„Humanizing Hillary“? Über Authentizität, Inhumanität und paradoxe Vorschriften im US-Wahlkampf
Seit Anfang Juli wieder in Boston, habe ich in den letzten beiden Wochen definitiv zu viel ferngesehen: Erst die Republican und dann die Democratic National Convention (DNC), jeweils von Montag bis Donnerstag von 20 Uhr bis kurz vor Mitternacht. Warum? Es war spannendes Theater, um nicht zu sagen Großes Spektakel. Und natürlich bin ich für Hillary und wollte nicht nur sehen, wie sie „Geschichte schreibt“, sondern auch wissen, was gegen sie im Gange ist.
Die Frage, die mich seither beschäftigt: Wie ist es möglich, dass die Wahl zwischen Hillary und Donald - eigentlich ein nobrainer, wie man hier gerne sagt, also eine Entscheidung, die auch ohne Hirn nicht schwer sein dürfte - immer noch auf Messers Schneide steht? Die am besten qualifizierte Person von allen, die sich jemals um das Präsidentenamt beworben haben, tritt gegen die am wenigsten qualifizierte an - und sie liegen, 100 Tage vor der Wahl und nach den großen Shows der beiden Conventions - gleichauf!
Über dieses Paradoxon wird hier und überall in der Welt geschrieben und gerätselt. Auch ich habe mir aus europäischer, weiblicher, feministischer und linguistischer Sicht ein paar Gedanken gemacht, die ich hier mitteilen möchte.
Was bisher an Antworten gefunden wurde:
• Es handelt sich um platten Sexismus. Unter den weißen Männern haben sich nur die mit Durchblick und die, denen es besser geht, zu der Einsicht fortentwickelt, dass es keine Schande ist, von einer hochqualifizierten Frau regiert zu werden. Diese Meinung vertrat Michael Arnovitz in einem brillanten und vielgelesenen Artikel.
• Hillary steht für den Status Quo, und das Volk will derzeit keine Kontinuität, sondern (wieder mal): Change. Und Dynastien kann es auch nicht leiden. Deswegen verschwand Jeb Bush, der Dritte der Bush-Dynastie, schon sehr früh aus der Riege der BewerberInnen. Das Volk will das Ganz Andere. Und das bietet der Außenseiter und Quereinsteiger Trump.
• Hillary und Trump sind beide so unbeliebt wie vor ihnen noch kein einziger Präsidentschaftskandidat. Deshalb liegen sie gleichauf. Trump wird von 70 Prozent der Frauen abgelehnt, von Schwarzen, von Hispanics, von der LGBTQ-Community und anderen „Minderheiten“. Hillary wird von weißen Männern ohne College-Abschluss abgelehnt. Leider sind das eine ganze Menge.
• Selbst die, die Hillary wählen wollen, klagen darüber, dass sie „nicht authentisch“ sei und sie ihr deshalb nicht recht trauen können. „Hillary ist nicht vertrauenswürdig (trustworthy)“, und deshalb hat sie ein „Likeability-Problem“
• Ich selbst habe den Eindruck, dass die Medien ein großes Interesse daran haben, das „Drama“ des Wahlkampfs weiter brodeln zu lassen bis zum Schluss. Deshalb wurde schon die Konkurrenz zwischen Hillary und Bernie so lange es ging immer weiter hochgekocht. Und nun dasselbe mit dem verbliebenen Zweikampf. Bis zum Wahltag sollen wir alle in Atem gehalten werden und süchtig alles an Nachrichten, Analysen und Kommentaren konsumieren, was die Medien uns rund um die Uhr zum Thema anbieten. Das steigert die Einschaltquoten, die Besuchszahlen der Internetseiten und die Verkaufszahlen der Printmedien - und also den Profit. Wenn das Rennen schon entschieden wäre, wäre das für die Medien ein Riesen-Verlust. Und so tun sie alles dafür, damit es möglichst lange unentschieden bleibt. Die permanente Diffamierung Hillarys als kalt, falsch und nicht vertrauenswürdig dient auch dem Zweck, den Konflikt am Köcheln zu halten. Wenn die einzig diskussionswürdige Kandidatin ununterbrochen verleumdet wird, kann der Kampf noch lange weitergehen.
