Puff-Empire
„Ist Petra Gerster schwanger?“ fragte mich Joey gestern bei den heute-Nachrichten. „Glaube ich nicht“, sagte ich, sie ist doch neulich fünfzig geworden. Und „neulich“ ist auch schon wieder Jahre her. Das sieht man ihr nicht an - aber schwanger ist eher unwahrscheinlich.
Während wir noch rätselten, weshalb sie mit ihrem Outfit einen schwangeren Look anstrebt, trat Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein ganz ähnlich gewandet auf. Als Wetterfrau Inge Niedek angekündigt wurde, rief Joey: „Ob sie wohl auch diese Mode vorführt?“ Und tatsächlich - sehen Sie selbst.
Offenbar waren die drei ZDF-Moderatorinnen gestern Abend alle von derselben Firma eingekleidet worden: Weißes Top, darüber ein eng anliegendes Jäckchen, neckisch gerafft wie bei Frontfrau Petra Gerster, so dass der Eindruck entsteht, die Jacke schlüge unfreiwillig Falten und die Schwangere platze bereits aus allen Nähten. Die beiden anderen Moderatorinnen ebenfalls taillenbetont zugeknöpft und oberhalb und unterhalb der Taille interessant Wäsche hervorblitzen lassend, aber in klassischem Schwarzweiß à la von der Leyen.
Der Schwangeren-Look erinnerte uns an die Kinderkleidchen, die viele Frauen derzeit anstelle von Blusen tragen. Sie verkleiden sich als kleine Mädchen, zugleich erwecken sie aber einen schwangeren Eindruck:
Brigitte.de schreibt in ihrem Luxuslexikon über die neue Mode unter dem Stichwort Empire:
Elegant, anmutig, mädchenhaft zart: Ein Empire-Kleid schmeichelt der Figur mit seiner hoch unter dem Busen sitzenden Taille und dem weich fließenden Stoff und macht eine schöne Silhouette. Beim Anblick eines zarten Empire-Kleides denkt man an die Frauenfiguren, die Jane Austen schuf. Form: Erkennungsmerkmal eines Empire-Kleides ist die hohe Taille direkt unter dem Busen, den ein Band hält. Die Kleider gibt es in allen Längen, als Abendkleider ärmellos. Im Empire waren kleine Puffärmel beliebt. Heute ist der Stil wieder angesagt, nicht nur Kleider, auch viele Blusen und Jacken haben eine geraffte, hohe Taille.
Aha, da trugen die drei Moderatorinnen also den angesagten Empire-Stil zur Schau: Eine Empire-Jacke mit (bei Gerster sehr) geraffter, hoher Taille!
Die „beliebten kleinen Puffärmel“ machen die Trägerin noch kindlicher (bei Brigitte heißt das „mädchenhaft“). Zusammen mit dem hochgeschürzten Busen und der Schwangeren-Anmutung eine total geile Sache, die jeden Mann verrückt machen muss. Assoziationen an den Babystrich und Kinderpornographie sind seitens der Modemacher vermutlich intendiert, dürften aber weit von der Hand gewiesen werden. Dennoch ist unbestritten: Wer Puff-Ärmel sagt, muss auch Puff Sagen.
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10 Kommentare
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29.06.2011 um 14:30 Uhr prochoice
“Hört irgendjemand so etwas wie ein Protest von frommer Seite?!”
@ Dürr:
WEN meinst Du damit?
Die weltgrösste organisierte Vergewaltigerbande?
Oder gar den Doppelgänger des Star Wars-Imperators?
Dazu kann ich nur sagen: Hüte wie “the rat in the hat” möchte ich genausowenig tragen wie Stöckelschuhe!
Und seine vom Steuerzahler bezahlten “The Devil Wears Prada”-Schuhe sind tatsächlich rot. Ob sie so unbequem sind wie Frauenschuhe, weiss ich nicht, aber so gesundheitsschädlich sind sie sicher nicht, er geht ja nur immer wenige Schritte damit (was ich mir immer gewünscht habe, keine grösstenteils von der Krankenkasse bezahlten orthopädischen Schuhe).
Aber warum der vernünftige “Dress For Success” - Hosenanzug schon wieder passé ist, wüsste ich wirklich gerne.
Die o.g. Fernseh-Damen müssen wohl tragen, was ein Sponsor anbietet, das dürfte Teil ihres Anstellungsvertrags sein.
