Fembio Specials Frauenbeziehungen Arletty
Fembio Special: Frauenbeziehungen
Arletty
(Léonie Bathiat)
geboren am 15. Mai 1898 in Courbevoie bei Paris
gestorben am 24. Juli 1992 in Paris
französische Schauspielerin
125. Geburtstag am 15. Mai 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Das 94 Jahre währende Leben der französischen Schauspielerin Arletty verlief wie eine steil ansteigende und ebenso steil wieder abfallende Kurve. Arletty, die eigentlich Léonie Bathiat hieß, stammte aus ärmlichen Verhältnissen und arbeitete sich vom Fotomodell zur Filmschauspielerin hoch. Mit 40 war sie ein Star, mit 47 erlebte sie 1945 ihren größten künstlerischen Triumph und fiel zugleich als “Kollaborateurin” bei ihrem französischen Publikum in Ungnade – von diesem Schlag erholte sich ihre Karriere nie mehr.
Nachdem sie bereits drei Filme des “poetischen Realismus” mit Marcel Carné gedreht hatte (Hotel du Nord 1938, Le jour se lève 1939 und Les visiteurs du soir 1942), wurde sie weltberühmt durch seinen Klassiker Les enfants du paradis (dt. Kinder des Olymp) – dessen Drehbuch Jacques Prévert schrieb und in dem auch Pierre Brasseur und die blutjunge Maria Casarès mitwirkten. Ihre Darstellung der charismatischen Kurtisane Garance, nach der sich der Pantomime Baptiste (hinreißend gespielt von Jean–Louis Barrault) in einer tragischen “amour fou” verzehrt, ist unvergeßlich. Als der Film im März 1945 uraufgeführt wurde, hatte die Hauptdarstellerin eine zweimonatige Haftstrafe hinter sich und stand seit Monaten unter Hausarrest, weil sie eine Liebesaffäre mit einem deutschen Luftwaffenoffizier gehabt hatte. Sie verbrachte die meiste Zeit allerdings recht komfortabel im Turm des Schlosses La Houssaye bei Paris, das das Ehepaar Bellanger ihr als Zuflucht zur Verfügung gestellt hatte. Die Schloßherrin war sehr verliebt in Arletty, wie viele Frauen, die ihrer erotischen Ausstrahlung und ihrer rauchigen Stimme verfallen waren und wohl auch von ihr erhört wurden.
Bis 1949 bekam Arletty keine Rollen mehr. Sie lebte zurückgezogen in einem Häuschen auf der Belle Île vor der Südküste der Bretagne, das ihr ein Verehrer geschenkt hatte. In den fünfziger Jahren hatte sie eine Art Comeback. Nachdem sie 1949 die Blanche in der französischen Fassung von Tennessee Williams' Endstation Sehnsucht kreiert hatte, spielte sie u.a. die Rolle der Inez in der Verfilmung von Sartres Huits-Clos (Geschlossene Gesellschaft, 1954).
Mit sechzig Jahren begann Arletty zu erblinden und war mit 68 völlig blind - hatte aber noch ein Vierteljahrhundert zu leben. Diese Zeit verbrachte sie in einer kleinen Wohnung in Paris, bis zuletzt Stolz und Haltung bewahrend und umsorgt von Freundinnen und Freunden, an denen es in ihrem Leben nie gemangelt hatte. Sie legte Rechenschaft ab in zwei Bänden Memoiren, La défense (1971) und Je suis comme je suis (1987).
(Text von 2001)
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Keine andere französische Schauspielerin, weder zu ihrer Zeit noch später, umgab eine vergleichbare Aura unergründlichen Charmes, gestärkt von einer gesunden Prise proletarischer Selbstsicherheit und humoriger Ironie. Einige nannten sie “die französische Garbo”, doch sie war eine weit schillerndere Persönlichkeit als die scheue Schwedin.
(Lord)
Sie bemerkte ..., daß [Kafkas Roman Der Prozeß] dem Leben nur allzu nahe kam, da sie selbst ohne wirkliches Gerichtsverfahren verurteilt und bestraft worden war.
(Lord)
With her striking features and aloof, mysterious air, Arletty was a kind of French Marlene Dietrich.
(Baseline's Encyclopedia of Film)
... worldwide reputation as the interpreter of the quintessential sophisticated Parisian woman ...
(Encyclopedia Britannica)
Literatur & Quellen
Ariotti, Philippe & Philippe de Comes. 1978. Arletty. Paris. Veyrier.
Arletty. 1971. La Défense. Paris. La table ronde.
Arletty, mit Michel Souvais. 1987. Je suis comme je suis. Paris. Vertiges du Nord/Carrere.
Demonpion, Denis. 1996. Arletty. Paris. Flammarion.
Gilles, Christian. 2000. Arletty ou la liberté d'être: Avec un portrait-entretien. Paris. Harmattan.
Lord, James. 1995. Außergewöhnliche Frauen: Sechs Porträts [=Six Exceptional Women: Further Memoirs]. Aus d. am. Engl. von Irmengard Maria Gabler. München. Matthes & Seitz
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