Ich möchte mich in dieser Glosse auf die Frage konzentrieren, warum Hillary von so vielen als „wenig authentisch“, ja als „falsch“ abgeurteilt wird, weshalb viele sie dann auch nicht recht mögen und zögern, sie zu wählen - selbst wenn es eigentlich keine vernünftige Alternative gibt.
Für eine Europäerin ist „Likeability“, also die Frage, ob die zur Wahl stehenden KandidatInnen sympathisch sind, sicher weit weniger wichtig als in den USA. Als im Jahre 2005 mit Angela Merkel erstmals eine Frau Kanzlerin wurde, war das weniger der Sympathie des Volkes für sie zuzuschreiben als der Parteiräson. Obwohl Frau, war Merkel damals „das beste Pferd im Stall der CDU“. Die CDU/CSU wurde stärkste Partei und stellte daher die Kanzlerin. Das Volk hatte nicht Merkel gewählt, sondern die CDU/CSU.
In Großbritannien wurde die als „kühle Pragmatikerin“ geltende Theresa May nicht vom Volk zur Premier gewählt, sondern von den Torys, die gerade an der Macht sind und daher die oder den Premier stellen.
In den USA läuft das völlig anders. Die Präsidentin oder der Präsident wird direkt gewählt, und so kann es vorkommen, dass im Parlament (Haus und Senat) die Gegenpartei die Mehrheit hat, wie es seit 6 Jahren der Fall ist, weshalb Obama kaum eines seiner Vorhaben durchsetzen konnte. Während die Deutschen sich mit einem knappen Wahlkampf von 6 Wochen begnügen, läuft der Wahlkampf in den USA etwa anderthalb Jahre lang und tritt nun in seine heiße Phase ein, die letzten 100 Tage nach den Conventions. Warum das US-Volk ein Staatsoberhaupt will, das durch einen 18-monatigen Wahlkampf völlig zerschlissen wurde, ist ohne diesen Hintergrund schwer zu begreifen. Die Höllentour durch alle 50 Staaten dient dazu, sich selbst und die eigenen Pläne dem Volk persönlich bekannt zu machen, damit die WählerInnen eine brauchbare Entscheidungsgrundlage bekommen. „It’s not enough to have a plan; you have to sell it to the country, over and over again." (Traister)
Während der DNC bemühten sich Hillarys hochkarätige MitstreiterInnen, von Michelle Obama und Bill Clinton über Joe Biden und ihren Vizekandidaten Tim Kaine bis hin zu Barack Obama, Hillary zu „humanisieren“, zu „vermenschlichen“, ihre verletzliche Seite zu zeigen, und zwar aus persönlicher Erfahrung. So jedenfalls urteilten die Medien. Von den Obamas etwa war dagegen nicht zu hören: „So, jetzt gehen wir mal Hillary humanisieren!“
„Humanizing Hillary“ ist zur festen Redewendung in diesem Wahlkampf geworden - eine Redewendung, die selber vor allem eins ist: Inhuman. Sie impliziert, dass Hillary kein Mensch ist. Grausamer kann man sie wohl nicht diffamieren, und es geschieht leichthin, als hätte niemand etwas Böses gesagt oder gemeint.
Nach ihrer großen Acceptance Speech, die mich sehr beeindruckte, waren die KommentatorInnen sich einig: Die Rede sei inhaltlich schon ok gewesen, aber ihr Likeability-Problem habe Hillary damit nicht gelöst, und so habe sie die größte Chance dieses Wahlkampfs in den Sand gesetzt. Sie sei genau so reserviert und inauthentisch gewesen wie eh und je.
Ich konnte es nicht begreifen. Was war los mit diesen KommentatorInnen? Hatten wir dieselbe Rede erlebt?
Am ersten Abend der DNC hatte Michelle Obama gesprochen. Die Rede hinterließ großen Eindruck und gilt bis heute als einer der Höhepunkte der DNC. Mit Wärme, Leidenschaft und großer Überzeugungskraft hatte sie über ihre Freundin Hillary gesprochen. Allerdings hatte nicht sie die Rede verfasst, sondern ihre Redenschreiberin Sarah Hurwitz. Das war den meisten KommentatorInnen bekannt, störte aber niemand. Die bewundernswerte Authentizität war also nicht zuletzt eine bewundernswerte schauspielerische Leistung beim Vortragen eines nicht selbst verfassten Textes, so als sei es ihr eigener.
