Fembio Specials Frauen aus Nürnberg Else Oppler
Fembio Special: Frauen aus Nürnberg
Else Oppler
Minya Diez-Dührkoop, 1907 (wikimedia commons)
(Else Oppler (-Legband))
geboren am 21. Februar 1875 in Nürnberg
gestorben am 7 Dezember 1965 in Überlingen am Bodensee
deutsche Bühnenbildnerin und Kunsthandwerkerin, Designerin
150. Geburtstag am 21. Februar 2025
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Schon als junges Mädchen empörte sich Else Oppler, dass künstlerisches Arbeiten von Frauen unter dem Gesichtspunkt des „Zeitvertreibs“ betrachtet wurde und nicht als Möglichkeit professionell zu arbeiten und damit eigenes Einkommen zu erzielen. Eine wichtige Inspiration für sie war die 17. Generalversammlung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) 1893 in Nürnberg, die zur Gründung des Vereins Frauenwohl führte, in dem sie einige Jahre später ihre ersten beruflichen Erfolge in den neugeschaffenen Künstlerischen Werkstätten feiern konnte.
Ein Studium war Frauen ihrer Generation noch nicht möglich, aber sie setzte durch, dass sie in München in dem „Atelier für Damen“ von Maximilian Dasio eine fundierte künstlerische Ausbildung erhielt. Aquarellmalen hatte sie schon in Nürnberg studiert; nun machte sie sich mit der organischen Darstellung von Pflanzen vertraut, fertigte grafische Arbeiten an, lernte Radieren, Schnitzen, Lithographieren, Möbelbauen, stickte aber auch und entwarf Ballkleider. Zum ersten Mal, schreibt sie ihrer Freundin Mimi Cohen (1), hadere sie nicht mehr damit, „nur“ eine Frau zu sein. (2)
Am 1. Oktober 1901 übernimmt Else Oppler die Leitung der Künstlerischen Werkstätten mit der sie großes Renommee erringt. Nürnberg wird ihr jedoch zu eng, sie will nach Berlin, und 1903 wird ihr die Leitung der Abteilung „Künstlerische Frauenkleidung“ im Kaufhaus Wertheim angeboten. Das „Künstlerkleid“ widersetzte sich wie die Reformkleiderbewegung dem Korsettzwang, hatte aber gleichzeitig hohe ästhetische Ansprüche an Schnitt, Farbe und Stoff, eigens entwickelt für jede Trägerin. Else Oppler zeigt dies im Frühjahr 1904 mit einer aufsehenerregenden Ausstellung, in der ihre eigenen Kreationen und die anderer Künstlerinnen von Verkäuferinnen des Kaufhauses vorgeführt werden.
Netzwerke waren für professionell ambitionierte Frauen unabdingbar. Mit der Gründung des Internationalen Lyceum Clubs 1905 in Berlin, in dem Else Oppler von Beginn an mitwirkte, sollte vor allem auch durch Ausstellungen öffentlicher Raum von Frauen erobert werden. Auch die Gründung des Deutschen Werkbunds 1907, der Kunst vom „Sofakissen bis zum Städtebau“ propagierte, entsprach ihren Vorstellungen. Schon 1908 wurde sie Mitglied, was von ihrem Ansehen und Durchsetzungsvermögen zeugt, denn es wurden nur sehr wenige Frauen aufgenommen.
Else Oppler ist unermüdlich, neben ihrer Arbeit bei Wertheim führt sie ein „Atelier für kunstgewerblichen Unterricht“, geht auf Vortragsreisen, setzt sich für das „Kulturgut Handarbeit“ an Schulen und Kunstgewerbeschulen ein. 1910 übernimmt sie die Leitung der „Höheren Fachschule für Dekorationskunst“ des Werkbunds.
1911 wird ihr Mann Paul Legband (1) in Freiburg Theaterintendant. Nun pendelt sie zwischen Freiburg, Berlin und Köln. In Freiburg erstellt sie eine Reihe von Bühnenbildern für verschiedene Inszenierungen und erringt auch hiermit große Anerkennung.
Sie ist an zwei spektakulären Ausstellungsprojekten beteiligt. Für die Ausstellung des Lyceumclubs 1912 „Die Frau in Haus und Beruf” in Berlin, die ausschließlich von Frauen konzipiert und umgesetzt wurde, ist Else Oppler Mitglied im geschäftsführenden Ausschuss. Zusammen mit Lilly Reich gestaltet sie den architektonischen Bau für eine der großen Hallen, entwirft ein Bibliothekszimmer, Korbmöbel und dekoriert Auslagen.
Für die Ausstellung des Werkbunds 1914 in Köln verfolgten die Frauen das Konzept, sich mit einem eigenen Haus zu beteiligen, um ihre Professionalität auf allen Gebieten zu beweisen. Else Oppler war Geschäftsführerin im Organisationskomitee, Anna Muthesius Vorsitzende, Lilly Reich Schriftführerin.
Gegen beide Ausstellungen liefen Kollegen und Kunstkritiker Sturm. Sie bemängelten fehlende Kompetenzen der Frauen im Konstruktiven, die auf der anderen Seite nicht „weiblich“ genug seien. Sie sollten doch bei den weiblichen Künsten – dem Sticken und dekorativ Entwerfen bleiben!
