Fembio Specials Black History Billie Holiday
Fembio Special: Black History
Billie Holiday
(Elinore Harris [Geburtsname]; Eleanora Fagan [Taufname]; Lady Day [Spitzname]; Eleonora McKay [Ehename])
geboren am 7. April 1915 in Philadelphia
gestorben am 17. Juli 1959 in New York City
US–amerikanische Jazzsängerin
65. Todestag am 17. Juli 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Billie Holiday musste eine schwierige Kindheit in Armut durchstehen, bevor sie zu der Jazzsängerin der 1930er und 1940er Jahre wurde. Obwohl sie keine musikalische Ausbildung bekommen hatte, besaß sie eine unglaubliche Fähigkeit, Rhythmen, Synkopen und Kadenzen zu „hören“, und entwickelte ihren eigenen, einmaligen improvisatorischen Stil. Durch die hypnotisierende Intensität und Emotionalität ihres Gesangs beeinflusste Holiday die Jazz- und Popmusik auf Jahre hinaus. Die Frau, die sich als Kind für Louis Armstrong und Bessie Smith begeisterte, sang schließlich selbst mit fast allen großen Musikern der Swing-Ära. Frank Sinatra pries Holiday als seinen wichtigsten musikalischen Einfluss.
Billie Holiday - für ihre Lebensgeschichte fast so bekannt wie für ihren Gesang - wurde schon zu Lebzeiten zum Inbegriff des „tragischen“ Opfers – von Rassismus, Männergewalt, Drogen und Alkohol. In der zweiten Hälfte ihrer Karriere stilisierte sie sich auch in dieser Rolle und sang bevorzugt Balladen, die - wie „Ain’t Nobody’s Business If I Do“ - vom Leid einer schwer Gezeichneten handeln. Aber der Mythos der selbstzerstörerischen Künstlerin trifft nur die eine Seite der Sängerin. Seit ihren Anfängen war sie temperamentvoll und lebenslustig und genoss die Vergnügungen, die sich einer Nachtclubsängerin in Harlem boten, in vollen Zügen, von Alkohol und Marihuana bis hin zu Sex mit Männern und Frauen – worunter die Schauspielerinnen Tallulah Bankhead und Marlene Dietrich gewesen sein sollen. Die von einem Ghostwriter verfasste „Autobiographie“ Lady Sings the Blues (1954) hat zu dem Mythos beigetragen, ist aber in vielen Details nicht zuverlässig, und der gleichnamige Film mit Diana Ross (1972) noch weniger.
Sadie Harris ist 19 und unverheiratet, als ihre Tochter Eleanora in Philadelphia zur Welt kommt. Die Mutter sagt ihrem Kind, der talentierte Guitarrist Clarence Holiday sei ihr Vater. Da Sadie als Dienstmädchen für reisende weiße Frauen selbst oft verreist ist, wird Eleonora unter diversen Verwandten in Baltimore herumgereicht. Zweimal landet sie in einer katholischen Besserungsanstalt, zuerst wegen Schulschwänzens, und dann, nachdem sie mit elf Jahren von einem Nachbarn vergewaltigt wurde. Nach der fünften Klasse verlässt Eleanora die Schule, hat aber die Musik von Louis Armstrong, oder Pops, wie sie ihn nennt, schon entdeckt – auf einem Plattenspieler in einem Bordell der Nachbarschaft.
1929 folgt sie ihrer Mutter nach Harlem. Beide werden bald danach bei einer Razzia der Sittenpolizei verhaftet und wegen Prostitution angeklagt. Eleonora verbringt eine kurze Zeit im Zuchthaus und beginnt dann, 14jährig, in den Harlemer Nachtclubs für Trinkgelder zu singen. Sie nimmt den Nachnamen ihres vermeintlichen Vaters an und den Vornamen ihrer Lieblingsschauspielerin des Stummfilms, Billie Dove.
1933 wird sie von dem jungen Musikproduzenten John Hammond „entdeckt“ – er hat schon Bessie Smith aufgenommen und fördert auch solche Jazzlegenden wie Benny Goodman, Count Basie und Teddy Wilson, sowie Pete Seeger und später auch Aretha Franklin, Bob Dylan and Bruce Springsteen. Hammond organisiert ihre erste Aufnahmesession mit Benny Goodman und nimmt sie 1935 unter Vertrag: Sie soll mit dem Pianisten Teddy Wilson Platten für das wachsende Jukebox-Geschäft aufnehmen. Während dieser Zeit lernt sie auch den Saxophonisten Lester Young kennen, der ein enger Freund und geschätzter Kollege wird. Er gibt ihr den Namen „Lady Day“, und sie nennt ihn „Prez“, den Präsidenten.