Hillary kann das Authentizitäts-Wettrennen schwerlich gewinnen. Dazu müsste sie weniger authentisch sein. Was ich damit meine? Authentizität, Offenheit, Spontaneität, Unverstelltheit, Natürlichkeit, Lockerheit sind Funktionen der Gesprächssituation, in der wir uns befinden. All diese schönen Dinge sind möglich in Gesprächen im kleineren, vertrauten Kreis. Sie sind nicht möglich in einer Situation, in der die Kandidatin unter kritischer Beobachtung steht, nicht nur von Tausenden während der Wahlveranstaltungen, sondern von den Millionen an den Bildschirmen. In solchen Situationen herrscht für normale Menschen das Gesetz der Befangenheit, der „self-consciousness“. M.a.W.: Befangenheit, Unfreiheit ist authentisch in einer Prüfungssituation! Anders gesagt: Authentisch sein in einer Prüfungssituation heißt: Befangenheit, Unfreiheit zeigen. Da das allerdings nur bei ungeübten SprecherInnen akzeptiert wird (wie bei der DNC des öfteren zu beobachten), müssen alle anderen versuchen, ihre natürliche Angst und Angespanntheit in dieser Situation zu überspielen. Es gelingt dem einen blendend, der anderen weniger gut.
Befangenheit, „Self-consciousness“ verhindert zuverlässig Spontaneität und Natürlichkeit. Vor allem ist Spontaneität auch nicht auf Befehl abrufbar, das sollte sich eigentlich seit Bateson, Laing und Watzlawick herumgesprochen haben. „Sei spontan!“ ist seit Jahrzehnten das Beispiel für paradoxe Aufforderungen, Double Bind und Mystifikation.
Alle, die Hillary persönlich kennen, attestieren ihr all die Eigenschaften, die ihr abgesprochen werden von denjenigen, die sie nicht persönlich kennen. Alle ihre MitarbeiterInnen beim State Department stellen ihr begeisterte persönliche Zeugnisse aus über ihre Loyalität, Integrität, Natürlichkeit, Lockerheit und Herzlichkeit. In Situationen, in denen der Mensch überhaupt authentisch sein kann, ist Hillary nachgewiesenermaßen so authentisch wie nur irgendjemand.
In den anderen Situationen, unter dem prüfenden Auge der Öffentlichkeit, ist sie hochprofessionell, verhält sie sich sachlich und pragmatisch, wie eine gute Politikerin eben. Ähnlich wie Angela Merkel und Theresa May. Der prinzipiell unbeherrschte Trump hingegen wirkt immer „authentisch“, weil er sich nicht die Mühe macht und wohl auch unfähig ist, sein Verhalten der jeweiligen Situation anzupassen. Viele lieben genau das an ihm.
Bei den Vorwahlen von 2008 „zeigte Hillary Emotionen“, von denen noch heute die Rede ist. Bei einem Interview in New Hampshire war sie so erschöpft, dass ihr die Stimme brach, weil sie mit den Tränen kämpfte. Die Medien machten sich sofort darüber her, meistens mit hämischem Unterton: „Jetzt heult sie auch noch, um Stimmen zu fangen, diese falsche Person!“ Alle Umfragen sagten einen Sieg für Obama voraus, aber die Vorwahlen in New Hampshire gewann Hillary. (Hier meine Glosse von damals dazu.)
Wie ich oben ausgeführt habe, ist Authentizität im Sinne von "Lockerheit, Natürlichkeit" bei der zermürbenden Prozedur des US-Wahlkampfs, einer Prüfungssituation in Permanenz, nicht möglich. Wenn die KandidatInnen trotzdem als authentisch erlebt werden, handelt es sich um buchstäblich hemmungslose Personen wie Trump oder um gute SchauspielerInnen. Hier zeichnen sich besonders Michelle und Barack Obama und Bill Clinton aus. Den größten Erfolg wird jedoch ein richtiger Schauspieler haben wie Ronald Reagan, selbst wenn er vorher nur ein mittelmäßiger Schauspieler war. Für Reagan waren die Erfahrungen aus seiner Filmkarriere sein wertvollstes politisches Kapital, das er virtuos zu nutzen verstand. „After all, the presidency is a public, performative job“ (Traister). Al Gore war kein guter Schauspieler und hatte es schwer, im Wahlkampf sein Publikum „zu erreichen“. George W. Bush hingegen wurde berühmt dafür, dass viele Menschen meinten, mit dem würden sie gern ein Bier trinken. D.h. er war und wirkte durchschnittlich und deshalb für den Durchschnitt vertraut und vertrauenswürdig.
