Top Ten - mehr Frauen als Männer
Gestern veröffentlichte die New York Times, passend zum Weihnachtsfest, ihre Liste der „10 besten Bücher des Jahres 2013“. Dass nur Englischsprachiges zum Besten gehört, wurde nicht extra mitgeteilt, es versteht sich wohl von selbst. In dieser angloamerikanischen Nabelschau liegt andererseits für alle nicht Englisch schreibenden AutorInnen ein großer Trost: Nicht wegen mangelnder Qualität fielen sie durch, sondern wegen der obskuren Sprachen, in denen sie zu schreiben belieben.
Meine kleine „dominante Kuh“, die es auch nicht in die Liste der 100 besten Bücher schaffte, kann sich mit dieser Erklärung ihrer Unerheblichkeit ebenfalls beruhigen und weiter friedlich vor sich hin käuen und muhen.
Was an der Zehnerliste aber vor allem und vorteilhaft auffällt, ist der Frauenvorsprung: 4 der 5 belletristischen Werke (Fiction) und 2 der Sachbücher (Nonfiction) sind von Frauen. Frauen sind in der Mehrheit - das gab es wohl noch nie. Es hängt vermutlich mit einem anderen zuvor nie da gewesenen Faktum zusammen: An der Spitze der größten und einflussreichsten Tageszeitung der Welt, eben der New York Times, steht seit 2011 eine Frau: Jill Abramson. Und sie besetzte die Redaktion der New York Times Book Review paritätisch: Senior Editors sind zwei Frauen und zwei Männer.
Und was kommt heraus? Nicht nur hat die Zehnerliste diesen leichten Vorsprung der Frauen, auch die Hunderterliste ist erstaunlich: Frauen wurden 26 mal für Fiction gekürt und 24 mal für Nonfiction, bei den Männern ist es umgekehrt - also erreichten beide Geschlechter genau je 50 Treffer.
Die New York Times tut, als sei dies alles völlig normal. Sie nennt auch keine Zahlen - die muss frau sich mühsam erarbeiten, besonders für die Hunderterliste. US-amerikanische Vornamen wirken ja oft geschlechtsneutral. Dass NoViolet Bulawayo, Jung Chang und Cris Beam Frauen, Aimity Gaige, Sasha Abramsky und J.M. Ledgard jedoch Männer sind, erschließt sich erst durch Recherchen im Internet.
Allerdings bringt die New York Times in derselben Nummer auch einen Rückblick auf 45 Jahre Bestenliste. Darin findet sich immerhin der erstaunliche Satz:
Zum ersten Mal präsentierte die Book Review ihre Liste der besten Bücher des Jahres in der Weihnachtsausgabe am 1. Dezember 1968. Präsentiert wurden 10 "besonders bedeutende und herausragende" Bücher. Alle zehn waren von Männern geschrieben. (Im Original: The Book Review’s initial effort to single out the very best books of the year was published in the Christmas Issue of Dec. 1, 1968, which featured 10 books of “particular significance and excellence.” All of them were written by men.)
Früher war es normal und nicht erwähnenswert, dass nur Männer die besten Bücher produzieren. In der Rückschau aber ist der Skandal der Zeitung immerhin eine Art Kopfschütteln wert.
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Am heutigen 15. Dezember wurde nach 12-wöchigen Verhandlungen das GroKo-Kabinett vorgestellt (GroKo ist das soeben gekürte Wort des Jahres und steht für „Große Koalition“). Die SPD gönnt sich 4 Ministerinnen und 3 Minister, die CDU die Kanzlerin, 2 Ministerinnen und 4 Minister - nur die CSU konnte sich zu keiner einzigen Frau durchringen und verschlechtert so das Gesamtergebnis erheblich. Damit ist die „Schwesterpartei“ in Sachen Frauen noch erbärmlicher als die Brüderle-Partei.
„Merkels neue Mannschaft“ (so der Titel der Günther-Jauch-Runde heute abend) besteht also aus sechs Ministerinnen und zehn Ministern. Das ist „merklich“ besser als vieles, was wir schon hatten, aber noch sehr ausbaufähig. Merkel sollte sich an Abramson und ihrer Literaturredaktion ein Beispiel nehmen.
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1 Kommentar
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16.12.2013 um 11:01 Uhr Lena Vandrey
Es ist schön, wenn sich mächtige und berühmte Frauen für ihresgleichen einsetzen, nur ist das wirklich IHRESGLEICHEN? Sie können diesen Einsatz aber nur leisten, wenn sie selbst mächtig und berühmt geworden sind, und das doch wohl allermeistens durch Männer. Die Legalisierung der Prostitution in Deutschland wurde angestrebt durch zwei Ministerinnen, die sich darüber so sehr freuten, dass sie mit der Bordell-Besitzerin Champagner tranken(Foto in der Emma).
Sind die besten Autorinnen auch die meist verkauften? Wenn wir mehr Frauen-Regierung wollen, so müssen wir sie einfordern. WER wird durch Frauen alleine berühmt? Doch wohl keine!
In Paris im Frauen-Verlag “Editions des femmes”, Buchhandlung und Galerie, ist ein enormer Wälzer erschienen(10Kg-Gewicht)“Das universale Lexikon der Schöpferinnen”,” Le dictionnaire universel des créatrices”, unter der Leitung freudianischer Feministinnen. Wer dort drin ist, ist nicht so interessant, wie wer dort NICHT drin ist…
Monique Wittig, Mit-Initiatorin der FB ist in einer winzigen Sparte genannt, ohne Erwähnung ihres politischen Werkes. Christa Reinig tatsächlich auch in einer verstümmelten Ecke. Nur ihr Transenbuch “Entmannung” wird genannt.
Wer keine Sparte hat: Die Verlegerinnen Odile Jacob(Reflexionen über Lesben und Kunst), Maren Sell, Suzette Robichon, Historikerin der Lesben-Bewegung, Herausgeberin der Revue Vlasta, Marie Chaix und ihre Bücher über die Zeit der Kollaboration, Traude Bührmann und ihre Bücher über das lesbische Paris und Berlin, die groBe Künstlerin Ruth Franken und ihr Beauvoir-Triptychon für Nairobi und ihre Scheren-Bilder, und ebenfalls Lena Vandrey, ihr Werk, ihr Museum und ihr House of Writers… Das Lexikon will alle Schöpferinnen promovieren, die ein Werk zustande brachten, darunter Gina Lollobrigida, die Frauen-Ministerin, die bis dato keinen Finger rührte und es als Sprecherin der Regierung wohl auch nicht kann, und obendrauf gibt es noch ein paar fromme Sätze für die ANONYMEN. Sagen wir lieber: Die Unbekannten!
50 Jahre Schwer-Maloche, um unbekannt zu werden! Und was tun mit all diesen Briefen und Komplimenten der Berühmten und Mächtigen? In die Frauen-Bibliothek Marguerite-Durand, die zwar genannt wird, ihre Leiterin aber nicht…
In Istambul ist eine Feministische Bibliothek entstanden und eine der Herausgeberinnen wollte schnurstracks dahin, um freudianische Vorträge zu halten. Klappte aber nicht. Geht es denn nie zu Ende mit dieser Pest? Alle Ausgeschlossenen haben wohl ein Wörtchen in dieser Richtung gesagt.
Wörter sind schwerwiegend, vor allem… die Wörtchen…und das ist die Strafe!...