1937-38 tritt Billie Holiday mit dem Count Basie Orchester auf und geht dann mit Artie Shaw und seiner Band auf Tournee. Sie ist eine der ersten schwarzen Frauen, die mit einer „all-white“ Band auftritt, und muss wiederholte Diskriminierungen hinnehmen, vor allem im amerikanischen Süden, wo sie in weißen Restaurants nicht bedient wird. 1939 singt Holiday im Café Society, dem ersten rassisch integrierten New Yorker Nachtclub, den bewegenden Song „Strange Fruit“. Das Lied des linken Lehrers Abel Meropol über gelynchte schwarze Männer durfte nicht im Radio gesendet werden und wurde von Columbia Records als „zu aufrührerisch“ abgelehnt. Holiday bestand aber darauf, es aufzunehmen, und konnte es schließlich bei Commodore Records herausbringen. Es wurde zu ihrem Erkennungs-Song und kam 1978 in die Grammy Hall of Fame.
1941 heiratet Holiday den Playboy James Monroe, einen eleganten, gewalttätigen Schurken, der in der Sängerin eine Goldgrube sieht. Er ist es wahrscheinlich, der sie mit Opium bekannt macht. Als er wegen Drogenschmuggels verurteilt wird, beginnt sie eine Affäre mit Joe Guy, einem Musiker, der sie wie Monroe mit Drogen versorgt. Spätestens ab 1945 ist Holiday heroinsüchtig. Obwohl sie den Höhepunkt ihres Ruhms und ihrer Einnahmen erreicht hat, ist Billie jetzt wegen ihrer Sucht und der „Freunde“ um sie herum immer knapp bei Kasse. 1947 wird sie verhaftet und wegen Rauschgiftbesitz angeklagt; ohne einen Anwalt bekennt sie sich schuldig und geht für ein Jahr und einen Tag in den Knast. Eine zweite Anklage 1949 endet mit einem Freispruch.
In den späten 40er und frühen 50er Jahren erlebt Holiday noch spektakuläre Comeback-Auftritte, wie die ausverkauften Konzerte in der Carnegie Hall 1948 oder 1954 ihre erfolgreiche europäische Tournee und der Auftritt beim ersten Newport Jazz Festival. Aber die Jahre schweren Trinkens, Rauchens und Drogenkonsums rächen sich, und am 30. Mai 1959, nach Monaten gesundheitlichen Verfalls, bricht Billie Holiday zusammen und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Sie wiegt kaum 43 Kilo. Die Diagnose lautet Lebererkrankung mit Komplikationen. Als eine Krankenschwester weißes Puder auf Billies Nachttisch entdeckt, werden die Polizei und das FBI eingeschaltet. Holiday wird wieder wegen Rauschgift verhaftet, vor ihrer Tür werden Wächter aufgestellt. Dieses Mal entkommt Billie der Strafvervolgung: Sie stirbt am 17. Juli mit 44 Jahren, so gut wie mittellos.
Verfasserin: Joey Horsley
Zitate
Billie Holiday Zitate
I hate straight singing. I have to change a tune to my own way of doing it. That's all I know.
Somebody once said we never know what is enough until we know what's more than enough.
aus Lady Sings the Blues (1956), Holidays Autobiographie, verfasst mit William Dufty:
No two people on earth are alike, and it's got to be that way in music or it isn't music. (Ch. 4)
I'm always making a comeback but nobody ever tells me where I've been. (Ch. 23)
Zitate über Billie Holiday:
She had a real zest for life. As a performer, she could make you fall in love, she could break your heart.… There was no other person on the face of this earth who was like her. Billie Holiday was a single edition.
(Nightclub-Besitzer Barney Josephson, zitiert in Nicholson 118)
The way she sang around a melody, her uncanny harmonic sense and her sense of lyric content was almost unbelievable in a girl of seventeen.