Rebecca Traister, die ein viel beachtetes Buch über Hillarys ersten Präsidentschaftswahlkampf 2008 geschrieben hat, fragt, ob der Begriff „Charisma“ nicht vielleicht rein männlich konnotiert ist. Ich finde ja - Max Weber sprach von „dem charismatischen Führer“, an Führerinnen bei Weber kann ich mich nicht erinnern. Demnach verlangt mann von Hillary buchstäblich das Unmögliche, wenn mann ihr auch noch fehlendes Charisma vorwirft. Und tatsächlich sind es hauptsächlich Männer, die ihr das vorwerfen. Den meisten Frauen gefällt Hillary offenbar so, wie sie ist.
An diesem Text habe ich, mit vielen Unterbrechungen, vier Tage lang gearbeitet. Inzwischen hat sich der ungehemmt authentische Trump in der Beliebtheitsskala weiter nach unten gearbeitet. Heute, am 2. August, stehen die Gewinnchancen nicht mehr fifty-fifty, sondern Hillary führt mit 66 zu 34 Prozent.
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16 Kommentare
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07.08.2016 um 13:59 Uhr Anne
Liebe Lena , was wissen wir tatsächlich über das private leben zwischen Hillary und Bill; ob sie eine offene ehe führten oder weshalb Hillary ihrem ehemann eine zweite chance einräumte. Auch von unserer bundeskanzlerin kommt selten ein wort über ihr privatleben an die öffentlichkeit. Ihre entscheidungen sind zu respektieren . Sollte Hillary sich deshalb sich aus dem politischen leben heraushalten , sich ins abseits begeben und aus der öffentlichkeit zurückziehen. In der US-bevölkerung wurde ihre damalige entscheidung auch von einem großteil der menschen begrüsst oder akzeptiert. Früher hatte sie den wunsch geäußert, US-Justizministerin zu werden. Unser bundesdeutschen ehemaligen politiker wie Joschka , Oscar oder Gerhard - allesamt keiner konservativen partei zugehörig - hatten ein ziemlich bewegtes leben , die frauen kamen oder gingen, manche blieben. Ich möchte das weder bewerten noch moralisieren .. Hillary sieht sich in der tradition der suffragetten und der ausgezeichneten frauenrechts-bewegung der früheren jahre, wie ich gelesen habe. Ja, sie ist eine kompetente, erfahrene, kluge frau und politikerin und ihre berufung ist fast schon historisch, denn bei den demokratinnen und republikanerinnen gab es bislang keine kandidatin. Anwärterinnen der kleineren parteien gab es in der vergangenheit schon oft. (zitiert : dieStandard)
Jill Stein kandidierte bereits 2012 für die Green Party, aber ohne chancen.
Soll nun eine kompetente, berufserfahrene, chancenreiche frau wie Hillary einem Trump nicht paroli bieten? Ob Sanders oder Obama , auch sie und andere sprechen sich öffentlich für die kandidatin Hillary aus - ich kann mir nicht vorstellen, dass die unterstützende rede von Michelle Obama ohne innere überzeugung getätigt wurde. Sollen wir jetzt alle politikerInnen der demokratischen partei i.d. staaten verurteilen, weil sie sich für Hillary Clinton einsetzen, obwohl sie wissen, dass es im privaten, politischen bereich der eheleute zu schwerwiegenden krisen kam?
Was ist machbar in der politik, die ein unberechenbares geschäft ist; sich dort zu behaupten bei der vielzahl von menschen und netzwerken , die dir nicht gut gesonnen sind, dazu gehört schon eine portion überlebenskunst.. dass auch fehler gemacht werden können, ist und war immer eine realität. Und ob Bernie Sanders mit seinen guten, aber auch utopischen vorstellungen, versprechungen als kandidat mehr chancen gehabt hätte , mag ich bezweifeln.. wir sehen ja an Jill Stein von der Green Party , wie gering ihre chancen waren und sind ..
