Fembio Specials Europäische Jüdinnen Ida Dehmel
Fembio Special: Europäische Jüdinnen
Ida Dehmel
(geb. Coblenz)
geboren am 14. Januar 1870 in Bingen
gestorben am 29. September 1942 in Hamburg
deutsche Kunstfreundin, Gründerin der GEDOK
155. Geburtstag am 14. Januar 2025
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Ida Coblenz, jung, schön und begabt, stammte aus großbürgerlichem Haus. Stefan George hätte ihr fast einen Gedichtzyklus gewidmet, im Sommer 1892, als sie zusammen lange Spaziergänge in der Umgebung von Bingen machten. Doch drei Jahre später heiratete sie den wohlhabenden Tuchhändler und Konsul Auerbach. Sie ging mit ihm nach Berlin, wo ihr Haus im Tiergartenviertel ein Treffpunkt für KünstlerInnen, KritikerInnen und WissenschaftlerInnen wurde.
Durch den Bankrott ihres Mannes scheiterte auch die Ehe. Ida zog mit ihrem Sohn in die Nähe des Ehepaars Paula und Richard Dehmel (Richard war ein bekannter Schriftsteller). Nach dem mißlungenen Experiment einer Dreierbeziehung trennte sich Richard von Frau und Kindern und begann mit Ida ein “neues Leben” in der Nähe Hamburgs. Wieder wurde ihr Haus ein Zentrum für KünstlerInnen und junge Talente.
Nach dem Tod Richards 1920 ordnete sie seinen Nachlass, gab seine Briefe und Tagebücher heraus und gründete die Dehmel-Gesellschaft. Ida Dehmels Name ist vor allem verbunden mit der Idee zur Gründung eines “Frauenkunstverbands”. Nach dem “Bund Niederdeutscher Künstlerinnen” gründete sie 1926/27 die GEDOK (Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnen und KunstfreundInnen), einen Interessenverband für Künstlerinnen aller Sparten. In vielen deutschen Städten entstanden Zweigstellen. Die GEDOK wurde von bekannten Künstlerinnen unterstützt (Kollwitz, Sintenis, Huch, Kolb). Ida Dehmel übernahm den Vorsitz.
“Wie alle Verbände hatte die GEDOK zu Beginn der nationalsozialistischen Zeit die Wahl zwischen Selbstauflösung und Anpassung. Einige lokale Gruppen lösten sich auf, andere versuchten passiven Widerstand zu leisten, doch die generelle Entscheidung fiel, nach der Umbenennung in ReichsGEDOK, zugunsten des Weiterbestehens. Ida Dehmel, Jüdin, wurde 1933 während einer Sitzung von bewaffneter SA gezwungen, den Vorsitz niederzulegen. In dieser schwierigen Situation erhielt sie keine Hilfe [...]. Unter den Künstlerinnen und besonders unter den Kunstfreundinnen waren viele Frauen jüdischer Herkunft. Einigen von ihnen gelang die Emigration [...]. Andere wurden in Konzentrationslager verschleppt und ermordet. Die Politik hatte die sich als unpolitisch verstehende GEDOK eingeholt. 1945 zählte sie noch etwa 3.500 Mitglieder. Ebenso viele waren emigriert oder tot.” (Fleischer 2011)
Ida Dehmels Lage wurde zunehmend schwieriger, doch sie wollte ihr Archiv und das Haus nicht aufgeben. Im Herbst 1942 nahm sie sich das Leben. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die ursprünglichen Ideen der GEDOK wieder aufgenommen, und in vielen Städten sind seitdem neue Gruppen entstanden. Ida Dehmels Lebenswerk und Schicksal sollten unvergessen sein.
(Text von 1995, zum 125. Geburtstag. Aktualisiert 2020 von Luise F. Pusch)
Verfasserin: Renate Rochner
Zitate
Aber plötzlich war die Jugend da, jene Jugend, die studierte, die auf den sozialen Frauenschulen erzogen war, und diese Jugend lehnte es ab, ihren jungen Wein in die alten Schläuche der Frauenbewegung zu füllen…
Wir wissen, daß, so wie die Sonne Blüten erweckt, Liebe Gegenliebe hervorruft. Öffnet Eure Herzen Euern Mitschwestern! Wenn Alle geben, werden Alle empfangen.
(Aus der Rede Ida Dehmels anläßlich der Gründung der Gedok, 1927)
Links
Literatur & Quellen
Dehmel, Ida. 1986 [1927]. “Mannheimer Rede”, in: Gegenlicht: 60 Jahre Gedok. Hg. Gedok Berlin. Nachdruck in Ariadne 8/1987.
Fleischer, Barbara. 2011 [2009]. Frauen an der Leine: Ein Stadtspaziergang auf den Spuren berühmter Hannoveranerinnen. 3., erw. und neu überarb. Aufl. Berlin. Lehmanns Media.
Frisé, Maria. o.T. Biographische Notizen über Ida Dehmel.
Kontrapunkt - GEDOK gestern, heute: Dokumentation der GEDOK Rhein-Main-Taunus zum 50. Todesjahr der GEDOK-Gründerin Ida Dehmel (1870-1942). Hg. Margarete Sorg & Margarete Sorg-Rose. Mainz. GEDOK Rhein-Main-Taunus. 1992.
Reicke, Ilse. 1984. Die großen Frauen der Weimarar Republik: Erlebnisse im Berliner Frühling. Freiburg/Br. Herderbücherei 1029.
Winkler, Michael. 1970. Stefan George. Stuttgart. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Poeschel Verlag.
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