Lieber Fußball als Männerfußball
Es gibt Frauenfußball und Fußballfrauen. Fußballmänner sagt man nicht, und Männerfußball nur dann, wenn von "Frauenfußball" die Rede ist. Der „Deutschen Fußballnationalmannschaft“ ist in Wikipedia ein Eintrag von enzyklopädischer Gründlichkeit gewidmet. Dass es sich bei der Mannschaft, wie schon der Name sagt, um Männer handelt, wird ansonsten nicht weiter thematisiert, so selbstverständlich ist das. Neben dieser richtigen, eigentlichen Nationalmannschaft gibt es noch die „Deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen“; auch ihr hat Wikipedia einen Eintrag gewidmet, der natürlich viel kürzer ist als der für die Männermannschaft.
In den Medien höre und lese ich in letzter Zeit immer häufiger das Wort Fußballfrauen statt etwa Fußballerinnen oder Fußballspielerinnen. Fußballdamen wäre noch ein bißchen kürzer, aber dennoch scheint es out zu sein: zu herablassend. Da hat immerhin die feministische Sprachkritik etwas bewirkt. Auch werden unsere Nationalspielerinnen nicht mehr zu Fußballmädchen geschrumpft wie ehedem. Fußballmädchen wird reserviert für den weiblichen Fußball-Nachwuchs.
Was ist gegen die Bezeichnung Fußballfrauen einzuwenden? Eigentlich nichts, nur symmetrisch ist sie halt nicht. Männliche Spieler heißen schlicht Fußballer oder Fußballspieler, nicht Fußballmänner.
Wörter auf -mann bezeichnen oft ungelernte oder dubiose Männerberufe und -machenschaften wie Milchmann, Müllmann, Staatsmann, Dunkelmann, Hintermann und Hampelmaann. „Klingelingeling, hier kommt der Eiermann“ - solche Lachhaftigkeit passt nicht zu unseren Helden der Nation, die für die nationale Ehre ihre Knochen hinhalten, wie uns immer versichert wird.
Aber „We’ve come a long way, baby!“ Frauen, denen der DFB noch bis 1973 das Fußballspielen verbot*, sind inzwischen Weltklasse, besonders die deutschen Spielerinnen. „Second class don’t turn me on at all“ - die zweite Klasse passt uns überhaupt nicht mehr.
Der heutige Präsident des DFB, Theo Zwanziger, gibt offen zu, dass Frauen besseren Fußball spielen als Männer: "[weil sie] fairer miteinander spielen, weil sie respektvoller miteinander umgehen, weil sie nicht diese knüppelharten Zweikämpfe führen, weil da nicht die brutalen Fouls passieren." (Quelle: hier)
Was können wir tun, damit die Besseren nicht mehr wie Zweitklassige behandelt werden?
Wir könnten z.B. die Fußballstatuten dahingehend revidieren, dass eine Fußball-Nationalelf selbstverständlich die Nation repräsentieren sollte, sonst verdient sie ja den Namen nicht. Die Nation besteht bekanntlich zu 52 Prozent aus Frauen. Die Nationalelf sollte also aus 6 Frauen und 5 Männern bestehen. Wie bei einem „Mixed“, einem gemischten Doppel im Tennis oder Badminton, über das uns Wikipedia wie folgt belehrt:
Beim Mixed wird in der Regel das Spielsystem gegenüber dem Herren- bzw. Damendoppel verändert, um die geschlechtsspezifischen Besonderheiten besser einsetzen zu können (z. B. mehr Muskelkraft des männlichen Teamspielers). So besetzt z. B. beim Badminton der Mann im gemischten Doppel primär die Angriffsposition im hinteren Teil des Spielfeldes.
Wie üblich werden hier zwar nur die Stärken des männlichen Spielers erwähnt, die weiblichen existieren aber durchaus: Theo Zwanziger hat sie für den Fußball oben aufgezählt.
