Brauchen wir den Unterstrich? Feministische Linguistik und Queer Theory, Teil 1
Seit einiger Zeit benutzen manche SchreiberInnen, die sich um sprachliche Gerechtigkeit bemühen, nicht mehr das große I, auch Binnen-I genannt, sondern den Unterstrich, auch Gender_Gap genannt. Statt „SchreiberInnen“, „KollegInnen“ also „Schreiber_innen“, „Kolleg_innen“, undsofort. (Mehr dazu hier)
Die Schreibweise mit dem Unterstrich entstand im Diskurs der Queer Theory; sie wurde vorgeschlagen von Steffen Kitty Herrmann in dem Artikel „Performing the Gap - Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung“, nachzulesen hier.
Ich werde oft gefragt, was ich von dem Unterstrich halte. Hier eine meiner Antworten aus dem Jahr 2008, Quelle: dieStandard
Luise F. Pusch, Verfasserin mehrerer Klassiker rund um geschlechtergerechte Sprache […] findet den Unterstrich zwar interessant, zeigt sich gegenüber dieStandard.at aber nicht ganz überzeugt. "Er erinnert ja sehr an den Aufbau von Email-Adressen. Besser als der Schrägstrich (Leser/innen) ist er allemal, aber nicht so gut wie das große I in der Mitte, das auf schlaue Weise eine feminine Lesart suggeriert, die trotzdem auch für Männer akzeptabel sein sollte, da sie sich ja von der rein femininen Form 'Leserinnen' graphisch deutlich unterscheidet." Die Idee des Unterstriches, als Leerstelle Raum für Menschen zu schaffen, die sich geschlechtsmäßig nicht festlegen wollen oder können, findet sie im Ansatz gut, "die Lösung scheint mir jedoch nicht überzeugend." Pusch spricht sich hingegen für ein konsequentes Hinarbeiten auf neutrale Formen aus, ähnlich dem "the" im Englischen. Sie plädiert für "eine rigorose Abschaffung der im Kern diskriminierenden Ableitungen 'nebensächlicher' Formen aus den 'Hauptformen'. Alle Geschlechter einschließlich der nicht Festgelegten haben Anspruch auf die Grundform und sollten nicht mit irgendwelchen Wurmfortsatzbildungen in Ecken abgeschoben werden", so Pusch.
Die Sprache ist für die Menschen da, und sie können mit ihr machen, was sie wollen. Sie können alsdann versuchen, andere Menschen von ihren Ideen zu überzeugen. Die Idee des Unterstrichs hat anscheinend schon viele Menschen überzeugt; jedenfalls begegne ich dieser Schreibweise immer öfter. Befreundete Germanistinnen aus den USA fragen an: Weißt Du, was es mit diesem Unterstrich auf sich hat?“ In „Feminismus schreiben lernen“ (Brandes & Apsel 2011) wurde der Unterstrich weiterentwickelt zu einem „dynamischen Unterstrich“: Um Lese- und Denkgewohnheiten zu irritieren, lassen die Autorinnen den Unterstrich nun auftauchen, wo sie wollen. Das sieht dann so aus: Doze_ntinnen, Ver_Ant_W_Ortungen, Freun_dykes/innen, Ver_Suche, Geschichte_N.
Es tut sich was in Sachen gerechte Sprache. Anscheinend wird sie immer gerechter. Besser gesagt: Das ist die Absicht der Anhänger_innen des Unterstrichs.
Als Veteranin des Kampfes für eine gerechte Sprache glaube ich allerdings nicht, dass der Unterstrich das beste Mittel zur Erreichung des Ziels sprachlicher Gerechtigkeit ist. Ich glaube auch nicht, dass die Wörter immer weiter zerstückelt werden müssen, damit sich zwischen den Bruchstücken neue Räume für die bis dato unterdrückten Kategorien auftun können. Sprache funktioniert nicht so.
