Fembio Specials Frauen aus Lateinamerika Annemarie Rübens
Fembio Special: Frauen aus Lateinamerika
Annemarie Rübens
geboren am 24. Mai 1900 in Banfield, Provinz Buenos Aires, Argentinien
gestorben am 8. Mai 1991 in Göttingen
deutsch–argentinische Theologin, Widerstandskämpferin und Wohltäterin
30. Todestag am 8. Mai 2021
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Annemarie Rübens lebte in zwei Welten. Ihre erste war die “Dritte Welt”, doch mit 9 Jahren schon zog sie mit ihren Eltern in die “Erste” nach Deutschland. Dort verbrachte sie ihre Jugend, studierte Theologie und arbeitete ab 1927 als Vikarin in Kölner Berufsschulen und Altersheimen. In einer Zeit, in der, gemäß dem Vikarinnengesetz, Frauen vom Pfarramt und Gemeindegottesdienst ausgeschlossen waren, lief Annemarie Rübens Sturm gegen die Männerherrschaft in der evangelischen Kirche. War diese Frau schon in der Republik recht unbequem für die Kirche, so wurde sie ihr im “Dritten Reich” zu einer unerträglichen Belastung. Sie ließ sich nicht gleichschalten. Ihre Gebete und Predigten richteten sich gegen Völkerhaß und Rassismus.
Sie emigrierte zuerst nach Holland. 1936 ging sie zurück an den Rio de la Plata. Mit einer kleinen Erbschaft erwarb sie einen alten Bauernhof in Colonia Valdense, auf halben Weg zwischen Buenos Aires und Montevideo.
Das “Haus Rübens” wurde zum Treffpunkt der von den Nazis verfolgten Emigration. Die Mitglieder der sozialistischen Gruppe “Anderes Deutschland” (der auch sie angehörte) wie August Siemsen, ehemaliger SPD-Abgeordneter und Mitbegründer der Pestalozzischule in Buenos Aires, die Schauspielerin Hedwig Schlichter, die später einen sehr großen Einfluß auf die Bonaerenser SchauspielerInnen-Ausbildung hatte, Clement Moreau, der bekannte Graphiker und Maler, waren häufige Gäste im “Haus Rübens”. Den Kindern der politischen und vor allem jüdischen EmigrantInnen - die vertrieben, gedemütigt, heimatlos geworden waren - gab sie Selbstbewußtsein und Lebensfreude wieder. Annemaries freiheitlicher Geist übte starken Einfluß auf die Jugendlichen aus. Als 1973 die Militärs auch in Uruguay eine Diktatur errichteten, wurde das “Haus Rübens” trotz des großen Risikos wieder Zufluchtsstitte. Diesmal für die Kinder der politischen Gefangenen. Kinder, die miterlebt hatten, wie Vater, Mutter oder beide verhaftet und mißhandelt wurden. Mit diesen Kindern 24 Stunden am Tag zu leben, ihren furchtbaren traumatischen Erlebnissen zu begegnen, zu versuchen, ihnen Lebensfreude zu vermitteln, war bezeichnend für die Weltanschauung und den Charakter von Annemarie Rübens.
Als sie 1975 in Deutschland, wo sie Mittel zum Unterhalt das Kinderhorts sammelte, erfuhr, daß sie auf der Fahndungsliste der Militärs stand, kehrte sie nicht mehr nach Uruguay zurück.
Verfasserin: Ernst Kroch
Zitate
Unsere Liebe muß rein bleiben. Es darf sich mit ihr kein Haß verbinden. Weder der Haß gegen andersdenkende Volksgenossen, noch der gegen blutsfremde Volksgenossen, noch gegen fremde Völker ... Wir sind nicht bloß Deutsche, wir sind Kinder Gottes. Heute kommt der Warnruf bereits zu spät. Wir naben vergessen, daß wir Kinder Gottes sind. Die Flut des Hasses gegen die Volksgenossen, die frei von nationaler Leidenschaft sind, steigt täglich. Gleicherweise auch die Flut des Hasses gegen unsere jüdischen Volksgenossen. Rausch und Verzauberung…
(Aus einer Predigt, die sie am 2. April 1933 in einer Kölner Kirche hielt. Woraufhin die Kirche ihr kündigte.)
Literatur & Quellen
Gusner, Iris und Helke Sander 2009. Fantasie und Arbeit: Biografische Zwiesprache. Schüren Verlag. S. 30-32: “Annemarie Rübens”.
Günther van Norden, Klaus Schmitt (Hg.), Sie schwammen gegen den Strom, Widersetzlichkeit und Verfolgung rheinischer Protestanten im “Dritten Reich”, Greven Verlag Köln, 2006, S. 64 - 66, Ein solidarisches Leben.
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