Gauck und die Second Lady
Wulff geht, Gauck kommt - und bringt andere Probleme mit sich, die sein Vorgänger uns immerhin erspart hat, nämlich: Wie nennen wir jetzt die Frau an seiner Seite? Bettina Wulff war „Bundespräsidentengattin“ oder kurz „Präsidentengattin“ und noch kürzer „First Lady“. Gaucks Gattin lebt seit Jahrzehnten getrennt von ihm; seine Lebensgefährtin seit 12 Jahren, die Journalistin Daniela Schadt, wird statt der gesetzmäßigen Bundespräsidentengattin ins Schloss Bellevue ziehen. Und wie soll sie dann heißen? Vielleicht Bundespräsidentenlebensgefährtin? Das Ausland wird sich wieder totlachen über die Wortungetüme, zu denen die deutsche Sprache fähig ist.
Mein Freund Christoph, mit dem ich das Problem erörterte, sagte strahlend: „First Lady nennen wir sie“. Aber die First Lady ist doch eigentlich Gerhild Gauck, von der Joachim getrennt lebt. Daniela Schadt wäre demnach wohl eher die „Second Lady“. Aber das klingt zu zweitklassig für die Lebensgefährtin immerhin des Herrn Bundespräsidenten.
„Mätresse“ schlug Joey vor, nachdem sie sich zuvor über die moralische Unordnung gewundert hatte, die die Deutschen inzwischen anscheinend zu verkraften gelernt haben. Keine Chance für irgendein höheres Staatsamt hätte Gauck mit seiner Vielweiberei in den USA, das sei mal sicher.
Nun soll der Bundespräsident ja für sein Volk ein moralisches Vorbild sein. Unter diesem Aspekt ist es interessant, dass finanzielle Unregelmäßigkeiten inzwischen so viel schwerer genommen werden als eheliche. Wulff geht und mit ihm das Vorbild des treusorgenden Gatten und Familienvaters, der der Gattin ein eigenes Häuschen am Stadtrand bieten wollte und dafür seine Karriere aufs Spiel setzte. Gauck kommt und mit ihm ein fragwürdiges Vorbild undurchsichtiger Familienverhältnisse. Wieso lebt er von seiner Gattin seit Jahrzehnten getrennt und lässt sich nicht wenigstens ordentlich scheiden? Wieso hat er stattdessen neben der Gattin seit 12 Jahren eine Zweitfrau? Und wozu braucht der rüstige Greis überhaupt eine zwanzig Jahre jüngere Frau? Damit andere Greise seines vergreisenden Volkes es dem Vorbild nachmachen? Und wer garantiert dem deutschen Volke, dass Gauck nicht bald schon eine dritte und vierte Frau braucht? Bei der Ehefrau ist immerhin nur eine vorgesehen und amtlich, und damit hat es sich für die SteuerzahlerInnen.
Ich finde, all diese Erwägungen sprechen eindeutig dafür, dass das höchste Staatsamt nicht länger als „Gesamtpaket“ (FAZ) von Bundespräsi plus Hausfrau konzipiert wird, sondern bis auf weiteres Frauen oder Schwulen vorbehalten bleibt: Der Bundespräsidentinnen- oder Bundespräsidentengatte (oder auch die Gattin der Bundespräsidentin) hält sich bescheiden im Hintergrund und begleitet das Staatsoberhaupt höchstens mal zur Oper, wie Herr Sauer es vormacht. Schon die Wörter „BundespräsidentInnengattIn“ und „First Gentleman“ sind so unmöglich, dass man eine so peinliche Erscheinung am liebsten vergessen oder gar nicht erst zulassen möchte, jedenfalls nicht in einer offiziellen Funktion.
Angela Merkel macht es ebenfalls vor: Eine Person, die ein hohes Staatsamt bekleidet, macht ihren Job am besten alleine. Sie braucht dazu keine „Frau an ihrer Seite“ und erst recht keinen Mann.
Insofern ist die lebenspartnerInnenschaftliche Unorthodoxie, wie Berlin sie uns vorexerziert mit Merkel, Wowereit und Westerwelle, ein echter Hoffnungsschimmer, an dem Gauck & Schadt sich orientieren sollten. Die Lebensgefährten, weil ungewohnt, halten sich im Hintergrund und werden nicht, wie die „Frau an seiner Seite“ alter Ordnung, zum eisernen Bestandteil des Protokolls bis hin zum „Damenprogramm“. Und das ist auch gut so. Die Person an seiner oder ihrer Seite ist reine Privatsache, und wo sie dies noch nicht ist, wird es Zeit, dass sie es wird. Schon aus sprachästhetischen Gründen.
Zum Weiterlesen: Glosse "Bundespräsident: Nicht ohne Hausfrau" von Ulrike Sommer •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••
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10 Kommentare
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04.03.2012 um 15:16 Uhr Schwuler Mann
” sondern bis auf weiteres Frauen oder Schwulen vorbehalten bleibt”
Lassen sie uns Schwule bitte aus ihren sog. “Glossen” heraus.