Im heutigen ersten Teil meiner Stellungnahme möchte ich erläutern, warum andere Lösungen besser geeignet sind, die „geschlechtlich nicht Festgelegten“ sprachlich sichtbar zu machen. Im zweiten Teil werde ich nächste Woche an dieser Stelle aufschreiben, warum die von der Queer Theory inspirierte Technik, Wörter aufzubrechen, um Freiräume für Unterdrückte zu schaffen, eher zu Unverständlichkeit und Leseverdruß als zum Ziel führt. Wie gesagt: Sprache funktioniert anders, als Queer-TheoretikerInnen sich das vorstellen. „Die altbewährten feministischen Strategien tun es auch. Allerdings wurden diese nicht von Männern entworfen oder abgesegnet und genießen deshalb kein akademisches Ansehen. Aber darauf kommt es ja letztlich auch nicht an, oder?“ (Selbstzitat aus "Homophobische Diskurse, Dekonstruktion, Queer Theory: Eine feministisch–linguistische Kritik", in: Pusch, Luise F. 1999. Die Frau ist nicht der Rede wert: Aufsätze, Reden und Glossen. Frankfurt/M. Suhrkamp TB 2921. S. 68-86)
Kritik des Unterstrichs: Der Unterstrich macht aus einem umfassenden (generischen) Femininum bzw. aus der Abkürzung für die Doppelform (LeserInnen, zu sprechen als Leserinnen und Leser) ein Gebilde aus Maskulinum plus Unterstrich plus Femininum-Suffix.
Menschen, die sich dem weiblichen oder männlichen Geschlecht nicht zurechnen können oder wollen, sollen sich durch den Unterstrich repräsentiert sehen, Frauen durch das Suffix. Als Frau finde ich es mehr als unbefriedigend, mich nach 30 Jahren Einsatz für eine gerechte Sprache auf ein Suffix reduziert zu sehen. Das ist eigentlich noch schlimmer als Mitgemeintsein. Und als Transsexuelle, Intersexuelle oder Transgenderperson würde ich den mir als Platz zugewiesenen Unterstrich vermutlich ebenso als entwürdigend einordnen.
Mit anderen Worten: Die Absicht ist edel und verständlich, die Ausführung macht die Sache aber noch schlimmer als vorher.
Was eigentlich gebraucht wird, ist eine Desexualisierung der Personenbezeichnungen, ähnlich wie wir sie im Englischen und in anderen Sprachen ohne grammatisches Genus vorfinden. Nicht umsonst fragen die US-amerikanischen Germanistinnen, was es mit dem Unterstrich nun auf sich habe. Sie kennen das Problem in ihrer Sprache nur bei den Pronomina und plädieren infolgedessen für Neutralisierung statt weitere Differenzierung, d.h. für geschlechtsneutrale Pronomina: ze, hir. Mehr dazu hier.
Steffen Kitty Herrmanns Vorschlag basiert auf linguistisch falschen Voraussetzungen. Herrmann schreibt: „Um die Illusion zweier sauber geschiedener Geschlechter aufrecht zu erhalten, kennt unsere Sprache nur die zwei Artikel "sie" und "er", sowie die zwei darauf bezogenen Wortendungen, zumeist das weibliche "...in" und das männliche „…er“.
„Sie" und „er“ sind keine Artikel, sondern Pronomina. Außerdem kennt die deutsche Sprache nicht nur zwei, sondern drei Artikel: die, der und das. „-in“ ist zwar eine weibliche Endung, aber „-er“ ist keine männliche Endung. Wenn dem so wäre, hätten wir Wortpaare wie Arbeiter und Arbeitin, Schuster und Schustin. Was stattdessen im Deutschen vorliegt, ist eine Palette maskuliner Personenbezeichnungen, von denen viele mittels der Endung -er aus Verben abgeleitet sind. Aber diese Endung tragen auch viele Gerätenamen. Neben dem Schornsteinfeger haben wir den Büchsenöffner und den Staubsauger. Und viele maskuline Personenbezeichnungen enden nicht auf -er, z.B. Student, Anwalt, Arzt. Was aber alle maskulinen Personenbezeichnungen auszeichnet, soweit sie nicht substantivierte Adjektive oder Partizipien sind (der Geistliche, der Abgeordnete), ist die Möglichkeit der Movierung (Ableitung eines Femininums) durch Anhängung von -in: Arzt > Ärztin, Schornsteinfeger > Schornsteinfegerin. Ebenfalls ordnet die Männergrammatik an, dass nur Maskulina für gemischtgeschlechtliche Gruppen und für hypothetische Personen verwendet werden können. Beispiel: Ein guter Arzt lässt seine Patienten nicht im Stich. Das Femininum hingegen kann nie für beide Geschlechter stehen.
