Fembio Specials Berühmte Komponistinnen Françoise Hardy
Fembio Special: Berühmte Komponistinnen
Françoise Hardy
(Françoise Madeleine Hardy )
geboren am 17. Januar 1944 in Paris
gestorben am 11. Juni 2024 in Paris
französische Chansonsängerin, Texterin, Komponistin und Filmschauspielerin
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Françoise Hardy betont, dass sie nicht der „gutbürgerlichen“ Schicht entstammt. Ihre Mutter ist Buchhalterin und rackert sich ab für ihre beiden geliebten Töchter. Durch ihren Fleiß ermöglicht sie den Mädchen die Ausbildung und so manche Extras, um deren Leben lebenswerter zu machen als das eigene. Der Vater ist nie da, zahlt kaum Unterhalt und verleugnet seine Töchter. „Es durfte niemand wissen, dass er zwei außereheliche Kinder hatte“, erinnert sich die Sängerin. Briefchen der Mädchen aus dem Urlaub müssen immer in einen Umschlag ohne Absender gesteckt werden, damit fremde Augen nicht sehen, von wem die Post kommt. Die junge Françoise verinnerlicht durch das Verhalten des Vaters ein tiefes Schamgefühl, das sie in ihrer späteren Laufbahn als Sängerin lange beeinträchtigen wird. Oft leidet sie so stark an Lampenfieber, dass sie vor großem Publikum den Liedtext vergisst. Die Schüchternheit in der Öffentlichkeit ist einfach zu groß. Ihre Jugend beeinflusst auch eine sehr kritische Großmutter. Lange Zeit denkt Françoise, es bliebe ihr nur der Weg, als Nonne ins Kloster zu gehen, denn für ein normales Leben sei sie zu unattraktiv.
Diese Einflüsse spiegeln sich so lange in ihrer Laufbahn als Sängerin wieder, bis sie durch die Reaktionen der Außenwelt endlich merkt, wie schön und talentiert sie ist. Ihren Jungmädchencharme behält sie sehr lange, und sie unterstreicht auch heute noch, dass eine Chansonsängerin ein Leben lang eine „Teenie“ bleiben muss. Sehr früh will sie aber unbedingt ihren Traum verwirklichen. Zunächst ist dieser Traum noch sehr bescheiden: Sie will eine Platte aufnehmen. Kurz nach dem bestandenen Abitur erscheint ihre erste Platte.
Mit „Tous les garçons et les filles“ gelingt der ganz großen Erfolg: ein sanftes Chanson über die Jungen und Mädchen ihres Alters. Bald spielt sie ihre Songs auch auf Englisch, Italienisch, Deutsch, Spanisch und Portugiesisch ein. 1963 startet Françoise Hardy für Monaco beim Eurovision Song Contest mit „L'amour s'en va“ und erreicht den fünften Platz. 1968 erhält sie den Schallplattenpreis „Grand Prix du Disque de l'Académie Charles Cros“. In Deutschland wählt die Jugendzeitschrift Bravo Françoise Hardy 1966 zur zweitbeliebtesten Sängerin. Eine Tournee durch Deutschland ist die Folge. Sie macht auch Konzertreisen durch England und Österreich.
Bis heute wundert sie sich, dass sie in den 1960er Jahren als Intellektuelle galt, nur weil sie viele Bücher las. Sie selbst schätzt sich nicht so ein - überhaupt offenbart sie in ihren Reflexionen über sich selbst viel Bescheidenheit. Die Welt ist jedoch von ihr begeistert. David Bowie verliebt sich in sie und spricht davon, dass viele Männer und Frauen sich von Françoise Hardy angezogen fühlten. Ihre äußere Erscheinung zeigt im Laufe der Jahre eine deutliche Wandlung; sie tritt zunehmend als androgyner Typus auf. Sie spielt mit den Rollen von weiblich und männlich. 1981 heiratet Françoise ihren langjährigen Freund, den Künstlerkollegen Jacques Dutronc. Ihre große Popularität hält in Frankreich bis weit in die 1970er und 80er Jahre an. Im Jahr 2000 gelingt ihr mit dem Album „Clair Obscur“ eine Rückkehr in die Öffentlichkeit. 2001 gibt es trotz ihrer selbstkritischen Haltung zur Musik ihrer frühen Jahre 50 Lieder der bisherigen Karriere zusammen zu hören.
Im März 2005 erscheint ein Album mit dem Titel „Tant de belles choses“ und im November 2006 das Album „Parenthèses…“. Im Frühjahr 2010 verblüfft sie mit „La pluie sans parapluie“. Sie wirkte auch in mehreren Filmen mit.