Aber sonst???
12.06.2011 um 20:28 Uhr anne
weitere parallelen zum puff-empire zeigen sich im sport (z.b.fussball f. frauen). frauen brauchen zwar nicht im schwangeren-look aufzulaufen, doch wünschen sich sponsoren unbedingt, dass der fußballsport für frauen “weiblicher” wird. aufgrund des harten trainings haben die sportlerinnen eine muskulöse figur, was nicht im sinne des westlichen schönheitsideals ist.
top-leistung scheint dabei nicht zu zählen? ist zweitrangig, hauptsache frau gefällt den männern optisch, frau muss sexy sein, sexy aussehen, sonst kommen keine sponsoren.
einige sponsoren sagen, wir finden sie ja sympathisch, aber das reicht uns nicht.
Dafür haben sich jetzt dt. fußballspielerinnen brav und ausgerechnet im puff-männermagazin “playboy” nackt ablichten lassen. die botschaft lautet: seht her, wir sind ganz normale und hübsche mädels und keine mannweiber” - es spielen immer mehr süsse , hübsche mädels fußball, die auch shoppen gehen und wert auf ihr äusseres legen, wird im playboy kundgetan.
nachzulesen in “der neueste trend - sportlerinnen oder pornostars”/Emma - das kind heisst jetzt: sporno.
das klischee vom mannweib oder der hässlichen fußballspielerin haben übrigens männer in ihrem drang nach frauen-abwertung und des frauensports erfunden, nachdem frauen erfolgreich und mit zähigkeit gegen alle männer-widerstände die sportdomäne gestürmt haben.
es heisst ferner: “seit mitte der 80er jahre lässt sich medienübergreifend verstärkt die visuelle repräsentationsstrategie der sexualisierung i.d. sportberichterstattung beobachten. dabei werden aussehen und attraktive ausstrahlung der sportlerinnen zur wichtigsten bildaussage, ihre darstellung soll möglichst erotisch sein. zahlreiche befunde verweisen darauf, dass einzelne sexuell konnotierte körperpartien der athletinnen in den mittelpunkt der fotos rücken…., so dass sie kaum noch als sportliches vorbild , sondern als erotische objekte männlichen begehrens dienen.”
wie in der modebrache wird die “sportmedienrealität von männlich dominierten ressorts konstruiert und funktioniert nach geschlechtsspezifischen selektionskriterien. da die sportberichterstattung überwiegend von männern rezipiert wird, orientiert sie sich primär an deren präferenzen.
demzufolge wird vielfach nur über diejenigen sportlerinnen berichtet, die traditionelle weiblichkeitskonzepte aufrecht erhalten. der vorherrschende weibliche stereotyp im mediensport reflektiert insofern das gesellschaftlich erwartete weibliche schönheitsideal, das von einer grazilen schlankheit und heteronormativen sexuellen ausstrahlung geprägt ist.”
http://www.das-parlament.de/2011/16-19/Beilage/003.html
wie passend das zitat: “das muslimische patriarchat verlangt, dass die frau sich verhüllt, das westliche patriarchat verlangt, dass sie sich auszieht.” (lfp)
09.06.2011 um 14:20 Uhr Andrea Krug
Danke, liebe Luise! Du hast es mal wieder köstlich auf den Punkt gebracht. Ich schüttele schon seit geraumer Zeit den Kopf über die Hängerchen-Mode. Und lass sie in den Läden hängen. Herzliche Grüße, Andrea
06.06.2011 um 16:49 Uhr Alison
” kein mann würde sich z.b. in geh/untaugliches schuhwerk zwängen”
Schon, oder habt ihr alle vergessen auf die unsaegliche “Plattform Schuhe” der Sechsiger Jahren, in dem sich nicht nur Frauen sondern auch Maenner ihren Knoecheln verknaxt haben.
Siehe angefuehrte Website.
