim. (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Wolf, Gerhard (Hg.) (1994): Ein Text für C. W. Christa Wolf zum 65. Geburtstag. Mit einem Beitrag von Inge Aicher-Scholl. Berlin. Gerhard Wolf Janus press. ISBN 3928942190.
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E-Books
Aicher-Scholl, Inge (Hg.) (2016): Sippenhaft. Nachrichten und Botschaften der Familie in der Gestapo-Haft nach der Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl. E-Book. Frankfurt am Main. FISCHER Digital. ISBN 3105609318. (Eurobuch-Suche)
Hikel, Christine (2013): Sophies Schwester. Inge Scholl und die Weiße Rose. Zugl.: Bielefeld, Univ., Diss., 2011. E-Book. München. Oldenbourg. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, 94) ISBN 9783486718843. (Eurobuch-Suche)
Vinke, Hermann (2014): Das kurze Leben der Sophie Scholl. Mit einem Nachwort von Inge Aicher-Scholl. E-Book. 1. Aufl. Unter Mitarbeit von Inge Aicher-Scholl. Ravensburg. Ravensburger Buchverlag. ISBN 978-3-473-38047-3.
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Quellen
Scholl, Inge (1977): Die weiße Rose. 368. - 377. Tsd. Frankfurt am Main. Fischer-Taschenbuch-Verlag. (Fischer-Taschenbücher, 88) ISBN 3436014354.
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Scholl, Inge (Hg.) (1993): Sippenhaft. Nachrichten und Botschaften der Familie in der Gestapo-Haft nach der Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl. Frankfurt am Main. S. Fischer; Fischer. ISBN 3-10-000409-4.
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Scholl, Inge (1996): Eva. Weil Du bei mir bist, bin ich nicht allein. Herausgegeben von Klaus Sam. Riedhausen. Sam-Aicher Direktverlag. ISBN 3-925295-18-6.
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