(John Hammond, zitiert in Nicholson 39)
I never heard her hit a bad note that was off by even a sixteenth of a tone. She had a remarkable ear … and a remarkable sense of time …. She had her own thumb-print, when she sang it was unmistakably her … [when] she sang something it came alive, I mean, that’s what jazz is about.
(Artie Shaw, zitiert in Nicholson 107)
Her recordings with saxophonist Lester Young “left one of the most important recorded legacies in the history not only of jazz, but also of twentieth-century music.”
(Stuart Nicholson 85)
She could express more emotion in one chorus than most actresses can in three acts.
(Jeanne Moreau)
Einige der Zitate gefunden hier.
Links
The Official Billie Holiday Website.
Online verfügbar unter https://billieholiday.com/, zuletzt geprüft am 05.07.2019.
. ladyday.net: The Unofficial BILLIE HOLIDAY Website. Informative Fanseite (engl.), mit Lese-, Hör- und Sehempfehlungen.
Online verfügbar unter http://www.ladyday.net/, zuletzt geprüft am 05.07.2019.
Lubbers, Mike: Billie Holiday Discography. Übersichtlich gegliedert, nach verschiedenen Aspekten durchsuchbar, mit mp3-Dateien, Videos, CD-Shop, Links und vielen Fotos.
Online verfügbar unter http://www.billieholiday.be/, zuletzt geprüft am 05.07.2019.
Google Buchsuche: Billie Holiday.
Online verfügbar unter https://www.google.de/search?q=Billie+Holiday&tbm=bks, zuletzt geprüft am 05.07.2019.
Herman Leonard Photography, LLC. Wunderbare Jazzfotos von Billie Holiday (und anderen).
Online verfügbar unter http://hermanleonard.com/index.php/gallery/1/1/65/Print, zuletzt geprüft am 05.07.2019.
Internet Movie Database: Billie Holiday. Filmografie.
Online verfügbar unter http://www.imdb.com/name/nm0390507/, zuletzt geprüft am 05.07.2019.
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Holiday, Billie, 1915-1959. Veröffentlichungen.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/118706454.
Schmidt, Holger (2009): Erinnerung an Billie Holiday: Zwischen Satin und Zuckerrohr. Zeit online, 17. Juli 2009.
Online verfügbar unter https://www.zeit.de/online/2009/29/billie-holiday/komplettansicht, zuletzt geprüft am 05.07.2019.
Literatur & Quellen
For additional sources in English, see the English version.
Archer, Robyn; Simmonds, Diana (1986): A star is torn. London. Virago. ISBN 0-86068-514-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Hammond, John (1933): Billie Halliday. In: Melody Maker, April 1933.
Holiday, Billie; Dufty, William (1956): Lady sings the blues. New York. Doubleday. (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Placksin, Sally (1982): Jazzwomen. 1900 to the present. Their words, lives, and music. London. Pluto Press. 1985. ISBN 0-7453-0089-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Schmidt-Joos, Siegfried (Hg.) (1985): Songs und Chansons. Am Ende des Regenbogens. Judy Garland, Billie Holiday, Edith Piaf, Janis Joplin. Frankfurt am Main. Ullstein. (Idole, 6 ; Ullstein, 36516) ISBN 3-548-36516-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weiterführende Literatur
Blackburn, Julia (2008): Billie Holiday. (=With Billie) Aus dem Englischen von Barbara Christ Berlin. Berliner Taschenbuch-Verlag. (BvT, 555) ISBN 978-3-8333-0555-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Clarke, Donald (1995): Billie Holiday. Wishing on the moon. Eine Biographie. Aus dem Englischen von Barbara Schaden Frankfurt am Main. Zweitausendeins. ISBN 3-86150-409-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Holiday, Billie (1983): Lady sings the blues. Autobiographie. Hamburg. Edition Nautilus. 1999. ISBN 3-89401-110-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
O'Meally, Robert: Billie Holiday, Lady Day. Gesichter einer Jazzlegende. Mit CD. Aus dem amerikanischen Englisch von Friedrich Hobek St. Andrä-Wördern. Hannibal. ISBN 3-85445-111-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Terkel, Studs (2005): Giganten des Jazz. (=Giants of jazz) Aus dem amerikanischen Englisch von Karl Heinz Siber Frankfurt am Main. Zweitausendeins. ISBN 3-86150-723-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
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