Fembio Specials Frauen aus Wiesbaden Fridel (Frida) Mumme
Fembio Special: Frauen aus Wiesbaden
Fridel Mumme
geboren am 22. März 1898 in Hannover
gestorben am 13. Februar 1983 in Hannover
deutsche Schauspielerin
125. Geburtstag am 22. März 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
„Wenn Sie keine Karriere machen wollen, gehen Sie nach Hannover“, riet ihr 1920 der Schauspielerkollege Paul Wegener. Sie schloss dennoch den Vertrag ab und stand 51 Jahre lang auf den hannoverschen Bühnen. Das dortige Publikum, über das sie sagte, es sei oft etwas stur, aber anhänglich, treu und herzlich, sah sie in unzähligen Rollen. Sie war immer freundlich, gute Laune verbreitend, fleißig, von preußischer Disziplin – schon bei der ersten Probe erschien sie mit dem fertig gelernten Text. Das allerdings machte sie nicht unbedingt beliebt in Bühnenkreisen. Zwar heißt es, in Hannover an der Leine haben die Mädchen schöne Beine, aber es waren nicht nur ihre hübschen, schlanken Beine - von denen ein Kritiker der Wochenzeitung „Die Zeit“ noch 1951 schwärmte - die ihre Karriere begründeten. Ihr Debüt gab sie, blond und schlank, als jugendliche Salondame in der Komödie „Schlemihl“ von Alexander Zinn, dem zweiten Stück dieses Autors, das inzwischen vollständig vergessen ist. In Kritiken wurden ihr außergewöhnliche Sicherheit, lebendiges Temperament, großer Nuancenreichtum in Spiel und Sprache bescheinigt. Alles das mag uns noch oft zu Gute kommen, so las man weiter!
Fridel Mumme schrieb Theatergeschichte, ohne sie ist die hannoversche Theaterszene nicht vorstellbar. Unter sieben verschiedenen Intendanten spielte sie an den städtischen Bühnen, im Landes- und Staatstheater und gehörte zum Stammensemble des Schauspielhauses. Ihr großes Talent ermöglichte es ihr im Laufe von mehr als einem halben Jahrhundert von der Munteren und Naiven, über die Sentimentale, die jugendliche Liebhaberin, Salondame, reife Frau, schließlich die großen Mutter- und Charakterrollen zu spielen. Nachdem das „Städtische Schauspielhaus“ an der Hildesheimerstraße, die 1911 gebaute „Schauburg“, in der Nacht vom 8. zum 9. Oktober 1943 durch Bomben zerstört worden war, verlegte man die Spielstätte ins Hitlerjugendheim, den Ballhof. Hier fanden bis zur allgemeinen Theaterschließung am 1. September 1944 Vorstellungen statt.
Fridel Mumme wurde mit Leinewasser getauft; am 22. März 1898 erblickte Frida, so ihr eigentlicher Name, in Hannover das Licht der Welt. Ihre Kindheit und Schulzeit verbrachte sie in Kiel, wohin der Vater aus beruflichen Gründen mit der Familie gezogen war. Alles wollte sie werden, von der Lehrerin bis zur Missionarin, ans Theater hatte sie nicht gedacht. Aber als das Publikum nach einer Schulaufführung meinte, das Mädel sei talentiert, konnte sie auch ihre Eltern für diesen Berufswunsch begeistern. Mit 17 Jahren begann sie eine Volontärzeit am Wiesbadener Hoftheater, nach zwei Jahren sah man sie dort als Gretchen in Goethes Faust und in anderen großen Rollen. Ihr erstes Engagement erhielt sie 1917 ans Stadttheater Kiel, gleichzeitig gastierte sie in Hannover in Dramen von Lessing und Hauptmann.
Der Neubeginn des hannoverschen Schauspiels nach dem Zweiten Weltkrieg fand, wie schon sein Ende, im Ballhof statt. Die erste Vorstellung war am 11. November 1945 die Premiere von „Spuren im Schnee“, einem Unterhaltungsstück von Josef Nowack. Nach der nationalsozialistischen Zeit, in der moderne, ausländische Stücke verboten waren, wurden nun vorwiegend die Werke zeitgenössischer, besonders US-amerikanischer Autoren aufgeführt. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs hatte Hannovers Schauspiel als verschlafen und verstaubt gegolten, der Anschluss an die Moderne wurde erst im Laufe der 1920er Jahren erreicht. Ähnliches versuchte man jetzt, und Fridel Mumme spielte dabei mehr als eine „tragende Rolle“. Glanzvoll war die Aufführung von Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“, wo sie als Linda Loman gemeinsam mit Günther Neutze und Hanns Lothar auf der Bühne zu sehen war. Die Premiere fand am 19. November 1950 statt, nur ein Jahr nach der US-amerikanischen Uraufführung.
