Fembio Specials FemBiografien von Adelheid Steinfeldt (1925-2014) Charlotte Buff-Kestner
Fembio Special: FemBiografien von Adelheid Steinfeldt (1925-2014)
Charlotte Buff-Kestner
(Charlotte Kestner, geb. Buff)
geboren am 11. Januar 1753 in Wetzlar
gestorben am 16. Januar 1828 in Hannover
deutsche Hausfrau und Mutter, “Werthers Lotte”
270. Geburtstag am 11. Januar 2023
195. Todestag am 16. Januar 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Charlotte Buff-Kestner wurde zu einer berühmten Frau, weil der 23jährige, noch fast unbekannte Goethe sich im Sommer 1772 leidenschaftlich in sie verliebte. Diese Liebe konnte keine Erfüllung finden, denn Charlotte war bereits dem Johann Christian Kestner versprochen. Aber sie inspirierte Goethe zu seinem Roman Die Leiden des jungen Werther, den er 1774 veröffentlichte. Dieser Roman traf genau den Zeitgeist und schlug wie ein Blitz ein. Die Wirkung ging weit über die seiner späteren Werke hinaus. Werther wurde zur Idolfigur einer ganzen Generation, wirkte aber auch als Provokation und Bedrohung der geltenden Moral. Der Roman wurde in viele Sprachen übersetzt, kopiert, korrigiert, teils verboten und ging dann heimlich von Hand zu Hand.
Kestner, den Charlotte inzwischen geheiratet hatte und der mit ihr nach Hannover ins Elternhaus gezogen war, fand sich und seine Frau “übel decouvriert und prostituiert” und ahnte, welcher Klatsch im standesgeprägten Hannover auf sie zukommen würde. Während es für Kestner lebenslang unangenehm blieb, als “Albert” zu gelten, nutzte Lotte in ihrer heiteren Gelassenheit und Lebensklugheit ihren Ruf geschickt aus, vorwiegend um ihren Söhnen Protektion und Fürsprache für deren weitere Karriere zu sichern.
Sie brachte in 27 Ehejahren acht Söhne und vier Töchter zur Welt, bewältigte den großen Haushalt mit Organisationstalent, Fleiß und Sparsamkeit und war mit ihrem fröhlichen Naturell, ihrer Hilfsbereitschaft und einem festen Gottvertrauen allseits beliebt.
Kestner starb im Mai 1800 unerwartet auf einer Dienstreise. Charlotte gelang es, die weit verstreute große Familie in ungewöhnlicher Solidarität, besonders der Älteren für die Jüngeren und der Töchter zugunsten der Söhne, zusammenzuhalten und auch die schweren und unsicheren Jahre der französischen Besatzung – mit viel Einquartierung, Kontributionszahlungen, ausbleibender Pension und Gehältern – leidlich zu überstehen.
Die Kestnersöhne stiegen ins Großbürgertum auf und heirateten Frauen aus geachteten Familien. Am berühmtesten wurde August (der “römische Kestner”), dessen Sammelleidenschaft später zur Gründung des Kestnermuseums in Hannover führte.
Das Wiedersehen von Charlotte und Johann Wolfgang 1816 in Weimar blieb höflich-kühl (vgl. Thomas Manns Lotte in Weimar).
Charlotte Kestner starb nach kurzer Krankheit, von ihrer großen Familie und vielen Freunden tief betrauert. Ihr Grab ist zu finden auf dem Gartenfriedhof in Hannover.
(Text von 2002)
Verfasserin: Adelheid Steinfeldt
Literatur & Quellen
Goethe, Johann Wolfgang von. 2002 [1774]. Die Leiden des jungen Werthers. Frankfurt/M. Suhrkamp Basis Bibliothek 5.
Mann, Thomas. 1999 [1939]. Lotte in Weimar. Frankfurt/M. Fischer TB.
Rahmeyer, Ruth. 1999 [1994]. Werthers Lotte: Goethes Liebe für einen Sommer. Frankfurt/M. Insel TB.
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