06.06.2011 um 14:19 Uhr anne
@ Dürr - es ist nicht nur die entmenschlichung , sondern der wille und die gier nach profit der modeindustrie und designer, wie frauen auszusehen haben. und dazu gehört auch unzufriedenheit zu schüren. somit hängt auch nicht das in den läden, was frauen passt, sondern das, was ihnen nach dem willen der profiteure, modeindustrie passen soll.
gewünscht wird, dass sich kleine mädchen schon mit barbie-puppen-modelle identifizieren - sog. schönheitsideale (lange blonde haare, hellblaue augen, traummaße, farbe rosa) werden durch püppchen-ersatz weiter transportiert. und stets wird auf trendige kleidermodelle und modische accessoires besonderes augenmerk gelegt.
und damit auch alles seine liebe ordnung hat, wurde dem barbie-püppchen früh der passende partner (ken)zur seite gestellt. sehr wichtig, damit die lieben kleinen frühzeitig auf einen männlichen partner bzw. auf ihre spätere frauenrolle eingestimmt werden.
der obere “schwangeren-look, auch im empire-stil” könnte sogar ein signal sein für (junge) frauen, um sie an ihre pflichten zu erinnern , damit schland nicht weiter vor dem aussterben bedroht wird :-( ..
unsere hochemanzipierte familienministerin hatte schon mal frauen aufgerufen, früher kinder zu bekommen “wir sollten frauen ermutigen, früher diesen schritt zu wagen, durchaus auch während des studiums.”
heidi klum , 178 cm/53 kg, blond, blaue augen, lange beine, dünne arme, scheint die traumfrau vieler männer und mädchen zu sein. lt. umfrage bzw. reaktion zu ihrem aussehen, meinten die meisten männer “tolle frau, richtig sexy” - und die reaktion der meisten mädchen “ich will auch so aussehen”.
wie uns weibl. menschen täglich eingetrichtert wird, dass wir mit uns selbst und mit unserem körper unzufrieden sein sollen:
susie orbach beschreibt in ihrem neuen buch “bodies”, dass phänomene wie körperhass, essstörungen, diät- und schlankheitswahn explosionsartig angestiegen sind.
http://www.misstilly.de/archive/2011/april/6/artikel/ungesunde-koerperideale-schluss-damit-sagt-eine-kampagne.html
Diese Tabelle ist international von Ärztinnen und Ärzten anerkannt. Zurück zu den Ikonen der Weiblichkeit. Hier einige Beispiele zum Körperzustand weiblicher „celebrities“.
Größe Gewicht BMI
Jennifer Lopez 167 cm 54 kg 19.3 noch normalgewichtig
(Sängerin, Schauspielerin)
Laetitia Casta 170 cm 57 kg 19.7 normalgewichtig
(französisches Model, Schauspielerin)
Denise Richards 167 cm 53 kg 18.8 untergewichtig
(amerikanische Schauspielerin)
Anna Kournikova 170 cm 55 kg 18.7 untergewichtig
(professionelle Tennisspielerin, Model)
Geri Halliwell 157 cm 44 kg 18.2 untergewichtig
(ehemaliges Mitglied der Band „Spice Girls“, Solosängerin)
Cameron Diaz 175 cm 54 kg 17.7 anorektisch
(Schauspielerin, ehemaliges Fotomodel)
Milla Jovovich 170 cm 52 kg 17.6 anorektisch
(professionelles Fotomodel)
Cindy Crawford 177 cm 54 kg 17.3 anorektisch
(professionelles Fotomodel)
Julia Roberts 177 cm 53 kg 17.2 anorektisch
(amerikanische Schauspielerin, „Pretty Woman“)
Nicole Kidman 178 cm 54 kg 17.2 anorektisch
(amerikanische Schauspielerin, „Moulin Rouge“
Christy Turlington 178 cm 51 kg 17.1 anorektisch
(professionelles Fotomodel)
Shannon Elizabeth 175 cm 49 kg 16.2 schwer essgestört
(amerikanische Schauspielerin, „American Pie“)
Calista Flockhart 167 cm 43 kg 15.6 schwer essgestört
(amerikanische Schauspielerin, „Ally McBeal“)
Gisele Bündchen 180 cm 49 kg 15.9 schwer essgestört