07.08.2016 um 12:31 Uhr Alison
Wer weiss heute noch wer Monica Lewinsky ist? Ich weiss es genau, die war die “Intern” die, nach eigene Aussagen, ein Praesident machen wollte und es auch schaffte. Sie war sicherlich stolz darauf, bis es ihr in den Medien zu heiss wurde. Das eine Frau, die Gelegenheit (Naehe und die bekannte Schwaechen dieses Mannes) hat, eine grosse Eroberung machen kann und will, ist verpoent in den USA wie anderswo. Also jetzt ist die Lewinsky, die etwas gemacht hat, was bei Maenner in Literatur und in Leben mit Bewunderung gelohnt wird, nur die Opfer ihres damaligen freiwilligen Spielgenossen. Noch dazu, wird dies als Pruegel um die Ehefrau des Mannes zu schlagen. So verstehe ich Feminismus nicht.
06.08.2016 um 17:59 Uhr Lena Vandrey
@ Luise Pusch
Liebe Luise,
Eure Haltung in allen Ehren, aber ist es nicht eine Verharmlosung, von Bill Clinton als “Schürzenjäger” zu sprechen, und dass Hillary ihren Mann kannte und dementsprechend auf dem Laufenden war, empfinde ich als eine glattweg gefährliche Aussage. Meines Erachtens hätte Hillary damals ihre Tochter vor solch einem Vater schützen müssen, die Scheidung einreichen und den Namen Clinton ablegen. Damit hätte sie für Millionen von Frauen ein Zeichen gesetzt, Frauen, die gerade das tun müssen, um ihre Kinder zu retten und auch ihre eigene Moral. Wenn ich Dich recht verstehe, kann ein guter Politiker sich sonst was erlauben. Aber Hillarys anderes Verhalten hätte den Republikanern gar nichts erlaubt. Wir können auch einmal zurückdenken an J.F.Kennedy, welcher eine Frau pro Tag brauchte. Jackie Kennedy hat das alles durchmachen müssen, aber sie war keine Hillary, keine Politikerin, nur eine Vorzeige-Ehefrau. Bill Clinton befindet sich für mich in der gleichen Riege wie DSK, Woody Allen und Roman Polanski. Eure Heldin kann meine nicht sein. Die “gute feministische Praxis”, die Du erwähnst, “private Entscheidungen von Frauen zu respektieren”, hat insofern einen Fehler, als dass die Sache nicht privat ist, sie ist um die Welt gegangen, sie hat verstört und geschockt. Gegen die schrecklichen Republikaner kann nicht angegangen werden mit moralisch-defekten Leuten. Und moralisch-defekt bedeutet: Kein Wort für das Opfer…
06.08.2016 um 16:36 Uhr Luise F. Pusch
@ Lena Vandrey
War es nicht immer gute feministische Praxis, private Entscheidungen von Frauen zu respektieren? Hillary wusste ja schon lange vor dem “Oral Office”, wie ihr Mann beschaffen war. Ein kluger Kopf, guter Politiker, wahrscheinlich auch ein guter Vater - und ein Schürzenjäger. Die Republikaner beschimpften damals die Feministinnen, dass sie Bill nicht deutlicher verurteilten. Wir blieben stumm, aber nicht ohne Grund. Bill hatte erstmals eine ziemlich progressive und frauenfreundliche Politik gemacht. Politiker wie auch Parteien kommen eben immer als “Paket”. Einen großen Teil des Inhalts mag frau ablehnen, einen größeren befürworten. Und immer muss die Alternative im Blick bleiben. Das waren zu Bills Zeiten bis heute die bigotten Republikaner - unerträglich, unakzeptabel, katastrophal.
