Die dominante Kuh macht MU
Im März erscheint, passend zum Internationalen Frauentag, im Wallstein Verlag Göttingen mein neues Buch "Die dominante Kuh: Neue Glossen". Was es mit dem Titel auf sich hat, erfahren Sie hier:
Als ich Jennifer Rödl, Mitarbeiterin von gendup, dem Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung der Universität Salzburg, den Titel meines neuen Buchs verriet, schrieb sie zurück: „Ich freue mich schon auf Ihr nächstes Werk, da wird wohl dann auch das MU seinen Platz bekommen :-).“
Wenige Monate zuvor hatte ich auf Einladung des gendup ein Seminar zum Thema „Sprache und Sexismus“ durchgeführt, und die Übungen zum MU hatten allen Teilnehmerinnen viel Spaß gemacht.
Was ist denn das MU, werden Sie mit Recht fragen.
„MU“ ist eine Abkürzung für „Männliches Universum“ - ein Begriff, den ich Anfang der 80er Jahre zur Beschreibung einer weitverbreiteten Eigenart sexistischer Texte geprägt habe. Dazu ein Zitat aus meinen Seminarunterlagen:
Vom Männlichen Universum (MU) zum Frauenzentrierten Denken
Definition MU: Das männliche Universum (MU) manifestiert sich in Texten, die angeblich von Menschen allgemein handeln oder von Angehörigen bestimmter Gruppen ganz allgemein, deren Geschlecht scheinbar irrelevant ist. Es stellt sich jedoch bei näherem Hinsehen heraus, dass tatsächlich nur Männer gemeint sein können. Hin und wieder haben diese Männer noch weibliches Zubehör ... Die weite Verbreitung der MU–Sprache, die den meisten nicht einmal auffällt, gab den Anstoß für die Kritik der Frauen an der Männersprache. MU-Beispiele beweisen, dass die "Geschlechtsneutralität maskuliner Personenbezeichnungen" ein Mythos ist.
Textbeispiele für das Männliche Universum (MU) • Frauen haben die Mongolen eine oder mehrere. (Chronisten der engl. Benediktinerklöster Burton und St. Albans) • Briefe von berühmten Menschen an ihre Ehefrauen oder Geliebten sind so eine Sache. (Georg Patzer, 2013) • Wer mit Katzen lebt, ist ihnen niemals Herrchen, wie man das dem Hund ist. (Die Zeit) • Jede Sprache entwickelt sich ... nicht anders als jeder Mensch sich vom Kind zum Jüngling, vom Jüngling zum Mann und zum Greis entwickelt. (Emil Staiger 1968)
Beim sprachlichen Sexismus unterscheide ich zwischen gewöhnlichem und grobem Sexismus. Das MU ist und bleibt eine der perfidesten Erscheinungen des gewöhnlichen Sexismus. Aber eine dominante Kuh weiß sich zu wehren. Sie macht laut und unmissverständlich MU - und fertig.
Und was macht die dominante Kuh sonst noch? Der Bulle macht bekanntlich Bullshit, während die brave Kuh Milch gibt. Nicht so die dominante Kuh. Sie hat Besseres zu tun (nachzulesen in meiner Glosse „Büffelmilch oder Die dominante Kuh“ — besonders erhellend dazu, wie immer, die große Charlotte Perkins Gilman).
Der Titel meiner neuen Glossensammlung soll aber auch an grobe sprachliche Sexismen erinnern, nämlich an zwei der beliebtesten Schimpfwörter für Frauen. Wenn wir nicht gerade als „dumme Kuh“ beschimpft werden, dann als „dominante Zicke“. „Dominante Kuh“ wird uns hingegen selten bis nie entgegengeschleudert - in der Herrenkultur passen diese beiden Begriffe einfach nicht zusammen. Und deshalb lachen alle über den Titel - und damit über die Herrenkultur.
Besser kann ich den Sinn und Zweck meiner Glossen, die ich seit über 30 Jahren produziere, nicht umreißen.
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3 Kommentare
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11.02.2013 um 19:51 Uhr anne
“zickenkrieg” ist auch ein öffentl. sexist. begriff - wenn frauen i.d. politik streiten, diskutieren, gegenseitig verschiedenartig argumentieren, wird ihnen von der männerpresse der stempel “zickenkrieg” oder “stutenbissigkeit” reingewürgt. männer, die streiten, diskutieren (so heisst es)sind bemüht probleme zu lösen, tun heldenhaftes - frauen zicken, männer befinden sich im duell.
“zickenkrieg im parlament” , so schrieb die süddeutsche zeitung 2011 voller klischees und häme, abfällig von angiften, anätzen, sticheln (von der Leyen und Zypries) - während in der berichterstattung bei der polit. auseinandersetzung von Guttenberg und Röder die gleiche zeitung vom “Duell der Kronprinzen” sprach.
männer dürfen ehrgeizig sein, frauen sind karriergeil. die männerwirtschaft gerät ins wanken und dementsprechend sexistisch reagiert die herrenkultur - alles nichts neues. das sieht frau ja bei den kommentaren zur sexismus-debatte.
wie lange hat es gedauert, bis frau Merkel als kanzlerin akzeptiert wurde , obwohl im grundgesetz von kanzler die rede ist . Angela Merkel 8. bundeskanzler und erste bundeskanzlerin. in den gedichten von Eugen Roth “ein mensch” geht m.E. das männliche universum auf wie ein hefkloß, gibt es als weibliches zubehör nur einmal DAS “frauenzimmer”..
zitat: Männer haben diese unsere Sprache gemacht, und sie haben sie für sich gemacht. (LFP)
zitat: Johannes Goddaeus, der im 16. jahrhundert in einem digesten-kommentar (gesetzessammlung des kaisers Justitian) folgendes schrieb: „wenn man nun unter eine weibliche bezeichnung auch männer fallen ließe, gestünde man dem unwürdigerem und unvollständigerem geschlecht zu, was allein dem hervorragenderen und vollständigerem zukommen kann.“ (alle menschen werden schwestern)
11.02.2013 um 09:52 Uhr Dürr
Ein permanentes Aergernis: die deutsche Sprache und diese insbesondere in der deutschen Oeffentlichkeit. Die weibliche Form wird ums Verrecken nicht angewendet - ausser im Wahlkampf. Und dann heisst das: Lieber Wähler und Wähler.
Wenn aber eine FRAU sagt: Ich bin Regisseur, Arzt, Rechtsanwalt… dann könnte ich schreien. Das Beste ist jedoch, wenn Gynäkologen von Patienten u.deren Schwangerschaften reden.
Frage: Sind diese Leute so saudumm und so gedankenlos auch in ihrem Beruf?!
11.02.2013 um 09:06 Uhr Karin Anita Becker
Auf dieses Buch freue ich mich schon heute.