(professionelles brasilianisch-deutsches Fotomodell, 20 Jahre, „Model of the Year 1999, seit 6 Jahren professionell in dieser Branche tätig, vom renommierten „Rolling Stone Magazine“ gewählt zur „Most Beautiful Woman Of The World 2001“. Sie verdient in einer Stunde, die sie für Fotosessions der berühmtesten Fotografen der Welt posiert 7.000 $. Sie für eine Catwalk-Show zu „mieten“ kostet die Designer mindestens 10.000 $. Von ihr stammt das Zitat „Bei einem Angebot unter 10.000 $ pro Tag verlasse ich erst gar nicht das Bett“. Zeitungen berich- ten von Zusammenbrüchen und Klinikaufenthalten. FeministInnen laufen gegen die mit ihr geschossenen Fotos, die oft frauenfeindlichen Inhalts sind, Sturm. Sie wehrt sich vehement gegen die Behauptung, sie habe eine Essstörung „Ich esse wie ein Bär und lasse keine Mahlzeit aus. Manchmal mache ich meinen Freunden damit richtig Angst! Einige Verleumderinnen sind anscheinend eifersüchtig auf Menschen, die von Natur aus dünn sind!“)
06.06.2011 um 10:09 Uhr Dürr
Es geht - wieder einmal - umd die Entmenschlichung der Frau. Sie wird zum DING gemacht. Typisch deshalb auch die Bezeichnung Model/Mannequin. Wikipedia: “Als Model (aus dem Englischen, vergleiche Modell, seltener Modell dt.), auch Mannequin (franz. „Gliederpuppe, Schaufensterpuppe“), aus dem Niederländischen manneken („Männchen“), bezeichnet man jemanden, dessen Hauptaufgabe der Einsatz des eigenen Körpers zum Zwecke der Werbung, Verkaufssteigerung, Vorführung oder Präsentation einer Sache oder Dienstleistung im Rahmen optischer Darstellung ist.” Den Männern wird dies nicht zugemutet: Sie heissen Dressmen. Also Kleidermänner, und damit bleiben sie Menschen, Personen. Frauen sind SchaufensterPUPPEN, leb- und willenlos, mann kann alles mit ihnen machen, benutzen, wegstellen, verstauben lassen, wegwerfen… also keine Menschen (mehr).
Und damit wird auch gezeigt, dass Mädchen auch keine Menschen, sondern Sachen sind. Hört irgendjemand so etwas wie ein Protest von frommer Seite?!
Dürr
06.06.2011 um 08:21 Uhr anne
nachtrag:
kindfrauen und magermodels von modemachern gewünscht und in szene gesetzt.
“da rennen jetzt viele models über den laufsteg, bei denen ich denke: aha, kleines mädchen muß sexy frau spielen.” (n. auermann) kritisiert wird das pädophile schönheitsideal von jungen modellen.
und frauen sollen sich an das schema halten, entweder kindchenhaft oder sexy kleiden. ich erinnere an luises glosse “auf frauen rumtrampeln” - supermodel skateboard: und zwar eine skateboard-serie, welche nicht nur männern den atem verschlagen wird. abgebildet sind magere, nackte frauenkörper mit endlosbeinen in willigen posen, auf denen sportliche und knackige buben rumtrampeln können…
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.modenschauen-auermann-beklagt-kindfrauen.e1a7f8f3-3f61-4411-9822-06f886c84a23.html
05.06.2011 um 23:29 Uhr Dürr
Tja, da gibt’s nur eins: STREIKEN. Und das tun die Frauen in der Schweiz am 14. Juni landesweit. (Zum 20. Gedenktag des ersten landesweiten Frauenstreiks.) Da ist nix von Kleinmädchen-Puffärmelchen-Naivchen (für Bübchen), da sind die Weiber wieder los! Und genau das soll diese Mode verhindern: Frauen sind zeugungsfähigen männlichen Menschen ein Gräuel, denn für eine Frau bräuchte es einen Mann. Und das ist u. a. auch die Botschaft.
Im Uebrigen ziehen in diesen Frauenstreik vor allem auch die Grossmütter los. Echt! Und offiziell. Sie beschweren sich, dass die Beiträge älterer Frauen zur Gesellschaft permanent abgewertet und lächerlich gemacht werden. Sie wehren sich, dass ältere Frauen wie Abfall/Schrott behandelt werden. Sie fordern Respekt. Auch das ist eine Botschaft der Puffärmelchen und Kleinmädchenkleidung. Frauen sind nicht ernst zu nehmen, mann darf sie verniedlichen = abwerten, denn Mädchen fordern nicht, sie bitten, und das gibt Macht…
Ich freue mich auf diesen Tag, denn ich werde an die Demo gehen - ohne Puffärmel, aber mit lila Hut - und im Dorf wird eine peace-Fahne wehen - vor dem Haus und absolut unübersehbar!
Dürr
PS: Warum sind ältere Frauen eigentlich jünger als alte?!