Mao wollte zehn Millionen Chinesinnen loswerden
Als wir uns noch richtige Briefe schrieben statt Mails, konnten wir das Briefpapier für allerlei Zusatzbotschaften nutzen. Helke Sander schrieb ihre Briefe manchmal auf der Rückseite der Fotokopie eines Artikels über Mao und Kissinger: Alle sollten wissen, was diese beiden Herren über Frauen dachten, was Politiker über Frauen denken. Beim Aufräumen fiel mir so ein Brief wieder in die Hände.
Heute gibt es andere Methoden zur Verbreitung von Wissen, deshalb schreibe ich diese Glosse. Frau findet die Original-Artikel zwar leicht im Internet - aber welche von uns kommt schon darauf, die drei Suchworte “Mao”, “Kissinger” sowie “Frauen” bzw. “women” zu googeln? Ich tat es nun - und wurde sofort fündig:
Ekkehard Krippendorf beschrieb die unglaubliche Episode in seiner “Kritik der Außenpolitik” (2000), die “Welt” und die “Presse” berichteten acht Jahre später wieder darüber. Und das englischsprachige Internet ist sowieso voll davon. Ich zitiere jetzt aber aus dem Artikel aus der "Süddeutschen", den Helke mir vor 10 Jahren schickte (das genaue Erscheinungsdatum konnte ich nicht eruieren):
Mao: Sie wissen, dass China ein sehr armes Land ist. Wir haben nicht viel. Was wir im Überfluss haben, sind Frauen. (Gelächter). Kissinger: Auf die haben wir keine Quoten oder Zölle. Mao: Also wenn Sie sie haben wollen, dann können wir Ihnen ein paar geben, ein paar Zig-Tausend. (Gelächter). […] Laßt sie zu Euch kommen. Sie werden Katastrophen anrichten. So könnt Ihr uns Lasten abnehmen. (Gelächter). Mao: Wollt Ihr unsere chinesischen Frauen? Wir können Euch zehn Millionen geben. Kissinger: Der Vorsitzende verbessert sein Angebot. Mao: Wir können sie Euer Land mit Katastrophen überschwemmen lassen und so Euren Interessen schaden. Bei uns gibt es zu viele Frauen. Sie gebären Kinder, und wir haben doch zu viele Kinder. Kissinger: Das ist ein neuartiger Vorschlag, und wir müssen ihn prüfen. Mao: Ihr könntet ein Komitee einrichten, um diese Frage zu untersuchen. So löst Ihr Besuch in China die Bevölkerungsfrage. Kissinger: Wir sind natürlich bereit, sie anzunehmen.
Mao und Kissinger einigen sich nach dem Gespräch, das Protokoll des Treffens zu veröffentlichen, aber “Das mit den Frauen wird gestrichen”.
Heute, 37 Jahre später, herrscht wegen gezielter Abtreibung weiblicher Föten in China ein verheerender Frauenmangel bzw. Männerüberschuss. Der Frauenhandel blüht, massenweise werden Frauen aus angrenzenden Ländern entführt.
Seit der bis dahin geheimgehaltene Text 1999 veröffentlicht wurde, haben viele Menschen ihn kommentiert. Kein einziges Wort habe ich aber über den auffälligsten Aspekt gelesen: Dass Maos Verachtung der eigenen weiblichen Bevölkerung auf einem fundamentalen Denkfehler beruht. Auch chinesische Frauen würden keine Kinder bekommen, wenn sie nicht zuvor geschwängert würden, von Männern, oft gewaltsam. Ein Mann kann endlos viele Kinder zeugen, eine Frau nur vergleichsweise wenige gebären.
Mao hätte den USA also nahezu die gesamte männliche Bevölkerung andienen müssen, sich selber eingeschlossen. Erst so wäre sichergestellt, dass in China weniger Kinder geboren werden.
Kissinger und Mao mögen entgegengesetzten politischen Systemen angehört haben, hinsichtlich ihrer Frauenverachtung aber unterschieden sie sich nur wenig. Eben waschechte Mitglieder des old boys’ network.
Manche schreiben, Kissinger habe Maos krudem Vorschlag nicht widersprochen, weil er Diplomat war. Ein Diplomat verhält sich diplomatisch und platzt nicht gleich mit der eigenen Meinung heraus.
Rund 40 Jahre vor diesem denkwürdigen Dialog bot ein anderer Diktator den USA Mitglieder einer anderen Bevölkerungsgruppe, darunter auch Heinrich Alfred Kissinger aus Fürth, zur massenweisen Übernahme an, weil er sie zu den Schädlingen zählte. Ob der mit 15 Jahren vor den Nazis geflohene Kissinger nicht doch widersprochen hätte, wenn Mao ihm 10 Millionen Juden angeboten hätte, weil die in seinem Land nur Schaden anrichteten?
Aber soweit wäre es wohl gar nicht erst gekommen, denn Mao hätte selbstverständlich auf die Gefühle seines hohen Gastes Rücksicht genommen. Mann ist ja kein Unmensch.
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10 Kommentare
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01.02.2010 um 09:54 Uhr Evelyn
Da die Herren, jedenfalls Mao, damit auch die eigene Mutter gemeint haben müssen, denn die hat sie ja geboren, ist diese Äußerung von einer Grausamkeit, die kaum zu überbieten ist. Dieser Dialog zeigt mehr als Verachtung, er zeigt einen abgrundtiefen Hass ... und ich frage mich, wie geschichtlich dieser Hass in die Köpfe der Männer gekommen ist. Welche unglaubliche Fehlentwicklung hat da stattgefunden, die zu solchen Verzerrungen in der Persönlichkeit führt? Für mich steht folgende Beurteilung fest: Der Umgang der Männer mit Frauen ist krank, krank, krank.
31.01.2010 um 23:06 Uhr Joey Horsley
Liebe Luise,
wieder einmal zeigst du uns, dass bei Frauen erlaubt ist, was bei anderen Gruppen niemals toleriert würde.
Danke für deinen Scharfsinn!