Musik und Texte schreibt sie meist selbst. Die Melodie, oft in einem melancholischen Grundton, inspiriert sie zu den Worten. Ihre Themen kreisen um Liebe, Leid, Einsamkeit, Nähe und Distanz wie auch Glück. Sie ist eine Sängerin, die mit den Nuancen der Liebe spielt. Das Wichtigste dabei ist ihr, authentisch zu sein. Es ist ihr ein Herzensanliegen, an ihre eigenen Lieder zu glauben. „Es geht um den Aspekt der Wahrheit“, sagt Françoise. Wenn sie Texte von anderen annimmt, so nur dann, wenn sie sich mit den Worten identifizieren kann. Françoise Hardy möchte Gefühle zum Ausdruck bringen, und sie möchte berühren, am meisten den geliebten Menschen. Dies sei ihre stärkste Motivation. Dabei spricht sie so vielen Menschen aus dem Herzen, die sich in ihren Texten wiederfinden können, dass sie im In- und Ausland ein Star ist, was sich in einer Flut an Fanpost niederschlägt. Sie wird als freimütig und direkt beschrieben und als Star ohne Allüren. Wer sie auf der Bühne singen sieht, kann sie nur als charismatisch bezeichnen.
Dabei ist ihr das Studio ein magischer Ort. Hier nehmen die Lieder Gestalt an, über die sie lange nachgedacht hat. Françoise Hardy arbeitet gern mit anderen Menschen zusammen, mit SängerInnen und Studiomenschen. Sie braucht aber auch ein sicheres Heim, denn das Wanderleben mochte sie nie. Deshalb ist ihr das eigene Familienleben stets wichtig. Als junge Frau wurde sie einmal in einem Interview gefragt, warum sie nicht verheiratet sei. Sie antwortete, dass sie die richtige Seele noch nicht gefunden habe, und heiraten sei etwas für die Zeit, da Kinder gewünscht werden. Als sie die richtige Seele trifft, ist dies ein Mann, der große Mühe mit seinem Selbstwert hat angesichts einer so berühmten Frau. Insofern ist sein Hang zum Alkohol erklärbar. Mit den Kumpels in der Bar fühlt er sich sicher. „Die Liebe ist es wert, gelebt zu werden“, sagt Françoise. „Man muss aber auch bereit sein, den Preis zu zahlen.“ Die Geburt ihres Kindes wird zur größten Freude ihres Lebens. Und dies ist als beständiges Glück geblieben. Ihr Sohn Thomas beschreibt die Eltern als sehr liebevoll und sein Leben als umsorgt und behütet. Den alkoholisierten Eskapaden des Vaters wird mit Toleranz begegnet. Der Sohn betont, dass er sehr viel Zärtlichkeit erfahren habe. „Es wurde viel geschmust“, erinnert er sich. Ihre Leistung als Mutter sieht Françoise selbstkritisch. Aber sie lenkt ein mit den Worten: „Niemand ist perfekt und man muss das Leben nehmen, wie es kommt.“ Diese Gelassenheit zeigt sie auch ihrem Partner gegenüber, sie schätzt ihn und bezeichnet ihn als stets einfallsreich und überraschend. Ihre Reflexion über die Liebe offenbart sie in einer Bewertung all ihrer Erfahrungen: „Liebe ist nicht nur Begehren, oder sie verpufft sehr schnell.“ Was sie in der Vergangenheit als Schmerz und Leid erfahren habe, sei ein Ausdruck ihrer eigenen Unreife gewesen. Die reife Liebe erkenne, dass die/der andere anders sein muss und nicht gleich. Die Liebe fordere nichts und trägt Sorge dafür, dass die/der andere wachsen kann.
Wenn sie auch eine nüchterne Sicht auf Männer hat, so konstatiert sie doch für sich. “Es lohnt sich nicht wegen Eifersucht zu leiden.“ Allerdings kann sie nur, wenn sie allein ist, ganz und gar tun, was sie möchte. „Ich möchte auf keinen Fall auf das Alleinsein verzichten.“ Einerseits ist die Einsamkeit Quelle für Kraft und Inspiration, andererseits die Musik. ZeitgenossInnen sagen, Françoise nähere sich der Musik unbeschwert. Vorbilder sind für sie andere ChansonsängerInnen. Michel Berger (28.11.1947 - 02 08.1992) verkörpert für sie eine ganze Epoche. Sie sieht in seinem Gesang Perfektion verwirklicht. Bewunderung schenkt sie auch anderen Größen des Chansons. Klassische Musik liebt sie nur dann, wenn diese große melodische Bögen aufweist.
Darüber hinaus interessiert sie an Menschen, was diese zusammenführt. „Wir werden von dem angezogen, was wir selbst nicht sind“, konstatiert sie. „Wir Menschen versuchen uns zu ergänzen durch das, was uns fehlt.“ Über sich offenbart sie: „Ich bin ein sehr ernsthafter Mensch. Ich interessiere mich vor allem für ernste Themen: Spiritualität, Tod und den Sinn des Lebens.“ Dabei fühlt sie sich im Großen-Ganzen jedoch aufgehoben. Das Universum sei zu geordnet, um ohne eine höhere Macht auszukommen. Gott ist für sie das Unergründliche. Er übersteige unser Fassungsvermögen. Für ihr eigenes Leben zieht sie daraus mit großer Erleichterung den Schluss, dass es für uns Menschen auch Probleme ohne Lösung gibt.
(Text von 2013)
Verfasserin: Evelyn Thriene
Links
Literatur & Quellen
ARTE Dokumentation „Françoise Hardy. Ikone der Melancholie“, gesendet am 22. Juli 2010
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.