Fembio Specials Frauenbeziehungen Adele Schopenhauer
Fembio Special: Frauenbeziehungen
Adele Schopenhauer
geboren am 12. Juni 1797 in Hamburg
gestorben am 25. August 1849 in Bonn
deutsche Schriftstellerin und Scherenschnitt-Künstlerin
175. Todestag am 25 August 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Die Bedeutung Adele Schopenhauers ist im öffentlichen Bewusstsein immer verblasst: zunächst neben dem glanzvollen Auftritt ihrer Mutter, der Schriftstellerin und Salonnière Johanna Schopenhauer, und später neben dem Ruhm ihres Bruders, des Philosophen Arthur Schopenhauer. Erst in den vergangenen Jahren haben mehrere Autorinnen wieder auf Adele Schopenhauer aufmerksam gemacht, allen voran Angela Steidele mit ihrer beeindruckenden Doppelbiographie „Geschichte einer Liebe“ über Adele und ihre Lebenspartnerin Sibylle Mertens-Schaaffhausen.
Adele Schopenhauer wurde am 12. Juni 1797 als zweites Kind des Kaufmanns Heinrich Floris Schopenhauer und seiner Frau Johanna in Hamburg geboren. Nach dem Freitod des Vaters 1805 siedelten Mutter und Tochter nach Weimar über, wo Johanna Schopenhauer einen Salon eröffnete und dort die gebildeten Kreise der Stadt zu Tee und Gesprächen empfing, allen voran den “Dichterfürsten” Johann Wolfgang von Goethe. Adele führte seit 1806 eine enge und intensive Freundschaft mit Ottilie von Pogwisch und teilte mit ihr zahlreiche künstlerische Interessen. Adeles kunstvolle Scherenschnitte fanden in der Weimarer Gesellschaft allgemeine Anerkennung.
Als 1819 das Bankhaus Muhl in Danzig, bei dem das gesamte Vermögen von Johanna und Adele Schopenhauer angelegt war, zahlungsunfähig wurde, mussten Mutter und Tochter fürchten, ihr gesamtes Vermögen zu verlieren, konnten dann aber durch einen Vergleich doch Teile davon retten. Arthur Schopenhauer, der den größten Teil seines Vermögens schon früher aus der Bank abgezogen hatte, weigerte sich, an diesem Vergleich teilzunehmen, und riskierte damit ein Scheitern des Vergleichs insgesamt. Die Auseinandersetzungen darüber führten zum Bruch mit Adele - Johanna Schopenhauer hatte den Kontakt zu ihrem Sohn bereits mehrere Jahre zuvor beendet.
Als junge Frau erlebte Adele eine Reihe unglücklicher Verliebtheiten in verschiedene Männer, über die sie in ihrem „Tagebuch einer Einsamen“ ausführlich schrieb. Nach der Heirat Ottilies mit August von Goethe fühlte sie sich von der Freundin allein gelassen. Ihr selbst gelang es nicht zu heiraten, und Johannas noch immer aufwendige Lebenshaltung zehrte an dem gemeinsamen Vermögen von Mutter und Tochter.
Auf einer Reise ins Rheinland lernte Adele Schopenhauer 1828 die sehr wohlhabende und unglücklich verheiratete Sibylle Mertens-Schaaffhausen kennen. Die sich rasch entwickelnde Liebe zwischen den beiden Frauen führte dazu, dass Adele und Johanna Schopenhauer 1829 ins Rheinland umsiedelten, wo Sibylle und Adele etwa zwei Jahre lang glücklich miteinander lebten, bevor eine Krise 1831 zur Trennung führte. In der Folgezeit machte sich Adele noch zweimal, vergeblich, Hoffnungen auf eine Ehe.
1835 veröffentlichte Adele ihren ersten Roman „Die lothringischen Geschwister“. Nach dem Tod Johanna Schopenhauers 1838 gab Adele deren Nachlass heraus und arbeitete später an einem eigenen Roman sowie, zusammen mit Walther von Goethe, an einem Opernlibretto, „Erlinde“. 1841 erschien „Theolinde. Eine Erzählung aus der nächsten Vergangenheit“. Die langjährige Bekanntschaft mit Annette von Droste-Hülshoff entwickelte sich zu einer intensiven Arbeits- und Freundschaftsbeziehung.
Nach dem Tod von Louis Mertens erneuerten Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens 1842 ihre Liebesbeziehung und blieben bis zu Adeles frühem Tod zusammen. Adele litt schon seit Jahren an einer nicht diagnostizierten Krebserkrankung, gegen die auch mehrere Kuren in Karlsbad wenig ausrichteten. Dennoch veröffentlichte Adele Schopenhauer 1844 mit Erfolg ihre „Haus-, Wald- und Feldmärchen” und ihren Roman „Anna“.
Vom Herbst 1844 an lebten Sibylle und Adele in Italien, wo Adele Feuilletons, kunstgeschichtliche Aufsätze und einen Reiseführer für Florenz schrieb. Weil ihr Gesundheitszustand sich dramatisch verschlechterte, musste sie 1848 nach Deutschland zurückkehren, wo sie am 25. August 1849 in Bonn, im Haus von Sibylle Mertens, starb. Sie wurde nur 52 Jahre alt.
(Text von 2014)
Verfasserin: Renate Kraft
Wie Adele Schopenhauer zu sich selber kam. Essay von Renate Kraft
Literatur & Quellen
Büch, Gabriele (2002): Alles Leben ist Traum. Adele Schopenhauer. Eine Biographie. Berlin: Aufbau
Bürger, Christa (2013): Die Erotomanin, die sich nicht traut. Das gescheiterte Leben der Adele Schopenhauer. 09.06.2013. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/2135346 (13.10.2013)
Hiller, Rudolf (1944): Die Schwester des großen Bruders. Berichte über das Leben von Schwestern berühmter Männer. Berlin: Dr. v. Arnim & Co.
Müller, Ulrike (2007): Die klugen Frauen von Weimar. Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen. München: Elisabeth Sandmann
Pohl, Ilse (2005): Meine Lieder werden leben. Miniaturen von Cornelia Goethe, Adele Schopenhauer, Clara Schumann und Annette von Droste-Hülshoff. Frankfurt/M. u.a.: Frankfurter Verlagsgruppe
Safranski, Rüdiger (1987/2002): Schopenhauer und Die wilden Jahre der Philosophie. München u.a.: Hanser
Seeliger, Domietta (2004): Adele Schopenhauer: nicht nur die Schwester des Philosophen. Frankfurt/M.: Peter Lang
Steidele, Angela (2010): Geschichte einer Liebe. Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens. Berlin: Insel
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.