Fembio Specials Frauenbeziehungen Franziska Tiburtius
Fembio Special: Frauenbeziehungen
Franziska Tiburtius
geboren am 24. Januar 1843 in Bidamitz auf der Insel Rügen
gestorben am 5. Mai 1927 in Berlin
deutsche Ärztin
180. Geburtstag am 24. Januar 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
„Frauen sind für das Medizinstudium wegen ihrer schwachen Konstitution und ihrer intellektuellen Minderbegabung – schließlich haben sie eine geringere Gehirnmasse als Männer – ungeeignet. Außerdem wird ihr Zart- und Schamgefühl im Seziersaal verletzt, und eine Frau im Operationssaal kann nur Heiterkeit erregen.” So lauteten die Aussagen zeitgenössischer Medizinprofessoren, als es in Deutschland um die Zulassung von Frauen zum Medizinstudium ging.
Franziska Tiburtius ließ sich nicht abschrecken, sondern ging 1871 zum Studium nach Zürich. Auch für Zürich waren Medizinstudentinnen ein Novum. Als sie gemeinsam mit ihrer Freundin Emilie Lehmus die erste anatomische Vorlesung besuchte, „… war der Saal dicht gefüllt, ... und es erhob sich ein wüster Lärm, Schreien, Johlen, Pfeifen usw.; da hieß es ruhiges Blut behalten … “.
1876 bestand sie ihr Doktorexamen mit „sehr gut“, ging zunächst mit ihrer ebenfalls promovierten Freundin als Assistenzärztin nach Dresden, um sich dann als praktizierende Ärztin in Berlin niederzulassen. Trotz wiederholter Gesuche erhielten die beiden Ärztinnen nicht die Approbation, konnten aber wegen der in Preußen geltenden Gewerbefreiheit auch ohne offizielle Anerkennung praktizieren.
Nach einem Gerichtsbeschluss durfte Tiburtius ihren Doktortitel nicht tragen, und so firmierte sie als „Dr. med. der Univ. Zürich“, doch dies schadete ihrem Ansehen nicht. Ihr ganzes Berufsleben lang kämpfte sie mit Intelligenz und Mut erfolgreich gegen Vorurteile, Niedertracht und Dummheit. Vom schlechten Gesundheitszustand der Berliner Arbeiterfrauen erschüttert, gelang es ihr unter Mühen, eine Poliklinik für Frauen einzurichten, in der sie täglich mit ihrer Freundin bis in die Nacht hinein arbeitete. Die Einkünfte deckten kaum die Auslagen, doch die Tüchtigkeit der beiden Ärztinnen sprach sich herum und zog auch Patientinnen aus der bürgerlichen Schicht an. Franziska Tiburtius ist ein lebendiges Vorbild für uns, denn sie hat sich aktiv für Frauen eingesetzt.
(Text von 1992)
Verfasserin: Sibylle Duda
Literatur & Quellen
Fundorte: 200 Jahre Frauenleben und Frauenbewegung in Berlin. Katalog zur Ausstellung “Kein Ort. Nirgends?” 1987. Hg. Berliner Frauen Kultur Initiative e.V. Berlin. Orlanda.
Hildebrandt, Irma. 1987. Zwischen Suppenküche und Salon: 18 Berlinerinnen. München. Eugen Diederichs.
Plothow, Anna. 1907 [5. Aufl.]. Die Begründerinnen der deutschen Frauenbewegung. Leipzig. Friedrich Rothbarth.
Tiburtius, Franziska. 1923. Erinnerungen einer Achtzigjährigen. Berlin. Schwetschke.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.