Empfehlungen Dagmar Trüpschuch: Frauen in Berlin. Ein Reisebuch.
Dagmar Trüpschuch: Frauen in Berlin. Ein Reisebuch.
Berlin ist eine Reise wert Dagmar Trüpschuch: Frauen in Berlin. Ein Reisebuch. AvivA, Berlin 2009, 256 Seiten, 16,90 Euro
Rezension von Doris Hermanns
„Wer in dieser Stadt lebt, ist BerlinerIn, selbst wenn Akzent und Dialekt anderes verraten.“ Dagmar Trüpschuch, selber Wahl-Berlinerin mit eigenem Reiseservice, hat sich im Doppelten Sinne auf die Suche nach Spuren von Frauen in Berlin gemacht. In ihrem gerade erschienenen Reisebuch stellt sie in zahlreichen kurzen oder auch längeren Porträts nicht nur historische Frauen vor, die zumindest zeitweilig in Berlin gelebt haben, sondern auch Frauen, die dort heute leben und die Stadt mitprägen.
Porträtiert werden z.B. Rosa Luxemburg, Felice Schragenheim, Marlene Dietrich, Hildegard Knef, Tamara Danz sowie die weltweit erste Rabbinerin, Regina Jonas. Aufgezeigt wird, wo die Frauen gelebt, wo sie gearbeitet haben, was andere wichtige Orte in ihrem Leben waren und wie diese mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können.
Ähnlich breit ist das Spektrum der Frauen von heute. Künstlerinnen und ihre Werke werden vorgestellt, aber auch Frauen in Film, Musik, Tanz und Mode. Frauen wie die Künstlerin Danielle de Picciotto, die Regisseurin Angelina Maccarone, die Liedermacherin Popette Betancor und die Modedesignerin Claudia Skoda stellen ihr persönliches Berlin vor, wo sie hingehen, was sie mögen, was die Stadt ihnen bedeutet.
Erzählt wird die Geschichte der Frauen in der Hauptstadt, die sicher in keinem anderen Reiseführer zu finden ist, so wird z.B. genauso auf Lesben in den Zwanzigerjahren zurückgeblickt wie auf Hausbesetzerinnen in den Achtzigern. Ein Kapitel widmet sich der Migrationsgeschichte, auch hier wird wieder gekonnt Historisches mit Aktuellem verwoben, was sich ohnehin auf angenehme Weise durch das ganze Buch zieht.
Natürlich sind auch die üblichen Orte aufgeführt, an die es Touristinnen zieht, aber immer wieder wird auf die Geschichte, auf die Leistungen von Frauen aufmerksam gemacht, so z.B. beim Reichstag, wo die Autorin nicht nur von der Einführung des Frauenwahlrechts berichtet und wie viele Frauen danach vertreten waren, sondern auch auf die künstlerische Verhüllungsaktion des Künstlerehepaars Jeanne-Claude und Christo. Auch Berlin als Einwandererstadt und Interkulturelles werden näher erläutert. Immer wieder gibt es kleine Tipps am Rande, sei es von der Autorin oder von den vorgestellten Frauen.
Ein ausführlicher Serviceteil ergänzt die Lebens- und Stadtgeschichten. Dort sind Adressen aus den unterschiedlichsten Bereichen zu finden. Diese reichen von der Anreise über Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants und Cafes, Buchhandlungen, Einkaufsmöglichkeiten jenseits des Mainstreams, Kinderfreundlichem bis hin zu Hinweisen auf Frauenveranstaltungen.
Anders als andere Reiseführer, die häufig schon bei Erscheinen nicht mehr auf dem aktuellsten Stand sind, gibt es zu diesem eine Website, auf der nicht nur Änderungen zu finden sind, sondern auch Veranstaltungshinweise.
Das Buch ist weit mehr als ein Reisebuch. Schön aufgemacht mit zahlreichen Bildern bietet es sich auch zum Schmökern über berühmte und weniger berühmte Berlinerinnen an; es ist ein Buch in dem auch Berlinerinnen sicher noch Unbekanntes entdecken können und für Nicht-Berlinerinnen kann es ein Anreiz sein, neugierig zu werden und sich auf die Reise zu begeben.
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