Eine gemischte National-Elf könnte auch unsere Fußballmänner auf Weltmeista-Niveau** bringen. Für die Spielerinnen hätte die Regelung den Vorteil, dass sie endlich für voll genommen würden und dieselben Privilegien einfordern und genießen könnten wie die Männer.
Für das weibliche Fanvolk ergäbe sich das seltene Schauspiel, dass Frauen von Männern einmal gleichberechtigt behandelt würden. Denn wenn es um das gemeinsame Gewinnen geht, hilft nur bedingungslose Kooperation, egal welche Gefühle mann außerhalb des Spiels für die Teamkameradin hegen mag.
Wird uns das nicht immer als leuchtendes Beispiel vorgehalten: Die Jungs lernen den Teamgeist schon als Kleinkinder auf dem Bolzplatz und stellen damit die Weichen für ihren Erfolg im Leben, Mädchen hingegen lernen es nie, denn die Fußball-Jugendkultur ist uns verwehrt (nicht mehr, es bessert sich allmählich, aber dennoch …).
Nach dem beliebten Top-Down- oder Trickle-down-Prinzip hätte eine Neuregelung Konsequenzen von der Bundesliga bis in den letzten Vorstadt-Fußballverein. Soll eine Nationalelf herangebildet werden, muss der weibliche Nachwuchs genau so gefördert werden wie der männliche - eine Zeitlang sogar mehr, bis die jahrzehntelange Bevorzugung der Jungs kompensiert ist.
Goldene Zeiten stünden uns bevor: Eine ganze fußballverrückte Nation könnte buchstäblich von Kindesbeinen an zu echter Gleichberechtigung erzogen werden - einfach, weil sonst kein Gewinn zu erzielen ist. Das gilt zwar überhaupt und in jeder irgendwie relevanten Hinsicht - aber so begreifen sie es vielleicht besser.
Die Jungs täten gut daran, sich für dieses Modell des Mixed-Fußballs noch rechtzeitig zu begeistern. Sonst ziehen die Besseren endgültig an ihnen vorbei zu immer neuen Höhen der Spielkunst und Faszination - und sie bleiben auf ihren „brutalen Fouls“ sitzen. Wir hätten dann eine "Fußball-Nationalelf" (weibliche Profis) und daneben eine "Fußballnationalmannschaft der Männer" (mit Amateurstatus). ••••••••••••• *Aus der Begründung des DFB in den fünfziger Jahren: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“
**feministisch für "Weltmeisterinnen-Niveau".
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25 Kommentare
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26.06.2011 um 10:03 Uhr Dürr
Hütet Euch vor den FussballerINNEN!! Sonst ergeht es ihnen wie den Bürgern: Politiker reden dauernd von “unsere Wähler und Wähler, Bürger und Bürger”, weil sie für die BügerINNEN und WählerINNEN keine Zeit haben. Buchstäblich. Sie verschlucken nämlich konsequent die weibliche Endung!! Also: Fussballfrauen. Dann ist und bleibt es klar.
Was das “gemischte Doppel” und die Gleichberechtigung im Fussball betrifft, so melde ich ernste Sorge um die Frauen an: Männer verstehen Gleichberechtigung immer dann sofort, wenn sie den Frauen Nachteile abgeben können. Hier wäre das: Schienbeintreten, Bodychecks und andere Grobheiten. Da Männer den Frauen vor allem gewichtsmässig überlegen sind, müssten die Frauen mit schlimmen Verletzungen rechnen. Fairplay bei Männern - dieses Märchen wurde mir als Kind auch erzählt und ich habe es auch ziemlich lange geglaubt. Fairplay bei Männern gibt es nur, wenn der andere grösser und stärker ist, und mann mit einem Faustschlag ins Gesicht rechnen muss… Das möchte ich den Fussballfrauen nun wirklich nicht zumuten.
Aber die Sponsoren entdecken nun vielleicht die Werbemöglichkeit beim Frauenfussball. Dann wird von selbst so etwas wie eine Gleichberechtigung - auch auf der Ebene der Entschädigungen - eintreten. Hoffentlich!
lg Dürr