Fembio Specials Berühmte Ärztinnen Harriot Kezia Hunt
Fembio Special: Berühmte Ärztinnen
Harriot Kezia Hunt
Wikimedia Commons
geboren am 9. November 1805 in Boston
gestorben am 2. Januar 1870 in Boston
US-amerikanische Ärztin, Reformerin und Frauenrechtlerin
150. Todestag am 2. Januar 2025
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Harriot Kezia Hunt war die erste praktizierende Ärztin der USA und eine Pionierin der Psychosomatik sowie der „sanften“ oder Präventionsmedizin.
Harriot und ihre jüngere Schwester Sarah wuchsen in einer gutsituierten Bostoner Familie auf. Nachdem 1827 ihr Vater gestorben war, verdienten die Schwestern ihren Lebensunterhalt mit einer Privatschule. 1830 erkrankte Sarah, wahrscheinlich an Tuberkulose. Was ihr in den nächsten Jahren von den Ärzten als Therapie zugemutet wurde (u.a. Blausäure- und Quecksilberbehandlung), bewog die Schwestern, ein aus England eingewandertes unorthodoxes Heilerpaar, die Motts, zu konsultieren. Da es Sarah dank ihrer Hilfe bald viel besser ging, beschlossen beide, die Schule aufzugeben und bei den Motts in die Lehre zu gehen.
1835 eröffneten sie ihre eigene Praxis. Die medizinischen Lehren ihrer Zeit empfanden sie als „verzerrt, verformt, inkonsistent“. Die grausigen Arzneimittel hatten ihnen bereits tiefes Misstrauen eingeflößt, deshalb konzentrierten sie sich auf die Physiologie und versuchten „Krankheiten auf Verstöße gegen Naturgesetze zurückzuführen und die Wissenschaft der Prävention zu erlernen“.
Die Praxis entwickelte sich gut; besonders erfolgreich und beliebt waren die Schwestern bei Frauen und Kindern. Chronische Fälle, die bereits aufgegeben worden waren, heilten sie mit den Huntschen Prinzipien: sorgfältige Pflege, gesunde Ernährung, Bäder, Bewegung, Ruhe und strenge Hygiene. Weit über 100 Jahre bevor die Balints die Bedeutung des „Medikaments Arzt“ entdeckten, setzen die Hunt-Schwestern auf die Heilkraft von Geduld, Freundlichkeit und Zuversicht - mit bemerkenswertem Erfolg.
1840 heiratete Sarah; Harriot machte allein weiter und wurde allmählich sogar wohlhabend. Hunt war überzeugt, dass viele Krankheiten ihrer Patientinnen an ungenügendem Wissen über den eigenen Körper lagen und gründete 1843 die Ladies' Physiological Society, die durch Aufklärung Abhilfe schaffen sollte. 1847 bewarb sie sich an der medizinischen Fakultät der Harvard-Universität als Gasthörerin, wurde aber abgelehnt. Beim zweiten Versuch, 1850, hatte sie zunächst mehr Erfolg, als aber die Studentenschaft wegen zweier gleichzeitig zugelassener schwarzer Studenten zu randalieren begann, bat man Hunt, zu deren Gunsten von der Erlaubnis keinen Gebrauch zu machen, und sie verzichtete. Der Vorfall machte sie weithin bekannt. 1853 verlieh das Female Medical College of Philadelphia ihr den Ehrendoktor.
1850 nahm Hunt an der ersten nationalen Frauenrechtsversammlung in Worcester, Massachusetts, teil und lernte dabei die führenden Frauenrechtlerinnen persönlich kennen. Von da an kämpfte sie auf vielen Gebieten für die Gleichberechtigung. Am bekanntesten wurde ihr regelmäßiger Protest gegen die Steuerbehörde unter Berufung auf das ehrwürdige Motto der amerikanischen Revolution: „No taxation without representation!“ (Keine Steuer ohne Vertretung im Parlament).
Harriot Kezia Hunt war eine Anhängerin der Lehre des schwedischen Mystikers Swedenborg. 1856 veröffentlichte sie ihre Memoiren unter dem Titel: Glances and Glimpses, or Fifty Years Social (Including Twenty Years Professional) Life. Eine zeitgenössische Kurzrezension bemerkt dazu:
Fräulein Hunt wird wahrscheinlich von einigen, die diese Seiten mit Interesse lesen mögen, als in gewisser Hinsicht etwas zu männlich betrachtet werden, aber sie hat aufgrund ihrer intellektuellen und professionellen Haltung 'Rechte', die nicht alle ihres Geschlechts beanspruchen können. Der religiöse Aspekt des Buchs scheint uns nicht gelungen, die medizinischen Hinweise finden wir weit wertvoller.
Harriot Kezia Hunt liegt auf dem Mount Auburn Cemetery in Cambridge, Massachusetts, begraben, unter einer Statue der griechischen Göttin Hygieia, die Hunt bei der berühmten schwarzen Bildhauerin Edmonia Lewis in Auftrag gegeben hatte.
(Text von 2004)
Verfasserin: Luise F. Pusch
Literatur & Quellen
Bilby, Sean C. 2003. “Harriot Kezia Hunt: First Female Physician in the United States”, WoMen: Women in Medicine Network, Eastern Virginia Medical School. Vol. 4 issue 1, pp 4-5. Online: www.evms.edu/women/newsletter/current.pdf
Hunt, Harriot Kezia. 1856. Glances and Glimpses, or Fifty Years Social (including twenty years professional) Life. Boston. Jewett & Co.
Notable American Women: A Biographical Dictionary. 1971. Hg. Edward T. James, Janet Wilson James & Paul S. Boyer. 3 Bde. Cambridge, MA. The Belknap Press of Harvard UP.
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