Singles und ihre Artikel
Nicht, was Sie jetzt wieder denken. Hier geht es ganz nüchtern um grammatische Artikel wie der, die, das.
Der, die, das - in dieser Reihenfolge werden bei uns die Artikel aufgezählt. Warum eigentlich? Warum sagen wir nicht die, das, der nach dem Titanic-Prinzip (“Frauen und Kinder zuerst”)? Oder alphabetisch das, der, die? Wir sagen auch: er, sie, es Oder: männlich, weiblich, sächlich Oder: Maskulinum, Femininum, Neutrum
Die Reihenfolge bildet eine Rangfolge ab: Der Mann rangiert höher als die Frau, die Frau höher als ein Tier oder Ding. Unsere Grammatik stuft die Frau vom Rang her als Mittelding zwischen Mensch und Tier/Ding ein.
Immerhin! Wir wollen nicht undankbar sein oder maßlos. Aber das Tier auf derselben Stufe wie das Ding - da müsste doch der Tierschutz einschreiten!
An diese Ordnung der Dinge wurde ich wieder erinnert, als ich neulich eine Sendung mit dem Titel “Die Single” aus der interessanten Reihe über “Die Dinge des Lebens” sah.
Ich schaute übrigens nur aus feministisch-linguistischem Interesse zu, denn ich hatte mich, etwas naiv, gefragt, wieso “die Single” zu den “Dingen” des Lebens zählt. Bei “Single” dachte ich mehr an “alleinstehende Person”, an Sätze wie: “Sie ist eine überzeugte Single; ihr Bruder auch.”
Aber so läuft das ja nicht in der deutschen Männersprache. Im Duden erfahre ich, dass Single zu jenen seltenen Substantiven gehört, die im Deutschen mit allen drei Artikeln (bzw. Genera) verknüpfbar sind:
das Single “Einzelspiel (im Tennis o. ä.)” die Single “kleine Schallplatte” der Single ”alleinstehender Mensch”
Die Sendung handelte denn auch von der “kleinen Schallplatte”, einem inzwischen zum Kultobjekt aufgestiegenen “Ding des Lebens” aus den 50er und 60er Jahren, für das ich mich nie besonders interessiert habe.
Nun werdet Ihr sagen, was regt sie sich wieder auf, schließlich heißt es doch der Mensch - ergo der Single, die Schallplatte - ergo die Single das Spiel - ergo das Single.
Es stimmt, die Artikel für aus dem Englischen übernommene Wörter richten sich oft nach dem Artikel sinnverwandter deutscher Wörter, anders wäre die Übernahme von the girl als das Girl statt die Girl kaum zu verstehen.
Aber mit demselben Recht hätte es heißen können: die Person, ergo die Single: Udo ist eine alleinstehende Person, ergo eine Single.
Schluss jetzt mit dem langweiligen Grammatikunterricht. Was ich eigentlich sagen und hier nur mal wieder mit einem neuen Beispiel illustrieren wollte: Lassen Sie sich nicht stören, wenn “die Single” schon für was anderes gebraucht und “besetzt” ist.
Es heißt:
Meine Freundin ist eine hochbezahlte Manager und überzeugte Single. Ihre Tochter, eine Teenager, ist eine begeisterte Fan von Dusty Springfield, Aretha Franklin und Melissa Etheridge, von denen sie jede Menge CDs besitzt und auch etliche Original-Singles.
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18 Kommentare
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18.01.2010 um 13:42 Uhr Oliver
@ papierschiff - Heisst das, dass Frauen aus einer frauenverachtenden Religion nicht austreten, weil sie Angst um ihre berufliche Existenz bzw. Zukunft haben? Das ist mir nun doch zu einfach, auch wenn die Kirchen tatsächlich in diesem Bereich eine gewaltige Macht haben. Und es gäbe eben auch eine gewaltige Gegenmacht, wenn sich genügend Menschen für einen Austritt entscheiden würden. Frauen wie Männer.
18.01.2010 um 13:04 Uhr papierschiff
@amy … mir fällt es schwer dinge rechtzufertigen mit der brgründung das sie in der “männer hand” sind, das ist mir zu einfach und nimmt auch die frauen aus ihrer verantwortung heraus, was keiner hier möchte. und in “frauenberufen” sieht es am ende ja auch nicht viel anders aus, und jetzt bitte nicht mit “da ist der chef aber ein mann” kommen.
@irmgard.. das problem mit der rechtschreibung ist allerdings leider eins, schreib mal eine arbeit mit binnin-is … da bekommt man weder in der schule, ausbildung noch studium eine gute note (und das obwohl dort auch frauen arbeiten), stimmt, es mag außnahmen geben.
