Fembio Specials Künstlerinnen - Eine Ausstellung von Almut Nitzsche Adélaïde Labille-Guiard
Fembio Special: Künstlerinnen - Eine Ausstellung von Almut Nitzsche
Adélaïde Labille-Guiard
geboren am 11. April 1749 in Paris
gestorben am 24. April 1803 in Paris
französische Malerin
275. Geburtstag am 11. April 2024
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Die Kindheit zwischen Stoffen, Bändern, Schleifen und sonstigem Modeputz in dem Geschäft ihres Vaters, eines Kurzwarenhändlers und Hoflieferanten, merkt man später Adélaïde Labille-Guiards Porträts mit den exquisit gemalten, naturgetreuen Roben an. Ihr Interesse an der Kunst wird früh in den nahe gelegenen Ateliers geweckt, und mit 14 Jahren steht ihre mutige Entscheidung fest: Sie will Malerin werden.
Einen ersten Lehrer findet sie in ihrem Nachbarn, dem Miniaturmaler Élie Vincent, der auch an der Académie de Saint-Luc unterrichtet. Dieses Institut ermöglichte denjenigen Künstlerinnen, die keine Aufnahme in die königliche Akademie fanden, ihre Werke einem Publikum (d.h. eventuellen Käuferinnen) vorzustellen. Besonders für Frauen war dies oft die einzige Chance, auf ihre Kunst aufmerksam zu machen.
Bei Vincent lernte Labille dessen Sohn, einen begabten jungen Maler, kennen, der ihr lebenslanger, treuer Freund wird. 1769 jedoch heiratet Labille den acht Jahre älteren Nicolas Guiard, einen Beamten bei der Steuerbehörde – man weiß eigentlich nicht, warum. Das Ehepaar scheint einige Jahre nebeneinander her zu leben, bis sich Labille-Guiard 1779 endgültig von ihrem Mann trennt (die Scheidung ist erst während der Französischen Revolution möglich).
Labille-Guiard setzt ihre Studien bei dem führenden Pastellmaler Quentin de La Tour fort. 1774 stellt sie zum ersten Mal in der Académie de Saint-Luc aus – die Zeitgenossinnen bewundern ihren kühnen Pinselstrich, das Spiel mit dem Licht, die natürlichen Farben und die lebendige Wiedergabe der Personen. Ihr Stil wird als kraftvoll und als größtes Kompliment »männlich« gepriesen. Keines ihrer Porträts schmeichelt den Dargestellten in süßlicher Weise, sondern spiegelt das Wesen und den Charakter, auch die Stimmungen ihrer Modelle wider. Das Bild ihres Freundes Vincent zeigt ihn in mittleren Jahren, die Haare schon etwas gelichtet, Spuren seiner Erfahrungen im Gesicht, eine Brille auf der Nase.
Damit unterscheidet sich Labille-Guiard von ihrer Kollegin Vigee-Lebrun, die ihre Modelle etwas gefälliger und idealisierter porträtiert. Beide Malerinnen mussten mit etlichen, sehr kränkenden Schmähschriften kämpfen. Labille-Guiard wirft man vor, ihre Bilder von einem männlichen Freund (gemeint ist Vincent) überarbeiten zu lassen. Dagegen wehrt sie sich entschieden und erhebt gegen die Urheber Anklage. Um alle Zweifel zu beseitigen, malt sie eine Porträtserie der wichtigsten Mitglieder der Académie Royale und hat damit die bekanntesten Malerkollegen als Zeugen für ihre Kunstfertigkeit.
Labille-Guiard und Vigee-Lebrun werden 1783 am selben Tag in die Académie Royale de la Peinture et Sculpture aufgenommen. Großes Aufsehen in dem Salon der Académie von 1785 erregt Labille-Guiards Selbstporträt mit zwei Schülerinnen, ein lebensgroßes Gemälde, das die Künstlerin prachtvoll gewandet vor ihrer Staffelei zeigt, ihre Lieblingsschülerinnen hinter ihr stehend.
Als in der Academie Royale 1790 über die neuen Statuten verbandelt wird, setzt sich Labille-Guiard leidenschaftlich für die Rechte von Künstlerinnen ein. Mit großer Mehrheit nehmen die Mitglieder – gegen den Willen des damaligen Direktors – zwei ihrer Anträge an: die unbeschränkte Aufnahme von Frauen in die Academie und deren Lehrbefugnis. Diese Errungenschaften waren – wie viele andere in der Revolution erkämpften – nur von kurzer Dauer.
Der Auftrag für ein Historiengemälde (Empfang eines Ordensritters von Saint-Lazare durch den Großmeister, den späteren Louis XVIII) war die große Chance für Labille-Guiard, denn die Historienmalerei galt als die edelste Form der Malerei und war den Männern vorbehalten. Labille-Guiard hoffte im Falle eines Erfolgs auf ein ganz neues und interessantes Betätigungsfeld. Deshalb war es ein harter Schlag für sie, als sie das 4 x 5 m große Gemälde 1793 während der Schreckensherrschaft kurz vor der Vollendung mitsamt allen Vorstudien vernichten musste.
In den folgenden zwei Jahren stellte sie nicht mehr im Salon aus und zog sich in die Umgebung von Paris zurück. Dabei war sie anfangs von der Revolution und den Möglichkeiten für Frauen begeistert: vor allem erwartete sie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Künstlerinnen, für die sie sich seit Jahren – auch mit der Gründung der ersten Schule für Malerinnen – eingesetzt hatte.
Als sie 1800 Vincent heiratet, ist ihre Gesundheit schon angegriffen, und sie stellt letztmalig im Salon aus. Drei Jahre später stirbt sie nach langer, schwerer Krankheit in Paris.
Verfasserin: Adriane von Hoop
Links
Auricchio, Laura (2007): Self-Promotion in Adlade Labille-Guiard’s 1785 Self-Portrait With Two Students.
Online verfügbar unter https://www.redorbit.com/news/health/893350/selfpromotion_in_adlade_labilleguiards_1785_selfportrait_with_two_students/, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
Getty Museum: Adélaïde Labille-Guiard (French, 1749 - 1803). Kurzbiografie (engl.) und ein Werk.
Online verfügbar unter http://www.getty.edu/art/collection/artists/3524/adlade-labille-guiard-french-1749-1803/, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
Jeffares, Neil: Adélaïde LABILLE-GUIARD. Eintrag in der Onlinefassung des Dictionary of pastellists before 1800. PDF-Datei.
Online verfügbar unter http://www.pastellists.com/Articles/LabilleGuiard.pdf, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
National Museum of Women in the Arts: Adélaïde Labille-Guiard.
Online verfügbar unter https://nmwa.org/art/artists/adelaide-labille-guiard/, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
Portalis, Roger (1902): Adélaïde Labille-Guiard (1749-1803). Onlinefassung, frz. (Digitalisat).
Online verfügbar unter https://archive.org/stream/adladelabill00port#page/n7/mode/2up, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
Werke online
akg-images: Search Result: Adélaïde Labille-Guiard. Werke.
Online verfügbar unter https://www.akg-images.de/CS.aspx?VP3=SearchResult&VBID=2UMESQ5LUUJCOQ, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
artnet: Adélaïde Labille-Guiard.
Online verfügbar unter http://www.artnet.de/k%C3%BCnstler/ad%C3%A9la%C3%AFde-labille-guiard/, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
Wikimedia Commons (2019): Adélaïde Labille-Guiard. Werke.
Online verfügbar unter https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Ad%C3%A9la%C3%AFde_Labille-Guiard, zuletzt geprüft am 13.04.2023.
Literatur & Quellen
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Bildquellen
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