Wir Schwulen haben nichts mit solchen feministischen männerhassenden hässlichen Lesben zu schaffen.
Schauen sie sich mal im Spiegel an Frau Pusch.
Ich sehe da nur einen kleinen hässlichen Gartenzwerg mit Warzen.
Dagegen ist die Alice Schwarzer ein Model.
02.03.2012 um 16:11 Uhr Amy
Sympathie für Feministinnen wird auch der nächste Bundespräsident nicht pflegen. Aber er könnte seiner zukünftig Anvertrauten einen Dienst erweisen und bei einer evtl. Heirat ihren Namen annehmen. So würde aus Herrn Gauck als erster Mann im Staate letztlich Herr Schadt, geb. Gauck. Sein Name müsste nicht fürs Kalauern herhalten / Gauck/ler ? Oder doch / Schadt, geb. Gauckler?
Herr Schadt, geb. Gauck als emannzipierter Vorreiter für all die Männer, die sich nicht mit ihrem Jungennamen fortzupflanzen möchten - optimal auch für die Herren, die sich seit Anbeginn an Bindestrich-Namen stören?
28.02.2012 um 22:17 Uhr Cristina
Ich bin erstaunt, daß der alte feministische Grundsatz “das Private ist politisch” nicht mehr gelten soll. Warum ist es Gaucks Privatsache, wenn er zwei Frauen “besitzt”? Zudem zweifle ich daran, daß er als Pfarrer und ostdeutscher Mann irgendwelche Sympathie für Feministinnen hegt. Warum ist das kein Thema?
Ja, und übrigens, es steht sehr wohl eine Bundespräsidentin zur Diskussion, nämlich seitens der Linken. Sie heißt Beate Klarsfeld und wäre als Präsidentin für Deutschland allemal eine bemerkenswerte Wahl, auch in Hinblick auf das Ausland. Es wäre gleichzeitig ein Zeichen in puncto Antisemitismus und Vergangenheitsbewältigung- wodurch nicht nur die böse DDR, sondern die NS- Vergangenheit mit all ihren Nachwirkungen in der bundesdeutschen Geschichte (Stichwort Kiesinger) und bis in die heutige Zeit reflektiert würde.
28.02.2012 um 14:19 Uhr anne
@ mo jour - die überlegungen zum `zapfenstreich` finde ich gut. dieses militärische ritual gebührt nur großartigen persönlichkeiten (der bundespräsident, der bundeskanzler, der bundesminister für verteidigung , der oberste general). gustav heinemann (BP) lehnte dagegen den militärischen humbug ab und unternahm bei seiner abschiedsvorstellung lieber eine boots-fahrt auf dem rhein. für ein weibliches oberhaupt ist eine zapfenstreich-soiree nicht vorgesehen, höchstwahrscheinlich bekäme sie ein kaffeeservice der marke villeroy & boch?
nun gilt auch für herrn wulff O`zapft is - ausgerechnet am 8. märz - hier z.b. geht`s zur “damenwahl” - frauen haben das bessere programm!
http://www.saarbruecken.de/de/rathaus/stadtpolitik/frauenbuero/101_jahre_internationaler_frauentag/
27.02.2012 um 20:26 Uhr Dürr
Hach, was für eine wunderbare Glosse - und köstliche Kommentare!
Mir geht durch den Kopf: Was, wenn ein simpler männlicher Single gewählt würde. Oder würde so einer gar nicht gewählt, wegen der möglichen Unordnung, die im Hause Belvedere (so heisst doch die Unterkunft, gell?) bei einem Junggesellen herr-schen könnte: Unaufgeräumte Zimmer (trotz Zugehfrau), ungeklärte Funktion von Besucherinnen/ern, ja sogar unabgemeldetes Fernbleiben vom Wohnort, weil irgendwo “abgestürzt” bei einem one-night-stand….? Unvorstellbar die vielen Einsätze von Polizei und ...
Wir wollen nicht grübeln…
27.02.2012 um 19:08 Uhr mo jour
wie lange gibt es die brd nun? seit 1949. immer hatten wir präsidentenmänner. immer! eigentlich müsste es ab sofort mindestens genau so lange präsidentinnen geben, bis die gleichheit hergestellt ist. also mindestens 63 jahre lang. immerhin sind wir mehr als 51 % der bevölkerung.
falls es denn irgendwann in irgendeiner zukunft tatsächlich mal eine bundespräsidentin geben wird (was ja derzeit mal wieder nicht zur debatte steht) - was kriegt die dann zum abschied? wenn beim großen zapfenstreich der große (männer)zapfen gestrichen wird, welcher art zeremonie wäre adäquat ehrenhaft und einer ersten frau im staate würdig? doch sicher nichts so militärisch-militantes?!
