Brauchen wir Hähne
Brauchen wir Hähne?
Gästinglosse von Andrea Schweers
Als wir – meine Lebensgefährtin und ich – vor drei Jahren unseren heranwachsenden Töchtern die geplante Auswanderung nach Mayotte (eine zu Frankreich gehörende kleine Tropeninsel im Indischen Ozean) verkündeten, konnten wir die Proteste der Älteren nur mit dem Versprechen besänftigen, sie dürfe dann auch endlich Haustiere halten (sie, unsere Tochter, hat einen ausgeprägten Hang zur Landwirtschaft, den sie in unserer Bremer Stadtwohnung nie ausleben konnte). Die Wahl fiel – nach einigen Debatten – auf Hühner, und wir fanden bald auch eine nette alte Dame im Nachbardorf, die bereit war, uns zwei erfahrene Legehennen zu verkaufen. Ein Hahn kam uns natürlich nicht in den Stall (wir hielten ihn schlichtweg für überflüssig, da wir ja keine Zucht aufbauen wollten), ausserdem fürchtete meine Gefährtin um ihre Nachtruhe – die Hähne auf Mayotte krähen schon vor dem Muezzin, d.h. so gegen 3 Uhr!
Anfangs ging auch alles gut – die Hühner waren gesund und glücklich, und stolz präsentierte uns die angehende Jungbäuerin jeden Morgen ein selbst produziertes, garantiert biologisches Frühstücksei. Nach einigen Wochen allerdings wurde das Legeergebnis immer magerer, bis die Produktion dann ganz zum Erliegen kam. Unsere Nachbarin, die – obwohl selber Grundschullehrerin – wie alle Menschen auf Mayotte noch was von der Landwirtschaft versteht, klärte uns lachend auf: Ohne Hahn liefe eben gar nichts. Das wollten wir als feministisch indoktrinierte Nordeuropäerinnen natürlich so nicht stehen lassen, aber – wenn wir es auch biologisch nicht verstanden – die Erfahrung gab ihr Recht.
Zurückgekehrt in die norddeutsche Tiefebene, erzählten wir oft und gerne von unseren Hühnererlebnissen, was unsere Freundinnen dazu anregte, ihrerseits Geschichten von Huhn und Hahn zum Besten zu geben. Die tollste Geschichte war diese: C. und ihr damaliger Ehemann hatten auf ihrem Hof in Niedersachsen einen ganzen Stall voll Hühner und den dazugehörigen Hahn, der alles tat, was ein Hahn eben so tun muss, bis er verstarb. Noch bevor ein Nachfolger angeschafft werden konnte, geschahen merkwürdige Dinge: Eines der Hühner hörte auf mit dem Eierlegen, hockte stattdessen jeden Morgen auf dem Misthaufen, krähte, wenn auch etwas mühevoll, aus vollem Halse, und scheuchte – wie ein echter Gockel – die Kolleginnen über den Hof. Als ihm dann auch noch, unverkennbar, der Kamm wuchs, bis er eine hahnenmässige Grösse erreicht hatte, war die spontane Geschlechtsumwandlung perfekt und die Hennen waren es offensichtlich zufrieden.
Sollen wir daraus nun lernen, dass es ohne Hähne nicht geht? Oder dann doch lieber: Mit dem nötigen Willen kann ein Huhn alles erreichen, was es will. Und wenn wir unbedingt einen Hahn brauchen, werden wir eben selber einer....
Nachricht am 25.5.07 von Anne Beck:
"Schwarz auf Weiss - es gibt sie, die natürl. Geschlechtsumwandlung von der Henne zum Hahn" - mehr ist hier nachzulesen.
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