06.08.2016 um 13:30 Uhr Lena Vandrey
@ Anne
Liebe Anne, Du bist eine Idealistin, eine lautere Persönlichkeit und das ist gut so. Aber gegen Deine Idee der “Rettung” der Familie Clinton muss ich protestieren. Wer war diese Familie? Eine kleine Tochter, vor der der Pornograf sich hätte schämen müssen, vor der Ehefrau ebenfalls und vor Monika Lewinsky, einer abhängigen Angestellten, noch am allermeisten. Da war nichts zu retten, außer wenn Hillary ihre Tochter diesem infamen Einfluss entzogen hätte. Diese Männer können ihre Pornografien inszenieren, weil sie wissen, dass die Frauen ihnen wohl den Rücken decken. Die Entscheidung zu Gunsten des verbrecherischen Ehemannes war unanständig, und was die “gerettete” kleine Tochter betrifft,so wissen wir nicht, was sie gedacht hat. Heute ist Bill Clinton strahlender Großvater und als solcher absolut “gerettet”. Die Frauen der Familie aber sind es nicht.
Nichts für ungut, aber diese Familie wäre nur gerettet gewesen durch einen kompletten Bruch mit dem Widerling, denn jeder Familialismus kann nur amoralisch sein.
05.08.2016 um 16:44 Uhr Anne
@ Lena Vandrey - Hillary Clinton wollte viell. die familie schützen und blieb bei ihrem ehemann - obwohl deshalb oft kritisiert Das vorzeigen einer intakten familie scheint bei den kandidatinnen i.d. USA und bei einer polit. laufbahn prägnant zu sein? Es würde mich auch interessieren, welche chancen hätte eine geschiedene politikerin, die sich ohne ehemann oder familie für das höchste amt bewirbt. Hillary ist bekennendes mitglied der evangelisch-methodistischen kirche. Obama , charismatiker und hoffnungsträger, auch er konnte nicht alle seine ziele durchsetzen, wurde aber bei seiner kandidatur geradezu euphorisch umjubelt. Wer, wenn nicht die frauen, sind und waren es, die bislang die emanzipation und gleichstellung vorangetrieben haben. Ich halte Hillary für eine kluge, kompetente , erfahrene alternative zu anderen. ob private oder politische aufregungen, nackenschläge, allein damit richtig umzugehen , ohne zu resignieren , dazu gehört eine menge stärke und willenskraft. Was wäre daran falsch? Bislang haben oft frauen den erfolgreichen männern den rücken freigehalten - und die frauen, die sich hart durchkämpfen mussten, ernteten vorwürfe, wie: zu hart, zu kalt, zu berechnend, zu machtgeil zu sein.
05.08.2016 um 11:26 Uhr Lena Vandrey
Die Gegensätzlichkeiten auf Blog empfinden wir als sehr positiv. Jede der Kommentatorinnen vermittelt ihr “besseres” Wissen.
Als Hillary gegen Obama verloren hatte, waren wir empört. Es gibt aber auch noch eine Sache in diesem Starsystem und Rollenwechsel, nämlich die Obszönitäten des Ehemannes. Damals hat Hillary ihrem Partner beigestanden, gewiss nicht aus Liebe, sondern weil mit einer Scheidung ihre Karriere beendet gewesen wäre. Der frühere Lustmolch, strahlend an ihrer Seite, und wer Monika Levinsky ist, das weiB doch niemand mehr… Die Hauptsache scheint zu sein, dass sich im feministischen Gefängnis gestritten wird. Was könnten wir sonst für Hillary Clinton tun?
Die goldenen Vögel schweben über uns…
04.08.2016 um 14:57 Uhr Luise F. Pusch
@ Anne:
Danke für Deine Antwort an Sigrid Pomaska. Etwas Ähnliches wollte ich ihr auch schreiben.
@ Sigrid Pomaska:
Schon 1992/3 trugen wir Buttons mit der Aufschrift “Hilllary in ‘96”. 20 Jahre später wird es nun hoffentlich klappen. Hillary hat sehr viel für Frauen und Kinder getan, weltweit - ein track record, dem Bernie nichts entgegenzusetzen hatte. Natürlich sind “Frauen nicht automatisch die besseren Politiker”. Z.B. vor Sarah Palin hätte ich nur warnen können. Jill Stein hat keine Chance, ähnlich wie im Jahr 2000 Ralph Nader. Er hat dem Land allerdings mit den Stimmen, die damals Al Gore verloren gingen, 8 Jahre George W. Bush beschert.