@oliver.. spätestens wenn dich der 1. arbeitgeber nicht nimmt, weil man keiner religion dazugehört, ist es schnell vorbei. ist zumindest kann mir das nicht leisten. und amit unterstützt man dieses system nur noch mehr.
18.01.2010 um 11:31 Uhr Oliver
@Amy - Nun ja, vom Papst kann man keine geschlechtergerechte Sprache erwarten. Es ist übrigens erstaunlich, dass so viele Frauen den verschiedenen frauenfeindlichen bis -verachtenden Religionen angehören. Dabei kann man zumindest aus den christlichen Religionen ganz leicht austreten.
18.01.2010 um 11:27 Uhr Irmgard
Für den Browser Mozilla-Firefox gibt es ein Plugin, das das Binnen-I auf Websites, die mann liest, automatisch herausfiltert.
Begründet wird das damit:“Zudem entsprechen Binnen-Is nicht der offiziellen deutschen Rechtschreibung, dabei gäbe es auch andere Möglichkeiten Gleichberechtigung der Geschlechter in geschriebener Sprache auszudrücken.”
Welche Möglichkeiten den Herren da so vorschwebt, verraten sie uns leider nicht, dabei wäre ich für weitere Ideen und Vorschläge diesbezüglich durchaus offen.
Gern würd ich ein Tool programmieren können, dass ein Binnen-I auf allen Websites, die keins verwenden, automatisch einfügt…
18.01.2010 um 10:06 Uhr Amy
Aufschreie @papierschiff seitens der MännerHerrlichkeit gibt es seitdem sich Frauen für Frauenrechte, Gleichstellung, Emanzipation, gerechte Sprache einsetzen; Aufschreie und Verhöhnungen gegenüber Feministinnen haben eine lange Tradition. Männer haben sich halt die Welt nach ihren Vorstellungen geschaffen . Was dabei herausgekommen ist, ist wie @ Ricky formulierte äusserst “gräulich”.
Und beim Gebrauch des Femininum - um Frauen auch sprachlich sichtbar zu machen - tut sich vor allem die Presse (fest in Männerhand) äusserst schwer. Der altdeutsche Standardsatz “Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker” wird uns täglich im Fernsehen i.d. Werbung vorgesetzt.
Auch der Nachfolger von Paulus machte erst kürzlich in seiner Predigt wiederholt darauf aufmerksam, dass alle Menschen zu Brüder werden könnten, wenn sie sich dementsprechend - also brüderlich - verhielten ....auch hier der Mann wunschgerecht die Norm.
18.01.2010 um 09:21 Uhr Stephanie
der - die - das?
wer - wie - was?
wieso - weshalb - warum?
wer nicht fragt bleibt dumm!
Nicht nur das Sesamstraßenlied bringt es schön auf den Punkt, sondern ganz besonders die treffenden Beiträge und Kommentare hier auf diesem Blog. Ich habe schon viel von den Anregungen mit genommen, liebe Luise Pusch.
Also fragen wir weiter und ändern das, was wir für notwendig erachten. Und ich werde weiter meinem Computer weibliche Formen in seiner Gramatik- und Rechtschreibeprüfung beibringen. Der beanstandet nämlich immer noch weibliche Formen und Bezeichnungen, die umgangssprachlich kaum vorkommen.
Oder sollte ich mir ein neues Schreibprogramm zulegen?
Stephanie
18.01.2010 um 00:04 Uhr papierschiff
auja… weg mit den blöden geschlechtern, neutrale form und fertig ist.
ich höre aber schon die aufschreie von wegen “das die kultur in gefahr wäre”...
17.01.2010 um 20:16 Uhr Irmgard
Da muss ich wieder mal die finnische Sprache loben: Es gibt keine bestimmten Artikeln a la “er/sie/es” und - im Unterschied zum Englischen, das zwar auch nur einen neutralen Artikel hat (“the), jedoch das übliche “he/she/it” aufweist) - gibt es im Finnischen überhaupt kein grammatikalisches Geschlecht. Es exisitiert kein der/die/das und auch kein “er/sie”. Das heißt einfach “hän” und kann sowohl auf eine Frau als auch auf einen Mann hinweisen. Ergo sämtliche Berufsbezeichnungen usw usf.
Schwedische Feministinnen fordern schon länger, das finnische “hän” ins Schwedische zu übernehmen - denen geht das generische Maskulinum nämlich genauso auf die Nerven wie uns.
“Sie” heißt auf Schwedisch “hon”; “er” heißt “han”. “Hon” und “han” durch ein neutrales “hän”, das kein Geschlecht kennt, zu ersetzen, liegt also nahe…
Llg,
Irmgard