übrigens, dass der abgedankte wulff ausgerechnet am internationalen frauentag groß verabschiedet und somit an diesem tag dann doch wieder ein mann im zentrum der aufmerksamkeit stehen wird, ist schon ein armutszeugnis für die deutsche politik. das zeigt ganz deutlich, dass frauen in diesem land immer noch allenfalls in der zweiten reihe stehen. wenn überhaupt.
ist doch doof.
27.02.2012 um 14:32 Uhr schubidu
Weibchen alt/neu.
Die Sockenwäscherin muss ihren Job aufgeben, weil sich sein Job und ihr Job nicht vertragen und im Gegenzug hat sie keinerlei Erbanspruch.
Da geht’s ja wie in den christlichen Pfarrgemeinden zu.
Die hl. Mutter erbt und der Pfarrersköchin bleibt die Arbeit :)
27.02.2012 um 12:53 Uhr anne
wie heisst ein früheres zitat: hinter einem erfolgreichen mann steht eine starke frau, und hinter jeder erfolgreichen frau stehen mindestens zwei männer, die das verhindern wollen?
männer leg/ten wert darauf, daß ihnen die ehe-/frau bei `seinem` beruflichen aufstieg den rücken freihielt. dafür durften sie sich hin und wieder als brave hausfrau bei empfängen von der öffentlichkeit begutachten lassen, immer freundinlich lächelnd und frohsinn verbreitend. bei vielen männern an der seite von erfolgreichen frauen scheint es anders auszusehen. sie tauchen als hausmann erst gar nicht oder selten in erscheinung. und wie im fall merkel muss es für den ehemann nichtig sein, bei öffentl. anlässen evtl. mal an einem `damenprogramm` teilzunehmen? ein `herrenprogramm` dagegen steht männern besser zu gesicht? siehe strauss-kahn - haben männer angst vor starken frauen - welche rolle spielt der mann an der seite einer erfolgreichen frau. diese frage ist `wissenschaftlich` nicht hinreichend beantwortet, heisst es in einem artikel, ja nicht einmal gestellt worden. auch in der öffentlichkeit ist das kein thema .
es gibt eine art konsens darüber, welchen part die ehefrau eines erfolgreichen mannes einnehmen sollte: den der unterstützerin. wie oft wohl ist der satz gefallen `meine frau hält mir den rücken frei`, indem sie sich um die familie und haushalt kümmert, ihrem mann alles lästige vom hals fernhält. so wird behauptet: karriere macht männer sexy, frauen angeblich einsam, was die partnerIn-situation betrifft. 90 % der topmanager sind verheiratet, 80 % sind väter - wogegen 40 % der business-frauen unverheiratet sind…der grund, daß z.b. männer, die zu erfolgreichen frauen passen, diese frauen gar nicht wollen: sie fühlen sich ihnen unterlegen - deshalb gebe es so viele singles und geschiedene unter den erfolgreichen unternehmerinnen.
fühlen sich die `wenigen` männer an der seite der starken politikerinnen ebenfalls unterlegen, weil sie sich so rar machen und in der öffentlichkeit einfach aus dem programm `verschwinden`? immerhin sind wir schon so weit vorgedrungen, daß die öffentlichkeit sich keine gedanken mehr darüber macht, wie jung die frau, fräundin, geliebte, lebenspartnerin an der seite eines greisen politikers ist. wie im fall helmut kohl, das wird heute alles so wohlwollend akzeptiert; wenn eine junge frau einen greis umsorgt, hegt und pflegt. mich würde ja auch interessieren, wie groß wäre der medienrummel, hätte unsere bundeskanzlerin oder evtl. eine bundespräsidentin einen 30 jahre jüngeren mann, geliebten, lebenspartner an ihrer seite.
alles in allem, ich plädiere dafür, daß dieser überbezahlte job eines bundespräsi endlich abgeschafft gehört. oder wenn überhaupt dann nur noch von frauen übernommen wird. seit 1949 gibt es nur männer in diesem amt - hier einmal wegen der optik sollten die nächsten 10 bundespräsi-ämter von starken, unabhängigen frauen dominiert werden.
und ich hoffe doch , daß sich frau schadt nicht von der presse und den großen erwartungen der bevölkerung beeinflussen lässt und bei ihrem lebenspartner auch noch um seine zweit-hand anhält, somit ihre freiheit und unabhängigkeit für ein inzwischen überholtes `amt` aufgibt ... scheinbar ist vielen wichtiger, daß das hohe amt mit einer `second lady` an der seite eines mannes würdevoll dekoriert wird - die frage, daß nach 10 bundespräsi endlich mal eine frau an vorderster front erscheinen sollte, ist immer noch zweitrangig bzw. unwichtig..
“zehn kleine redemeister” , schreibt die süddeutsche - nun werden es schon 11..