Das ist also eine völlig andere Problematik als die Unsichtbarkeit der Intersexuellen, Transsexuellen und TransgenderPersonen. Frauen sind in der Männersprache nicht unsichtbar, sondern untergeordnet. Wie Eva aus Adams Rippe wird die weibliche Bezeichnung aus der männlichen abgeleitet. Ein einziges Maskulinum bringt automatisch Tausende von Feminina zum Verschwinden. Soll die Transgender und Genderqueer Community grammatisch im deutschen Sprachsystem sichtbar gemacht werden, bräuchte es eine weitere Endung. Sollte das Gesamtsystem gerecht sein, bräuchte es überdies eine eigene Endung für das Maskulinum, ähnlich wie es Matthias Behlert vorgeschlagen hat. Wir hätten dann etwa Freundin (Frau), Freundis (Mann) und Freundil (Intersexuelle, Transsexuelle, Transgender), Plural Freundinne, Freundisse, Freundille. Wenn das Geschlecht (welches auch immer) keine Rolle spielen soll, entfällt die Endung: Beispiel: Fragen Sie ihre Freund, Arzt oder Apotheker.
Warum „ihre Arzt“? Weil in dem entpatrifizierten Deutsch nach Behlert das Genus abgeschafft ist; es gibt nur noch einen Artikel, und zwar „die“.
Eine alternative Lösung wäre die Abschaffung der Endung -in plus Aktivierung des Neutrums (ne-utrum = keins von beiden): Bsp.: Die, der, das Neugeborene. Schon vor 31 Jahren habe ich vorgeschlagen, das Neutrum zu aktivieren für all jene Mitteilungszusammenhänge, in denen das Geschlecht keine Rolle spielt. Beispiel: Gesucht wird ein Professor, das sich in feministischer Theorie auskennt. Das Neutrum könnte außerdem die Funktion des Unterstrichs übernehmen - falls es jenen gefällt, die jetzt auf dem Unterstrich Platz finden sollen.
Soweit meine feministisch-linguistische Beurteilung des Unterstrichs. Nächste Woche folgen einige kritische Bemerkungen über den Kampf der Genderforschung und der Queer Theory gegen binäre Kategorien, die angeblich den Zwischenstufen keinen Platz lassen. Wenn wir die aristotelische Kategorienlehre hinter uns lassen, was die Linguistik längst getan hat, gibt es für diese düstere Diagnose keinen Anlass.
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Anmerkung der FemBio-Redaktion zur Kommentarfunktion am 26.10.2011: Übermäßig aggressive Äußerungen, besonders Diffamierungen von Personen und Gruppen, werden redigiert oder ganz gelöscht. Bisherige Äußerungen dieser Art wurden geschlossen. Dadurch mag die Diskussion bisweilen etwas löcherig wirken, aber da müssen wir durch.
59 Kommentare
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28.10.2011 um 15:33 Uhr Dürr
@Lena: Das ist es: Unrecht, Respektlosigkeit, Anmassung, Diffamierung und Diskriminierung benennen - und zwar laut, klar und unmissverständlich! Egal woher es kommt!
Ich bin als hetera Frau wohl Exotin hier, nichts-destotrotz fühle ich den lesbischen Frauen nach, was sie leiden. Die zeugungsfähigen, männlichen Menschen (unter einem Mann verstehe ich eben nicht das, was wir so täglich zu sehen bekommen: Das wäre ein männl. Mensch, der Menschen zu achten fähig ist, weil er sich selber respektieren kann aufgrund seines eigenen anständigen Verhaltens allen Menschen gegenüber.) sind überwiegend und schlichterdings eine Zumutung für jede weibliche Menschin.
In einem meiner früheren Berufe hatte ich viel mit zeugungsfähigen männlichen Menschen zu tun:
1. die sog. Normalos. Kaum und nur in Ausnahmefällen (ca. 10 %) zu ertragen. Für sie sind Frauen nichts weiter als a)die Möglichkeit, sich sexuell zu befriedigen (das ist absolut prioritär), b) Putzfrauen, dazu da, ihnen JEDEN Dreck wegzuräumen (inkl. Kriegstrümmer), c)jene, die die Arbeit tut - wo auch immer und d) diejenige Sorte Mensch, welche ihnen täglich vor Augen führt, dass sie nicht Gott sind, denn es sind die Frauen, die Kinder gebären, neues Leben auf die Welt bringen.
2. Die Schwulen: Hier vor allem die weiblich identifizierten, die “Tunten”. Sie waren ausnahmslos freundlich, hilfsbereit, gebildet, relativ glücklich im Beruf und für mich eine völlig neue Erfahrung in dem Sinne, dass “Männer” auch ohne ewige Grapscherei freundlich zu einer jungen Frau sein können.