Bald schon wurde sie in Hannover als große Künstlerin bewundert und verehrt. Sie galt sogar als Institution, im Volksmund gab es davon nur vier: Marktkirche, Café Kröpcke, die Keksfabrik Bahlsen und Fridel Mumme.
Auch in anderen Medien war Fridel Mumme zu hören und zu sehen. Als Sprecherin in Hörspielen des im September 1945 gegründete NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) - und einmal versuchte sie sich als Filmschauspielerin. In „Mein Freund der Dieb“ (1951) stand sie gemeinsam mit Hans Söhnker, Vera Molnar, Hardy Krüger und Olga Tschechowa vor der Kamera. Anspruchslose Unterhaltung mit ein paar gefälligen Details, so die Bewertung in einem Filmlexikon.
1972 nahm Fridel Mumme Abschied von der Bühne. Nach beinahe 52 Jahren auf den Brettern, die die Welt bedeuten, saß sie nun bei Premieren im Ballhof in der ersten Reihe. 1978, sie war 80 Jahre alt, verlieh ihr der hannoversche Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg die Stadtplakette, die zweithöchste Auszeichnung nach der Ehrenbürgerwürde. Den Titel Staatsschauspielerin trug sie bereits und war Ehrenmitglied des Niedersächsischen Staatstheaters. Wenn ich nochmals wählen müsste, ich ginge wieder zum Theater. Es ist der herrlichste Beruf, den es gibt. Der anstrengendste vielleicht, aber wunderbar. Mein ganzes langes Wirken auf der Bühne ist eine große Liebeserklärung an das Theater – so ihr Fazit.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie in einem Altersheim, wo sie am 13. Februar 1983 starb. Eine schlichte Platte deckte das Urnengrab in der Abteilung 9 auf dem Stadtfriedhof Engesohde. Ihre Grabstelle wurde im Frühjahr 2014 eingeebnet. Die Autorin hat daraufhin bei der Stadt Hannover den Antrag gestellt, den Begräbnisplatz wieder herzustellen und zu einem Ehrengrab zu erklären. Dieser Antrag befindet sich noch immer in der Prüfung.
(Text von 2017)
Verfasserin: Barbara Fleischer
Literatur & Quellen
Frerking, Johann: Fridel Mumme in Hannover, vierzig Jahre Schauspiel. In: Hannoversche Presse 9.9.1960.
Gerhäuser, Max-Ferdinand: Die Planung der Theater und ihre Entwicklung in Hannover. In: Hannoversche Geschichtsblätter, N.F. 23.1969. S. 85-143.
Harms, Claus: Hannoversche Künstler Porträts. Eine zwanglose Folge von Begegnungen und Gesprächen. 1. Fridel Mumme. In: Die Volksbühne. Zeitschrift für das hannoversche Kulturleben. 5, März 1950, S. 4-6.
Harms, Claus: Sie war eine hannoversche Institution. Zum Tode der Schauspielerin Fridel Mumme. Hannoversche Allgemeine Zeitung 15.2.1983.
Hollmann, Reimar: Hannover wurde um ein Wahrzeichen ärmer. Die Schauspielerin Fridel Mumme starb mit 84 Jahren. Neue Presse 15.2.1983.
Lange, Rudolf: Kleiner Spaziergang durch Hannovers Theatergeschichte. Hannover, Revonnah Verl. 1994. (prinzenstraße, H. 2)
Schulte, Gerd: Eine brillante Salondame und weit mehr. Zum Ausscheiden von Fridel Mumme aus dem Staatstheater. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung 10./11.7.1971.
Schulte, Gerd: Kritik eines Liebenden. Randbemerkungen über die Leinestadt. In: Die ZEIT, Nr. 15 (5.April).1951, S. 5.
http://www.zeit.de/1951/14/kritik-eines-liebenden
Thielen, Hugo: Hannoversches Biographisches Lexikon. Hannover, schlütersche 2002, S. 265.
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