Empfehlungen Astrid Lindgren – Autobiographie
Astrid Lindgren – Autobiographie
Astrid Lindgren Das entschwundene Land Oetinger Verlag, 2000 – EUR 10,90
Gastkommentar von Birgit Rühe:
Dieses kleine, autobiographische Buch liest sich wie eine Ergänzung zu Michel in der Suppenschüssel oder Ronja Räubertochter. Astrid Lindgren erzählt darin von der Liebe ihrer Eltern August von Sevedstorp und Hanna in Hult, eine Kinderliebe, die 1888 begann und ein Leben lang dauerte. Einmal mehr entwirft Astrid Lindgren das Bild einer untergegangenen Welt, die arm und hart war, aber auch auf eine Weise reich, die Astrid Lindgren ja meisterhaft zu beschwören weiß. Eine Zeit, in der ein auftauchendes Auto ein Ungeheuer darstellte, vor dem die Bauern ihre Pferde in den Wald lenkten. Das Kind Astrid entdeckte früh die Faszination der Bücher. Es war in Kristins Küche, in der ihr Edith Märchen vorlas, vom Riesen Bam-Bam und der Fee Viribunda. "Allmählich lernte ich selber lesen und ging auf die Jagd, um meinen wilden Lesehunger zu stillen." Ein Kinderleben im Wechsel der Jahreszeiten, eine übersichtliche Familien- und Schulwelt, ein Fundus an Sicherheit und Harmonie, aus dem Astrid Lindgren lebenslang schöpfte. Aber auch eine Welt, nach der sie sich vielleicht lebenslang zurücksehnte. Denn es war ja ein verlorenes Paradies, aus dem die Achtzehnjährige vertrieben wurde, als sie schwanger war. Sie mußte sich in Stockholm als Sekretärin durchschlagen und ihr Kind in eine Pflegefamilie geben. Von dieser schwierigen Zeit ihres Lebens ist auch in diesem Buch nicht die Rede. Stattdessen gibt Astrid Lindgren Tips für künftige KinderbuchautorInnen, die in ihrer welterfahrenen Leichtigkeit wohltuend sind – und wichtig: "Welche Wörter reimen sich denn bloß auf Dreckwasser und Ölpest? Kurzum: Freiheit! Denn ohne Freiheit welkt die Blume der Poesie, wo immer sie auch blühen mag." Astrid Lindgrens Bücher sind immer auch Überlebensbücher. Davon erzählt die Schriftstellerin Birgit Vanderbeke, die sich in der Schreibtradition von Astrid Lindgren sieht. Als Fünfjährige in einem Flüchtlingslager fand sie im Nikolausstiefel Wir Kinder von Bullerbü. Der Schwedin habe sie viel zu verdanken, sagt sie – sie habe ihre Kindheit gerettet mit ihrem Witz und ihrer kritischen Menschenliebe und sicher nicht nur ihre.
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