3. die männlich identifizierten Schwulen. Sie reagierten auf mich regelmässig hoch allergisch, aggressiv und herrisch/machohaft (den Ausdruck gab es damals noch gar nicht), geradezu bösartig. (Erst als ich einmal zwei Bekannte zusammen sah, fiel bei mir der Groschen, dass Homosexuelle ja auch Paare bilden. Bitte nicht lachen, Landeier müssen sich ja irgendwie aufklären!)
4. Anständige, annehmbare, zeugungsfähige männl. Menschen. Sie zeichnen sich aus dadurch, dass sie Menschen ganz allgemein respektieren, Frauen auch ausserhalb der Aussicht, sich an ihnen sexuell befriedigen zu können, mögen und schätzen - und entsprechend behandeln, sexuelle Präferenzen anderer Menschen für sie wenig Bedeutung haben im täglichen Umgang miteinander, sie sich bemühen, die anerzogenen Unverschämtheiten und Vorurteile gegenüber “Randgruppen” sich abzugewöhnen bzw. zu revidieren und das zu werden, was man/frau landläufig als “anständigen Menschen” bezeichnet.
Da ich - logischerweise - die Lesben-Szene nicht gut kenne, denke ich aber, dass es auch hier unschöne Abweichungen gibt. Trotzdem: Meine Güte Frauen! Das ist es ja, worüber sich die Männer, insbesondere die Normalos schief lachen: Die Frauen solidarisieren sich einfach nicht.
Hier entbrennt ein halber Krieg um einen Unterstrich, während täglich Hunderte von lesbischen Frauen korrektur-vergewaltigt werden.
Hier gifteln sich Frauen an, ob sie mit dem Binnen-I mitgemeint seien oder nicht, während die Porno-Industrie durch Gesetze und Politik weder eingeschränkt noch sonst wie behindert wird - ganz im Gegensatz zu lesbischen Frauen, denen man das Aufziehen eines Kindes verwehrt, weil Normalos immer von sich aus gehen und somit allen anderen die exakt gleichen Gemeinheiten, die sie selber begehen, unterstellen!
Hier bekriegt frau sich zum Thema Trans-, Inter-... -Sexualität und der Frage, was eine Frau denn nun sei oder eventuell doch nicht, während Männer päpstlich geschützt Kinder sexuell missbrauchen, täglich eine Frau durch den “liebenden” PartneR ermordet wird (genannt Familiendrama), tausende von jungen Frauen zwangsverheiratet werden…. (Die Liste darf beliebig erweitert werden.)
Ich meine das hier ist männliches Herrschergehabe. Luise Pusch will im besten Sinne dessen, was man unter “gutem Willen” verstehen kann/darf/muss, das ewige Unterschlangen der anderen Hälfte der Menschheit “wenigstens” sprachlich etwas aufheben. Sie stellt ihr Wissen in Linguistik hier einfach unentgeltlich (typisch FRau!) zur Verfügung und zur Diskussion. Statt dass frau sich auf eine brauch- und - vor allem - durchsetzbare Version einigt, entsteht ein K(r)ampf um Anteile. Anteile an dem, was sprachlich mit Frau gemeint ist. Niemand soll in seiner Befindlichkeit gering geschätzt werden, ich würde aber meinen, dass ALLEN Frauen gedient wäre, wenn sich die “Sonder- und Spezialfälle” bewusst machen könnten, dass sie sozusagen unter dem Schirm der Binnen-I-Frauen auf jeden Fall etwas gewonnen hätten - könnte sich dies endlich einmal wirklich durchsetzen. An einem sprachlichen/linguistischen “Feinschliff” weiter zu arbeiten, würde ja dann wohl niemandem verwehrt werden.
Inzwischen könnten wir “Weiberleit” (bayr.) uns alle einmal geschlossen gegen die allergröbsten Verstösse der zeugungsfähigen männlichen Menschen unserer Gesellschaft wehren. Laut, klar und deutlich. Frauen wären eine solche Macht, dass die Herren ausnahmslos in Sekunden die Hosen voll hätten - buchstäblich!
lg Dürr
28.10.2011 um 15:25 Uhr Lena Vandrey
@ Rote_Jacke: Vielen Dank!
