Fembio Specials Künstlerinnen und Kunstförderinnen der GEDOK Grete von Zieritz
Fembio Special: Künstlerinnen und Kunstförderinnen der GEDOK
Grete von Zieritz
geboren am 10. März 1899 in Wien
gestorben am 26. November 2001 in Berlin
deutsch–österreichische Komponistin und Pianistin
125. Geburtstag am 10. März 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Grete von Zieritz dachte bildhaft und dramatisch-expressiv, sie war ein Energiebündel, und sie sagte laut und deutlich ihre Meinung, auch wenn diese unbequem war. Die Tochter eines österreichischen Generals ging in Innsbruck und Graz zur Schule und nahm Kompositionsunterricht bei Roderich von Mojsisovics. Sie trat häufig als Pianistin auf.
1917 zog sie nach Berlin um. Dort wollte sie nur drei Monate bleiben, aber es wurden 85 Jahre daraus. Sie setzte ihr Klavierstudium in Berlin fort und wurde 1921 durch ihre “Japanischen Lieder” für Sopran und Klavier mit einem Schlag berühmt. Von 1926-31 studierte sie bei Franz Schreker, der von ihr sagte: “Schade, daß sie kein Mann ist, sie wird es sehr schwer haben!” Konsequent setzte sie sich gegen männliche Konkurrenz durch; so war sie beim Internationalen Musikfest 1939 in Frankfurt/Main die einzige Frau unter Komponisten aus 18 Nationen.
1986 hatte Grete von Zieritz einen beachtlichen Medienerfolg mit ihren multimedialen “Kassandra-Rufen”. Unter dem Eindruck von Ölbildern, Aquarellen und Zeichnungen, die der Maler Christoph Niess in Anlehnung an Christa Wolfs Buch schuf, komponierte die 87jährige einen Kammermusik-Zyklus, den der SFB uraufführte. Dieses synästhetische Experiment brachte ihr viel Anerkennung ein.
Die Liste ihrer Ehrungen ist lang: Sophie-Charlotte-Plakette, Bundesverdienstkreuz, Ehrenmedaille der GEMA, Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und vieles mehr. Eine Professur ist ihr jedoch seitens der Berliner Hochschule der Künste nie angeboten worden - was Zieritz nie verwunden hat.
Kompositorisch paßte sie in keine Schublade. Musik war bei ihr direkter Ausdruck der Gefühle und bildete daher eine persönliche Sprache, die sich von der jeweils modischen Stilentwicklung fernhält. Sie legte sich auf keine Technik fest, sondern verwendete für ihre Stücke die Stilmittel, die ihr für das jeweilige Werk geboten schienen. So komponierte sie abwechselnd in Zwölftontechnik, freitonal, mit Vierteltönen, Schichtakkorden, dissonanten Klängen, chromatischen Reihen oder kontrapunktisch: “Diese Freiheit, mich niemals wiederholen zu müssen, möchte ich mir bewahren.”
Zitate: Es stellen sich sehr oft rein psychische Hemmungen ein, denn letzten Endes ist das Zusammenleben mit Mann und Kindern in jeder Form, ob reich oder arm, für die produktive Musikerin immer gewissen Einschränkungen unterworfen. (Grete v. Zieritz über verheirate Komponistinnen)
Nichts würde ich mehr herbeisehnen als die Schließung der tiefen Kluft, die sich heute zwischen lebenden ernsten Komponisten und dem Publikum aufgetan hat. (Grete von Zieritz)
Im 'Kreis schaffender Frauen', Berlin, der auch Veranstaltungen organisierte, lernte Grete von Zieritz 1933 Toska Lettow (1895-1985, Archivarin am Statistischen Reichsamt Berlin bis 1945) kennen. Dieser Begegnung kam eine besondere, positive Bedeutung zu: Es entstand daraus eine Freundschaft für das ganze Leben. Toska Lettow übersiedelte ca. 1934 in die Wohnung der Komponistin und nahm ihr viele Arbeiten ab, die die schöpferische Künstlerin unnötig belasteten, sei es das Schreiben und Beantworten von Briefen oder einfach der Alltag mit seinen Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten.” (Rita Aigner 1991: 42f)
Am 26. November ist Grete von Zieritz im Alter von 102 Jahren in Berlin gestorben. Die in Wien geborene Komponistin kam 1926 in die Kompositionsklasse von Franz Schreker. Bereits 1928 wurde sie mit dem Mendelssohn-Staatspreis ausgezeichnet, 1979 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und 1982 mit der GEMA-Ehrenmedaille. Zirka 300 Kompositionen zählt ihr musikalisches Îuvres. Bezeichnend für Grete von Zieritz war ihr Lebensmotto, “eine musikalische Sprache zu finden, die alle Menschen etwas angeht und von ihnen auch verstanden werden kann. Ich finde, dafür lohnt es sich, sein Leben einzusetzen und eine persönliche Musik zu schreiben.” Grete von Zieritz war 71 Jahre Mitglied der GEMA.
Verfasserin: Eva Rieger
Literatur & Quellen
Aigner, Rita. 1991. Grete von Zieritz. Leben und Werk. Berlin. Ries & Erler.
Olivier, Antje & Karin Weingartz-Perschel. 1988. Komponistinnen von A-Z. Düsseldorf. TOKKATA Verlag für Frauenforschung.
Stürzbecher, Ursula. 1973. Werkstattgespräche mit Komponisten. München. S. 130-139.
The Norton/Grove Dictionary of Women Composers. Hg. Julie Anne Sadie & Rhian Samuel. New York; London. Norton. 1994.
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