Empfehlungen William Murray: Janet, My Mother, and Me
William Murray: Janet, My Mother, and Me
William Murray Janet, My Mother, and Me : A Memoir of Growing Up With Janet Flanner and Natalia Danesi Murray Gebunden – 224 Seiten – Simon & Schuster Books Erscheinungsdatum: Februar 2000 EUR 27,83
Mein Kommentar:
William Murray, geb. 1926, ist der Sohn von Natalia Danesi Murray, der Lebensgefährtin von Janet Flanner. Durch seine Memoiren bekommen wir einen weiteren Einblick in die faszinierende Geschichte dieses Paars (vgl. meinen Kommentar zu Darlinghissima, Natalias Ausgabe der Briefe Janets an sie (1985, dt. 1995). Als Natalia sich 1940 in Janet verliebte, war sie 38, Janet 48 und der kleine Bill war 14. Janet verbrachte die Kriegsjahre in New York und begleitete den Jungen nun mit freundlicher Distanz; vor allem weckte sie in ihm einen enormen Respekt vor ihrer schriftstellerischen Tätigkeit, förderte sein literarisches Talent und stand ihm bei Befreiungsversuchen gegen seine Mutter bei. William Murrays Ton ist charmant, bescheiden und liebenswert selbstkritisch. Da ich das Buch aber nicht seinetwegen gelesen habe, habe ich die Kapitel, in denen er von seinen pubertären Abenteuern und seinen Karrierefehlschlägen erzählt, nur überflogen. Was dies Buch besonders wertvoll macht, sind einige Briefe Janets, die Natalia in ihrer Ausgabe nicht veröffentlichen mochte und die William, der sie geerbt hat, uns nun zugänglich macht. Sie dokumentieren vor allem schmerzhafte Krisen der Beziehung. Natalia kämpfte für ein "ganz normales" lesbisches Familienleben zu zweit im trauten Heim – Janet aber konnte und wollte ihre Arbeit für den New Yorker in Paris nicht aufgeben - thank goodness, möchte frau ausrufen, denn sonst hätten wir nicht ihre "Letters from Paris", die zum Besten gehören, was im letzten Jahrhundert über Paris und französische Kultur und Politik geschrieben wurde. Was ich als Abonnentin der ehrwürdigen Kulturzeitschrift The New Yorker ebenfalls sehr interessant finde, ist Murrays Darstellung der New Yorker-Zentrale von innen. Der sagenumwobene Lektor William Shawn spielte auch im Berufsleben von Rachel Carson eine wesentliche Rolle – so findet sich denn vieles hier zusammen. Schön ist das Buch auch als Dokument eines offenbar völlig problemlosen Aufwachsens eines Jungen mit zwei Müttern in einer Zeit, als die allgemeine Homophobie noch so tödlich war, daß Janet Flanner diese hin- und hergerissenen Zeilen schreibt: "Ich schwöre, daß ich ein junges Mädchen lieber tot sähe als in diesem Kampf gegen die Gesellschaft, um Selbstbeherrschung, um Frieden und für die verrückte, freundlich zärtliche Freude, die nur diese Liebe bringt..."
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