Ich möchte noch einmal auf Monique Wittig zurückkommen. Ihr erstes Buch, vor mehr als 40 Jahren, der “Opoponax” ist nur mit “man” geschrieben. Eine Kindergeschichte, in der keine(r) Mädchen ist und keine(r) Junge. Das wohl erste Buch für Intersexualität, also Queer, bevor es diese Gedanken und Taten überhaupt gab. Dein Vergleich aber der Intersexuellen mit den Bisexuellen humpelt etwas, so einfach ist das nicht: schließlich geht es um Allianzen, darunter einige “unheilige”, wie es so hübsch heiBt; alle(s) über einen Kamm geschoren und in den gleichen Topf geworfen, etwas heikel, daran zu glauben. Intersexuelle, die weder/noch sein wollen, können sich nicht vergleichen mit den Bi’s, die beides sein wollen.
Ein Vorschlag: ein paar Axiome zu erweitern.
Was ist gut für die Lesben, was ist schlecht für sie? Also: was ist gut für Intersexuelle und was ist schlecht für sie? Und was gewinnen die einen und die anderen in einem Beisammensein? und was verlieren sie? In den meisten Fällen aller subversiven Kategorien gibt es ein furchtbares Leiden, welches ich die “erlittene Wahl” nenne. Wollen wir uns diese Qualen gegenseitig zumuten? Das Resultat unserer “Wahl” kann nur die persönliche Freiheit sein, ohne Vergleiche! Wer vergleicht, richtet ja schon. Ich sehe Lesben als Verliererinnen und bitte, es mir nicht übel zu nehmen, wenn der Zorn mich überkommt. Es könnte auch anders sein!
Es geht um die Frage nach dem Geschlecht der Engel. Für die Gesammelte-Werke-Kunst-Kultur-Männer-Gesellschaft sind Engel eindeutig männlich, obwohl es keine einzige Darstellung als Beweis dieser Annahme gibt.
Für mich waren sie weiblich-androgyn,ohne eine geschlechts-spezifische bildliche Bezeichnung, ich holte sie von den Amazonen her. Dass Engel keine Lesben sind und Lesben keine Engel, versteht sich von selbst. Lesben sind Menschen, welche an dem Ausdruck ihrer Menschlichkeit permanent gehindert werden, zum großen Schaden für die Menschheit.
Warum? Ich möchte jede betroffene Kategorie befragen: warum wohl? Gibt es ein Denken über jede etwaige Kategorie hinaus, und wie wäre das?
Der Dichter Stendhal sagte: Ein Genie - als Frau geboren - ist für die Menschheit verloren!
Ich sage: Jede Lesbe ist für die Menschheit verloren!
27.10.2011 um 21:36 Uhr Rote_Jacke
ob sich jemand gemeint fühlt, oder nur mit-gemeint oder gar nicht gemeint, ist dessen ganz persönliche angelegenheit. man kann nicht alle gemeinten extra nennen, wohin sollte das auch führen? zu namenslisten? jedes sexuelle plaisierchen als zu nennendes identifikationsmerkmal? nicht nur die schwulesbitranssexuellen, auch noch die BDSMer unterteilt in sado, maso, dom, sub, fetisch: tiere, möbel, DWT, klinik, spank …? das dauert, leute, macht euch das klar. bis man sie alle aufgezählt hat, ist die redezeit vorbei.
und immer gehts dabei um etwas sexuelles. da werden die asexuellen schon massiv marginalisiert!!11
ernsthaft: sich gemeint fühlen ist eine abstraktionsleistung, die menschen erbringen können, wenn sie denn wollen. wollen sie nicht, sondern wollen sie statt dessen lieber auf sich aufmerksam machen, dann beklagen sie “sprachliche ausschlüsse”.
und nun bin ich mal gespannt, wer sich hier so alles gemeint fühlt.
27.10.2011 um 15:38 Uhr Katja
Lena, von der feministischen Linguistik NICHT erfasst, sind Menschen, die sich nicht für eines der beiden Geschlechter Mann / Frau entscheiden können oder wollen. Sie sind nicht von der männerzentrierten Alltagssprache erfasst, weil diese ausschließlich Männern vorbehalten ist (und Männer akzeptieren in ihrer überwiegenden Mehrheit als Mann nur Männer, von denen sie annehmen, dass diese genetisch und in ihren primären Geschlechtsmerkmalen 100% männlich sind). Sie werden aber auch nicht von der feministischen Linguistik erfasst, weil diese solange sie nicht konsequent neutral formuliert, eben in erster Linie Frauen zu ihrem sprachlichen Recht verhelfen will.
