Fembio Specials Frauen aus Leipzig Anna Magdalena Bach
Fembio Special: Frauen aus Leipzig
Anna Magdalena Bach
geboren am 22. September 1701 in Zeitz
gestorben am 27. Februar 1760 in Leipzig
deutsche Sängerin; zweite Frau Johann Sebastian Bachs
320. Geburtstag am 22. September 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Sie hätte selbst Karriere machen können, denn sie war fürstliche Sängerin am Köthener Hof, als sie 1721 im Alter von zwanzig Jahren den sechzehn Jahre älteren Johann Sebastian Bach heiratete. Aber sie verzichtete auf eigenen Ruhm und schuf stattdessen fortan die Atmosphäre, in der sich sein Werk – und infolgedessen sein Ruhm – entfalten konnte. So versorgte sie seine vier Kinder aus erster Ehe und zog von Köthen mit nach Leipzig, als ihr Mann zum Kantor an der dortigen Thomaskirche berufen wurde – ein Amt, mit dem auch leidige Unterrichtsverpflichtungen an der Thomasschule verbunden waren. In den folgenden zwanzig Jahren brachte sie dreizehn Kinder zur Welt, von denen sieben das Kindesalter nicht überlebten. In zehn Jahren (zwischen 1723 und 1733) gebar sie zehn Kinder, nur drei überlebten. Anna Magdalena Bach starb zehn Jahre nach dem Tod ihres Mannes als “Almosenfrau” in Leipzig.
So viel zu den bedauerlich wenig Fakten über sie, die dokumentarisch belegbar sind und deren geringe Zahl ein Beweis dafür ist, daß sie offenbar für ihre Mit- und Nachwelt “nicht der Rede wert” war. Dennoch, diese Fakten sind interpretierbar und lassen folgende Rückschlüsse zu: Hätte sie Sebastian nicht geliebt, dann hätte sie seinetwegen nicht auf ihre eigene, Erfolg versprechende musikalische Laufbahn verzichtet. Als Ehefrau und Mutter führte sie ein körperlich und seelisch immens anstrengendes Leben. Zählt man zu ihren vollendeten Schwangerschaften noch vermutliche Fehlgeburten hinzu, so war sie beinahe ständig schwanger, solange sie denn überhaupt schwanger sein konnte. Schonende Zurückhaltung war Sebastians Sache wohl nicht.
Der ohnehin kinderreiche Haushalt beherbergte zusätzlich – manchmal monatelang – noch viele Schüler ihres Mannes sowie zahlreiche Gäste, die den Kontakt zu Bach suchten – und von der “Bachin” versorgt werden mußten. Arbeitete der Vater, mußte die Mutter für Ruhe sorgen – angesichts seines ständigen Komponierens zu Hause eine ebenso ständige An- und Überforderung für Mutter wie Kinder. Kam der Vater – entnervt durch mangelnde Schülerdisziplin und intrigante Vorgesetzte – aus der Thomasschule, mußte die ebenfalls gestresste Mutter als fürsorgliche Gattin entspannende und tröstliche Atmosphäre verbreiten, um so das große Werk ihres Mannes zu fördern. Viele der Noten, die er dabei zu Papier brachte, kopierte sie handschriftlich für ihn – vermutlich spät abends bis nachts. Ging er auf Reisen, blieb sie in der Regel zu Hause. Starben ihre Kinder, fand er Trost und Ablenkung beim Komponieren. Und sie? In neuerlicher Schwangerschaft? Wohl kaum.
Als Bach starb, gab es acht Klaviere im Haus, dazu noch viele weitere wertvolle Instrumente, aber keine nennenswerten finanziellen Rücklagen für die Witwe. Die “großen” Söhne Bachs, für deren Erziehung und Ausbildung der Vater keine Mühen gescheut hatte (die Mutter sicherlich auch nicht!), sahen sich offenbar außerstande, Anna Magdalena finanziell angemessen zu unterstützen. Im Februar 1760 starb sie, durch Armut verelendet, nach neunjähriger Witwenschaft im Alter von 58 Jahren.
Verfasserin: Mechthild Winkler-Jordan
Links
http://mugi.hfmt-hamburg.de/A_lexartikel/lexartikel.php?id=bach1701
Literatur & Quellen
Geiringer, Karl. 1958. Die Musikerfamilie Bach: Leben und Wirken in drei Jahrhunderten. Unter Mitarbeit von Irene Geiringer. München. Beck.
Koch-Kanz, Swantje & Luise F. Pusch. 1988. “Die Töchter von Johann Sebastian Bach”, in: Pusch, Luise F. Hg. 1988. Töchter berühmter Männer: Neun biographische Portraits. Frankfurt/M. Insel TB 979. S. 117-154.
Schulze, Hans Joachim. 1990. “'Zumahln da meine itzige Frau gar einen sauberen Soprano singet…”, in: Bodeit, Friderun. Hg. 1990. “Ich muß mich ganz hingeben können”: Frauen in Leipzig. Leipzig. Verlag für die Frau. S. 31-41.
Meynell, Esther. 1981 [1932]. Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach. Herford. Koehler.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.