Fembio Specials Pionierinnen der Frauenbewegung Andreina Emeri
Fembio Special: Pionierinnen der Frauenbewegung
Andreina Emeri
(Andreina Ardizzone Emeri)
geboren am 1. Februar 1936 in Bozen, Südtirol/Italien
gestorben am 30. Juli 1985 auf einer Reise am Nordkap, Norwegen
italienische Feministin, Rechtsanwältin und Politikerin aus Südtirol
85. Geburtstag am 1. Februar 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Andreina Emeri war eine der führenden Frauen im Südtirol der 1970er und 1980er Jahre. Angeregt von der sozialen Auf- und Ausbruchstimmung der 68er und der StudentInnenbewegung begannen sich Frauen in Gruppen zu organisieren. Andreina Emeri war dabei, als sich 1971 in Bozen die »Gruppe Aleksandra Kollontaj« bildete und blieb bis zu ihrem Tod aktives Mitglied. Die Gruppe verstand sich als »collettivo« – Kollektiv, es gab keine Vorsitzende, Hierarchien wurden vermieden, Entscheidungen wurden grundsätzlich nur gemeinsam getroffen. Donnerstag war »Kollontaj«-Tag. Pünktlich um halb neun trafen sich die Frauen, oft im Haus Emeri, wo die Beaufsichtigung der kleineren Kinder durch Andreinas Kinder gewährleistet war, wo gemeinsam gegessen und getrunken wurde und die Frauen sich ungestört austauschen konnten.
Selbsterfahrung und Forderung nach öffentlich rechtlicher Anerkennung waren nicht mehr voneinander zu trennen. Die Frauen erhoben ihre politische Stimme, gingen mit ihren Anliegen auf die Straße und hatten beachtliche öffentliche Erfolge. Bei den Kundgebungen ging es nicht nur um die Einführung von Gesetzen, sondern auch darum, dem Bedürfnis nach Selbstbestimmung Ausdruck zu verleihen.
Andreina Emeri war die zentrale Figur zahlreicher öffentlicher feministischer Initiativen in Südtirol. Eine der ersten konkreten Maßnahmen in Bozen, die direkt aus der Erfahrung des »Frauenkollektiv Kollontaj« erwuchs, war 1973 die Einrichtung der an den nationalen Verband angeschlossenen AIED Beratungsstelle (Associazione Italiana per L’Educazione Demografica). Emeri wurde deren Vorsitzende und vertrat sie auf nationaler Ebene. Als Anwältin übernahm Emeri in der Beratungsstelle unentgeltlich die Rechtsberatung.
Andreina Emeri beginnt 1954 mit 18 Jahren das Jurastudium in Rom und heiratet 1955 gegen den Willen ihrer Eltern den um viele Jahre älteren Anwalt Claudio Emeri, mit dem sie nach Mailand zieht, wo sie ihr Studium fortsetzt. Neben dem Studium arbeitet sie in seiner Kanzlei. 1957 kehren sie gemeinsam nach Bozen zurück, wo am 14. August ihr erster Sohn Andrea zur Welt kommt. Andreina hatte neben ihren starken intellektuellen und beruflichen Interessen eine tiefe Sehnsucht nach Familie und Mutterschaft. Trotz ihrer Familienarbeit schloss sie ihr Studium ab, bestand die Berufsprüfung und arbeitete in der Kanzlei. 1960 gebar Emeri Zwillinge, Gian Claudio und Michele, 1963 die Tochter Valentina.
Emeris Ideale und Stärke prägten ihr privates Umfeld und ihre Familie. »Wir wuchsen in einer Welt auf, die es eigentlich nicht gab«, so Tochter Valentina in einem Interview. Ihr soziales Engagement in den Bereichen Familien- und Arbeitsrecht manifestierte sich auch in ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin. Sie vertrat die Interessen der Gewerkschaften und des MieterInnenschutzverbandes und wurde als eine der ersten weiblichen Anwältinnen Anlaufstelle für ratsuchende Frauen aus allen Teilen Südtirols.
Ab 1983 wurde die Frauenrechtlerin auch in politischen Institutionen aktiv. Sie kandidierte bei den Landtagwahlen und wurde über die »Alternative Liste für das andere Südtirol« in den Landtag gewählt. Dort trug sie wesentlich dazu bei, dass frauenbezogene Themen auf politischer Ebene diskutiert wurden. »Mit Einsatz, Hartnäckigkeit und Durchsetzungsvermögen brachte sie die Anliegen der Frauen vor, verlor nie ihre Korrektheit und genoss daher auch den Respekt ihrer Gegner«, heißt in einem Nachruf. Andreina Ardizzone Emeri starb unerwartet am 30. Juli 1985 während einer Reise in Norwegen.
Verfasserin: Ingrid Facchinelli
Links
Fondazione Alexander Langer Stiftung.
Online verfügbar unter http://www.alexanderlanger.org/, zuletzt geprüft am 26.07.2020.
Südtiroler Landtag. Historisches. IX. Legislaturperiode (1983 – 1988).
Online verfügbar unter https://www.consiglio-bz.org/it/consigliere-i/legislatura-9.asp, zuletzt geprüft am 26.07.2020.
RadioRadicale.it: Elezioni amministrative in Alto Adige: il successo del MSI. Audio-Dateien (Real-Player wird benötigt).
Online verfügbar unter http://www.radioradicale.it/scheda/29818/29845-elezioni-amministrative-in-alto-adige-il-successo-del-msi, zuletzt geprüft am 26.07.2020.
Literatur & Quellen
Facchinelli, Ingrid (Hg.) (2005): Andreina, scritti e ricordi / Schriften und Erinnerungen, Andreina Emeri 1936 – 1985. Bozen. Fondazione Alexander Langer Stiftung (www.alexanderlanger.org).
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