Eine konsequente Nutzung der weiblichen Form ist zwar subversiv, aber natürlich ist es z.B. für einen intersexuellen Menschen unbefriedigend, nur mitgemeint zu sein in einem subversiven Akt, aber nicht eigenständig sichtbar.
Ich finde es übrigens persönlich sehr erstaunlich, dass Intersexualität hier in der Diskussion kaum eine Rolle spielt und Transsexualität vor allem mit “Männer, die Frauen sein wollen, und Frauen, die Männer sein wollen” übersetzt wird - statt zur Kenntnis zu nehmen, dass viele Transsexuelle eben nicht eindeutig eines der beiden Geschlechter sein wollen. Ich sehe da Parallelitäten zu bisexuellen Menschen, denen oft genug vorgehalten wird, sie wollten sich “bloß nicht entscheiden”. Als sei “sich entscheiden müssen” ein besonders erstrebenswertes Ziel emanzipativer Politik…
27.10.2011 um 13:28 Uhr Lena Vandrey
@ Luise:
Mit ihrem Satz:“Nein, Lesben sind keine Frauen”, in “Un jour mon prince viendra”, Questions Féministes, hat Monique Wittig sagen wollen, dass Frauen ihre Identität als solche den Männern verdanken, und Lesben eben nicht. Es fehlen wohl Anführungszeichen. Trotzdem war die Sache schockierend, und ein Bruch in der FB, der später zu einem Engagement in der Queer-Bewegung führte, in welcher es keine Frauen gibt, noch geben könnte. Wittig hat eines Tages das Wort FRAU gestrichen und mit MANN ersetzt. Traurig, aber wahr. Der Separatismus als Chance ging verloren, die Identität von Lesben geriet ins Schleudern, und es fand eine Art von Verteufelung des Begriffs “Frauen” statt. Keine aber ist verpflichtet, sich nach Monique Wittig zu richten. Die Theoretikerin, “La pensée straight”, war viel schwächer als die Dichterin. Theorie steht unter Einfluss, die Dichtung ist frei.
27.10.2011 um 12:10 Uhr Lena Vandrey
Rücksicht ist eine gute Sache, auBer für die lesbische Avant-Garde. Wo sind die Separatistinnen? Bin ich ihr letztes Überbleibsel? Es gibt vier Männer-Kategorien: [die Bezeichnungen für die 4 Kategorien wurden von der Redaktion als problematisch gelöscht. Die erste Kategorie waren Heteromänner, die letzte FTM-Menschen]. Wenn wir den letzten drei respektvoll begegnen müssen, so auch den ersten, dem Hauptfeind. Die Männer-Kategorien vertragen sich eher gut, die (nur) zwei Frauen-Kategorien, Heteras und Lesben, eher schlecht. Was ich gerne wüsste: Welche Frauen sind von der feministischen Linguistik NICHT erfasst? WER ist das? Wer es weiß, soll es bitte sagen…
Die Beschreibung von Erfahrungen und Fakten ist in meinen Augen kein Hass und keine Pöbelei. Es ist nur, laut zu sagen, was andere leise denken. Zu leise!
Ich kritisiere die ersten drei Männer-Kategorien, werde aber von Frauen - als Lesbe - kritisiert und von Lesben ebenfalls als solche. Wenn Männer Lesben kritisieren, verteidige ich sie, inbegriffen meine Angreiferinnen, und sage: Was haben sie dir getan, Mann? Mit dem absurden Resultat, dass sie gar keine kennen! Die Lesben als Gespenster, als unwirkliche Schatten einer verlorenen Bemühung? Trennen, um zu herrschen, hat wieder einmal geklappt.
27.10.2011 um 12:06 Uhr lfp
@Cassandra:
“Frau”, und das “-in” sind keinesfalls Begriffe die in der Sprache alle Frauen mitmeinen.
Das sehe ich als Linguistin anders. Als Suffix hat das -in keine andere Funktion, als Frauen zu kennzeichnen, und zwar als Abweichung vom Mann. Ob wir uns in dem Begriff “Frau” und in der Endung “-in” dann wiederfinden, ist eine andere Frage. Monique Wittig hat die ganze Debatte wohl angestoßen mit ihrem berühmten Ausspruch “Lesben sind keine Frauen”. Ich bin als Lesbe da ganz anderer Meinung. Über diesen und andere Aspekte unseres Themas (Stichwort Intersektionalität”) schreibe ich in meinem nächsten Blog - sofern meine Pute es erlaubt, die dauernd abstürzt. :-((
27.10.2011 um 11:54 Uhr FemBio-Redaktion
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