Fembio Specials Frauen aus Lateinamerika Clarice Lispector
Fembio Special: Frauen aus Lateinamerika
Clarice Lispector
Maury Gurgel Valente
geboren am 10. Dezember 1925 in Tschetschelnik/Ukraine
gestorben am 9. Dezember 1977 in Rio de Janeiro
brasilianische Schriftstellerin
45. Todestag am 9. Dezember 2022
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
„Sie war allein. Sie war verlassen, glücklich, nahe dem wilden Herzen“, schreibt Clarice Lispector über Johanna, die Protagonistin ihres ersten Romans, der 1944 in Brasilien erschien.
Damit wurde Lispector, 19 Jahre alt und Vollwaise, auf Anhieb berühmt. Hochbegabt war die Tochter russischer Bauern jüdischen Glaubens, die im Alter von zwei Monaten mit ihrer Familie nach Brasilien kam. Während ihres Jurastudiums, das sie 1943 abschloss, arbeitete sie als eine der ersten Journalistinnen Brasiliens bei der staatlichen Presseagentur Agencia Nacional in Rio de Janeiro.
Von ihrem ersten Gehalt kaufte sie sich ein Buch von Katherine Mansfield. 1943 heirate sie ihren Kommilitonen Maury Gurgel Valente, der Diplomat wurde und mit dem sie zwischen 1945 und 1960 in Europa und den USA lebte. Zwei Söhne wurden in dieser Zeit geboren. Daneben schrieb – Romane, Erzählungen, Kinderbücher und Journalistisches –, malte, fotografierte und übersetzte sie.
„Ich suche mir meine Themen nicht aus, sie zwingen sich mir auf“, sagte sie einmal, deren Texte um Einsamkeit, Angst, Freiheit, Liebe-nehmen und Liebe-geben kreisten.“ Wunden wurden ihr und hat sie sich selber zugefügt.
1964 ist sie fast den Tod der Ingeborg Bachmann gestorben. Zuviel Schlaftabletten, eine Zigarette. Ihre Söhne retteten sie vor dem Feuertod. Verkrüppelungen an den Händen blieben zurück – Schreiben ist von da an mit Schmerzen verbunden. Dazu kommt der Druck vonseiten der neu etablierten Militärdiktatur. Sie sei keine brasilianische Schriftstellerin, sondern Jüdin, wirft man ihr vor. Sie bekommt Publikationsverbot und ist doch, inzwischen geschieden, auf Einkünfte durchs Schreiben angewiesen.
In ihrem letzten Buch „Die Stunde des Sterns“ heißt es: „Wer mich liest, soll einen Schlag in den Magen bekommen, damit er erfährt, ob es guttut. Das Leben ist ein Schlag in den Magen.“ Bald darauf stirbt Clarice Lispector 52jährig an Magenkrebs.
(Text von 1996)
Verfasserin: Susanne Gretter
Zitate
Auf dem jüdischen Friedhof von Rio de Janeiro sprach der berühmteste brasilianische Lyriker, Carlos Drummond de Andrade über die „Schätze der Clarice“:
Clarice
kam aus dem Mysterium, zog in ein anderes.
Wir haben das Wesen des Mysteriums nicht erfahren.
Oder das Mysterium war nicht wesentlich. Wesentlich
war Clarice, die in ihm reiste.
Literatur & Quellen
Lispector, Clarice. 1981. Nahe dem wilden Herzen. Roman. Aus d. bras. Portugies. v. Ray–Güde Mertin. Frankfurt/M. Suhrkamp.
Lispector, Clarice. 1982. Die Nachahmung der Rose. Aus d. bras. Portugies. v. Curt Meyer–Clason. Frankfurt/M. Suhrkamp.
Lispector, Clarice. 1983. Der Apfel im Dunkeln. Roman. Aus d. bras. Portugies. v. Curt Meyer–Clason. Frankfurt/M. Suhrkamp.
Lispector, Clarice. 1994. Aqua viva. Aus d. bras. Portugies. v. Sarita Brandt. Frankfurt/M. Suhrkamp.
Moser, Benjamin. 2015. Clarice Lispector. Eine Biographie. Frankfurt/M. btb.
Reichardt, Dieter. Hg. 1994. Autorenlexikon Lateinamerika. Frankfurt/M. Suhrkamp.
Strausfeld, Mechthild. Hg. 1984. Brasilianische Literatur. Frankfurt/M. Suhrkamp.
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