Fembio Specials Frauen aus Frankfurt am Main Bertha Pappenheim
Fembio Special: Frauen aus Frankfurt am Main
Bertha Pappenheim
(Anna O. (in Breuer & Freuds Studien über Hysterie, 1885. )
geboren am 27. Februar 1859 in Wien
gestorben am 28. Mai 1936 in Frankfurt / Neu-Isenburg
deutsche Frauenrechtlerin, Pionierin der Sozialarbeit, Gründerin des Jüdischen Frauenbunds
165. Geburtstag am 27. Februar 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Bertha Pappenheim ging mit ihrem realen Namen in die Geschichte der Frauenbewegung ein und als “Fall Anna O.” in die Geschichte der Psychoanalyse als Entdeckerin der “talking cure” und der “kathartischen Methode”.
Anna O./Bertha Pappenheim entstammte väterlicherseits einer reichen jüdischen Familie aus dem Wiener Großbürgertum. Die Familie hing sicherlich noch einem konservativen Frauenideal an. Das bedeutete, daß für die Frau die Ehe die einzig akzeptable Lebensperspektive blieb. Dem entzog sich Anna O./Bertha Pappenheim dadurch, daß sie noch ungefähr bis in ihr 29. Lebensjahr krank war und somit das gängige Heiratsalter überschritten hatte.
Der Arzt Josef Breuer, ein Freund Sigmund Freuds, wurde im Dezember 1880, als “Anna O.” 21 Jahre alt war, zu ihr gerufen. Im Juni 1882 brach Breuer die Behandlung ab und vermittelt in seiner Krankengeschichte in den Studien über Hysterie von 1885 den Eindruck, als wäre Anna O. geheilt. Tatsächlich schlossen sich noch vier längere Sanatoriumsaufenthalte an, bis sie 1888 mit ihrer Mutter, die aus einer Frankfurter Familie stammte, endgültig nach Frankfurt übersiedelte.
Aus dem Kreis der mütterlichen Verwandtschaft erhielt sie Anregungen für ein karitatives Engagement in der jüdischen Gemeinde. Ihr Interesse an Frauenfragen und an der Arbeit der deutschen Frauenbewegung wurde immer größer, und sie begann, sich für die Sache der Frauen, insbesondere der jüdischen Frauen, einzusetzen.
1895 übernahm sie die Leitung eines jüdischen Waisenhauses. 1902 gründete sie die Weibliche Fürsorge in Frankfurt, einen Verein, der sich um notleidende Familien und Einzelpersonen kümmerte.
1904 rief sie den reichsweiten Jüdischen Frauenbund ins Leben, als dessen Vorsitzende und Delegierte sie an zahlreichen internationalen Frauenkongressen teilnahm.
1907 gründete Bertha Pappenheim in Neu-Isenburg bei Frankfurt ein Heim für gefährdete Mädchen und nichteheliche Mütter. Einen Großteil ihres Vermögens spendete sie der Sozialarbeit. Seit 1917 war sie führende Mitarbeiterin der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.
Seit der Jahrhundertwende betrieb Bertha Pappenheim unermüdliche Aufklärungskampagnen über die Lage der Juden in Galizien und unternahm Feldzüge gegen Prostitution und Mädchenhandel.
Dies sind, kurz zusammengefaßt, die wichtgsten Stationen der sozialen und feministischen Arbeit Bertha Pappenheims. Die Vorstellungen und Formen sozialer Arbeit, die sie entwicjelte, sind aber, über die jüdische Wohlfahrt hinaus, von weittragender Bedeutung für die Sozialarbeit in Deutschland überhaupt.
Anna O./Bertha Pappenheim gehört zur ersten Generation jener Frauen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die mit der Tradition der “Wohlfahrtsdamen” brachen und versuchten, soziales Engagement organisatorisch wie inhaltlich zu systematisieren und ihm eine spezifische Zielrichtung und Form zu verleihen: Die Form “geistiger” oder “sozialer” Mütterlichkeit, die die deutsche Sozialarbeit fortan geprägt hat.
(Auszüge aus Duda, Sibylle. 1992.“Bertha Pappenheim (Anna O.)”, in: Duda, Sibylle & Luise F. Pusch. Hg. 1992. WahnsinnsFrauen. Frankfurt/M. suhrkamp TB 1876. S. 123-145).
Verfasserin: Sibylle Duda
Literatur & Quellen
Brentzel, Marianne. 2002. Anna O. - Bertha Pappenheim: Biographie. Göttingen. Wallstein.
Breuer, Josef & Sigmund Freud. 1995 [1885]. Studien über Hysterie. Repr. der Erstausg. Frankfurt am Main. Fischer.
Konz, Britta. 2005. Bertha Pappenheim (1859 - 1936): Ein Leben für jüdische Tradition und weibliche Emanzipation. Frankfurt/Main; New York. Campus.
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