1916 geht Else Oppler zurück nach Berlin und steigt erfolgreich in das Filmgeschäft ein, entwirft Kostüme und Filmkulissen für eine Reihe populärer Produktionen. Nach ihrer Scheidung und ökonomisch schwierigen Zeiten beginnt sie 1927 eine Beziehung mit Peter Behrens, aus Vernunftgründen, wie sie schreibt, nicht aus Liebe. 1931 übernimmt sie die Bauaufsicht und Fertigstellung des „Haus der Ring der Frauen“ in der Berliner Bauausstellung, nach dem Entwurf von Peter Behrens.
Ihr nächster großer Auftrag wird jäh beendet. Für die Ausstellung des Lyceum Clubs „Die Frau“ im März 1933 sollte sie ein Theaterstück mit Musik entwickeln: „Die Mode seit hundert Jahren“. Mitten in den Proben verboten die Nationalsozialisten „der Jüdin“ die Weiterarbeit. Diese Erfahrung bewegt Else Oppler sehr schnell dazu, ins Exil zu gehen. Sie will „instinktiv ihre geistige Freiheit retten“, wie sie schreibt und verlässt Deutschland.
Da sie keine Chancen mehr für sich im Kunstbereich sieht und sich schon länger für Biodynamische Landwirtschaft begeisterte, versucht sie einen neuen Anfang auf einem biodynamischen Gut, Loverendale in Holland. Sie übernimmt die Herstellung von Konserven, Marmeladen, Saucen nach eigenen Rezepten, die in ganz Holland verschickt werden. Aber auch hier wird es ungemütlich, deshalb zieht sie 1935 nach Meran und übernimmt dort die selbstständige Bewirtschaftung des, „Lindenhof“ mit Weinbergen, Obstbau, Gemüseanlagen, Hühner- und Viehzucht. 1937 wandert sie endgültig aus Deutschland aus und nimmt ihren festen Wohnsitz in Meran. Mit eigenem Inventar errichtet sie eine kleine vornehme Pension, die sie bald hätte vergrößern können, wenn sie nicht auch hier wieder vertrieben worden wäre.1939 emigriert sie nach Schweden, schlägt sich durch mit dem Verkauf von Aquarellbildern und wird Gesellschafterin für eine noch ältere Dame. 1952 kehrt Else Oppler nach Deutschland zurück. Bis zu ihrem Tod lebt sie in Überlingen.
(Text von 2025)
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(1) Mimi Cohen, verh. Borchardt war lebenslang ihre beste Freundin. 490 Briefe von Else Oppler sind in dem Nachlass von Mimi Borchardt überliefert.
(2) Else Oppler an Mimi Cohen 1.3.1899
(3) Nach ihrer Heirat 1904 hieß Else Oppler offiziell „Legband“, nannte sich aber Oppler-Legband. In der zeitgenössischen Literatur wird sie häufig auch weiter Else Oppler genannt. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland wird sie überall nur noch „Legband“ genannt und bedauert sehr, dass „Frau“ ihr Leben lang an den Namen des Ehemanns gefesselt sei, auch wenn der gar nicht mehr ihr Ehemann sei.
Verfasserin: Gaby Franger
Literatur & Quellen
Franger, Gaby: Else Oppler (1875-1965) eine außergewöhnliche Künstlerin, Nürnberg, Frauen in der Einen Welt 2023, ISBN978-3-935225-16-8; Bestellung: info@frauenindereinenwelt.de
Oppler-Legband, Else: „Das Haus der Frau”. In: Offizieller Katalog, 1. Ed. Berlin 1914a, S. 199-200.
Oppler-Legband, Else: „Das Haus der Frau in der Werkbundsiedlung”, Illustrirte Zeitung. Werkbund Nummer. Herausgegeben in Gemeinschaft mit der Deutschen Werkbundausstellung Cöln 1914, 142. Band, Leipzig 21.Mai 1914b, S. 18.
Oppler-Legband, Else: „Die Höhere Schule für Dekorationskunst“. In: Jahrbuch des Deutschen Werkbundes 1, 1912, S. 105-110.
Oppler-Legband, Else: „Die Höhere Schule für Dekorationskunst“. In: Durchgeistigung der deutschen Arbeit. Ein Bericht vom Deutschen Werkbund. Jena: Eugen Diederichs 1911, S.51-55.
Oppler-Legband, Else: „Handarbeiten und Stickereien in der Schule“. In: Die Werkkunst. Berlin 1908, S. 129-131.
Oppler-Legband, Else: „Weibliche Handarbeiten“. Vortrag gehalten im Verein für Deutsches Kunstgewerbe zu Berlin. In: Der Werkbund, Heft 5, 1907/08 S. 73-75.
Oppler-Legband, Else: „Die französische Mode und wir.“ In: Die Frau /1904/1905, Jg. 1904, S. 285–290.
Oppler-Legbaud, Else [sic]: „The German Dress Movement“, The Independent, 1905, S. 487–493.
Pepchinski, Mary: Feminist Space, Exhibitions and Discourses between Philadelphia and Berlin 1865-1912. Weimar VDG, 2007
Stratigakos, Despina: „Exhibiting the New Woman. The Phenomenal Success of Die Frau in Haus und Beruf”. In: Dies. A Women's Berlin. Building the Modern City, Minneapolis London, University of Minnesota Press 2008
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