Die Schutzmatrone
Aus Wir machen uns unsere Sprache selber: Ein Feminar. Erste Lektion
Neulich redigierte ich einen Text über Königin Friederike von Hannover (1778-1841). Folgende Formulierung verusachte mir feministisches Magendrücken: Königin Friederike, die Namenspatronin des “Friederikenstifts“ …
Ich eliminierte die Patronin und änderte das zu: Das “Friederikenstift“, benannt nach Königin Friederike …
Der Autorin teilte ich mit, viel lieber noch hätte ich ja von Friederike als “Namensmatrone” gesprochen. Aber das Wort ist wohl noch nicht allgemein anerkannt, was sage ich - außer mir hat es wohl noch kaum ein Mensch benutzt. Dabei setze ich mich schon seit 20 Jahren für die Wiederbelebung der Matrone ein, nämlich immer dann, wenn wieder mal die Frage aufkommt, wie wir denn “einen weiblichen Schutz- oder Namenspatron” oder auch “einen weiblichen Schirmherrn” nennen wollen. Patronin von Lateinisch pater “Vater” erinnert nur aufdringlich ans Patriarchat und an Patronen, damit will eine Frau, die auf sich hält, nix zu tun haben. Und schließlich nennen wir ja eine Mutter auch nicht Vaterin!
Die Wörter Namens- und Schutzmatrone wären also mehr als naheliegend, einsatzbereit sitzen sie da, aber niemand will sie, die Matronen.
Das WDG (Wörterbuch der Deutschen Gegenwartssprache) vermeldet zum Stichwort Matrone:" ältere, ehrwürdige Frau" und bringt als Beispiel: „eine würdige, beleibte, majestätisch dahinschreitende M.“ Mit der Würde und Majestät könnten wir uns wohl anfreundinnen, aber dies „ältere“ und noch dazu „beleibte“ (freundinlicher: stattliche), das mögen wir gar nicht.
Um die Matrone liebzugewinnen, müßten wir erstmal gehörig an unserer Altenfeindlichkeit und an unserem von der Diätindustrie gemästeten Ekel vor der Körperfülle arbeiten. Es kann also noch dauern, bis wir unserer „inneren Matrone“ die Freiheit geben. Vielleicht hift uns ja Godwards "Römische Matrone" auf die Sprünge (Abb. links).
Dabei wäre die Matrone auch insofern angenehm, als sich aus ihr per Rückbildung der Matron entwickeln ließe. Wir hätten dann das bildschöne Paar die Matrone und der Matron. Denn: wo eine Patronin denkbar, ja sogar üblich war, müßte im Zuge der Gleichberechtigung auch der Matron seine Heimat finden.
Soll der Schirmherr bzw. Patron froh sein, daß wir ihn nicht Knirps bzw. Mutterich nennen.
Nachtrag: FemBio-Mitfrau Anne Beck schickte wichtige Infos über die neu angefachten Diskussionen zur Erweiterung des erlauchten, aber mißlich benannten Kreises der Europa-Patroninnen. Bisher haben wir da die drei Heiligen Birgitta von Schweden, Katharina von Siena und Edith Stein. Neu hinzukommen soll im Jahre ihres 800. Geburtstags 2007, so hofft die thüringische Tourismusbranche, die Heilige Elisabeth von Thüringen. Soll uns alles sehr recht sein, solange diese heiligen Matronen nicht weiter unnötig patronisiert werden.
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10 Kommentare
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20.08.2007 um 21:15 Uhr lfp
ich hätte da noch “Vollnarr” anzubieten, wie in “Vollnarrkose”.
Und damit verabschiede ich mich für diesmal aus dem Wortspielzimmer.
20.08.2007 um 19:22 Uhr Frank Perrey
...SemiNarr klingt so unvollständig, wenn schon dann ganz :o)
da war Amy doch schon dichter dran an meiner Vorstellung
20.08.2007 um 17:51 Uhr amy
Einfach genial und fembional - ab heute nur noch SemiNarr.
Danke von Amy
20.08.2007 um 17:37 Uhr lfp
@ Amy, Frank und Undine:
Feeminar - auch sehr schön. Statt “Seminar” haben englischsprachige Feministinnen in den Siebzigern das Wort “Ovular” vorgeschlagen, weil die allg. he-man-Sprache ihnen auf den Senkel ging. “Seminal” wie in “seminal paper” wurde entspr. zu “ovular paper”. Das “Seminar” hat allerdings mehr mit “Semi” als mit dem Samen zu tun.
Wie wär’s also mit SemiNarr?
20.08.2007 um 10:12 Uhr undine
Donnerwetter, hätte ich dieses Feminar nur schon früher besucht, meine damals etwas eingeschränkte Berufswahl: Feuerwehrmann - geht nicht, Gärtner - geht nicht, und ich-weiss-noch-nicht - geht, da typisch frau und diese heiratet ohnehin: wie gesagt, diese etwas missglückte Berufswahl hätte einen Glanzpunkt gefunden, wenn ich stolz verkündet hätte: ich will Matrone werden.
Alter, Weisheit und Würde gehörten für meine kindliche Weltsicht zusammen wie der Schnür zum Senkel. Heute weiss ich, schnüren und senkeln gehen idealerweise zusammen, aber meist wissen sie nichts voneinander. Grund genug für mich, noch ein bisschen an meiner Ausbildung zu feilen. Mit dem Alter, das klappt schon ganz gut, Erfahrungen machen auch Fortschritte, an der Würde arbeite ich ebenfalls. So weiss ich denn nun endlich das Wort für das, was ich schon immer werde wollte: eine Matrone.
Vielen lieben Dank dafür :)
19.08.2007 um 22:33 Uhr amy
wen es glücklich macht auch Fee-men-ar .
Amy
19.08.2007 um 22:04 Uhr Frank Perrey
...na, doch hoffentlich auch ein Se-men-ar :)
19.08.2007 um 19:06 Uhr Amy
Das schöne und sehr alte Wort Matrone ist leider umgangssprachlich zu einer abwertenden Bezeichnung geworden. Dabei meint das lat. wort `Matrona`u.a. eine einflußreiche, verehrungswürdige Frau, deren Lebenserfahrung und Weisheit gefragt ist. Verschwunden aus unserem Sprachgebrauch ist auch die Bezeichnung f.d. Matrone als `Beschützerin`,und die `Schutzmatrone`wurde während der frauenfeindlichen Sprachentwicklung zur `Schutzpatronin`.
Mit dem Wort `Patron`assoziere ich aber auch die negativen Eigenschaften v.`Mafia-Patron-Pate-Patronat`, Patriarchat und `blaue Bohnen`.
Ein klares `Ja`zu Matrone, Namens- und Schutzmatrone.
Aber auch Knirps für Schirmherr finde ich einfach wunderbar.
Gespannt bin ich auf weitere Lektionen. Danke für dieses tolle Feminar.
Grüsse v. Amy